Gastronomie

«Wir können viel bewegen»

Peter Grunder – 26. Juli 2017
Das Gastgewerbe ist und bleibt eine tolle Karrierebranche. Tobias Burkhalter verkörpert das sozusagen.

Er hat praktisch alles gemacht, was möglich ist – und was das Gastgewerbe als Branche auszeichnet, in der Schweizer Berufsleute buchstäblich eine Weltkarriere machen können.

«Ich liebe es noch heute», sagt Tobias Burkhalter im Relais, der modernen Gaststube im ehrwürdigen Casino Bern, «die Menschen, die Lebensmittel.» Nach zwölf Jahren, in denen er hier gemeinsam mit seiner Frau Nilgün Bersel Burkhalter die gastgewerbliche Gesamtverantwortung getragen hat, beginnt eine neue Etappe: Das Paar übernimmt mit seiner Burkhalter Gastro Management AG das ähnlich renommierte Della Casa. Im Portfolio stehen zudem das Zunfthaus Schmiedstube in der Berner Altstadt, das lauschige Fähribeizli an der Aare in Muri bei Bern und einige Mandate.

«Ich liebe es noch heute: die Menschen, die Lebensmittel»
Die einstmalige Germanistikstudentin Nilgün Bersel, inzwischen HR-Fachfrau mit eidgenössischem Fachausweis, hatte Tobias Burkhalter in der Türkei kennengelernt. Er war da Mitglied der Geschäftsleitung von Hapimag in Bodrum und unter anderem zuständig für 18 Out- lets. «Mein Traum war es, einmal Direktor in einem 5-Stern-Hotel zu werden», erzählt Burkhalter lachend. Er stammt aus einer Familie von Baufachleuten und Architekten, drängte jedoch früh ins Gastgewerbe: Er schnupperte im Löwen Worb, er wollte und bekam die Lehrstelle als Koch bei Peter Wyss im Palace Gstaad: «Wenn ich dort eine Lehre mache», habe er sich gesagt, «kann ich in die weite Welt hinaus und einen Rucksack füllen.»

Es sei hart gewesen, und ihnen sei alles abverlangt worden: «Aber wir waren Peter Wyss nie egal und haben viel mitbekommen.» Nach dem Lehrabschluss lernte er im Sommer in der Seerose am Hallwilersee, was Arbeiten und Zusammenarbeiten auch noch heissen kann – und dann schaffte er es nach Auckland ins erste neuseeländische 5-Stern-Hotel: «Eine tolle Zeit.»
«Wenn ich dort eine Lehre mache, kann ich in die Welt hinaus»
Noch heute hätten Schweizer Berufsleute im Ausland gute Voraussetzungen, findet Burkhalter. Aber die Erwartungen dürften nicht hochgeschraubt sein, es brauche die Bereitschaft, sich durchzubeissen: «Das Geld darf nie im Vordergrund stehen, das kommt dann von selbst.» Die Stelle in Neuseeland war ihm eigentlich in die Quere gekommen, auf dem Programm gestanden hatte die Hotelfachschule. Doch auch nach Neuseeland musste die schulische Fortbildung warten. Tobias Burkhalter heuerte im kanadischen Quebec auf einem Kreuzfahrtschiff an: Demi-Chef, 70-Stunden-Woche, sechs Monate am Stück. «Eine Welt für sich» sei diese Zeit auf See gewesen: einerseits eine enorme Erfahrung und ein wertvoller Teil im beruflichen und persönlichen Rucksack, andererseits ein Zerrspiegel gastgewerblicher Höchstleistungen – wer lange auf See bleibt, setzt seine Existenz aufs Spiel. obias Burkhalter biss sich durch, klopfte vor der Unteroffiziersschule für eine Wintersaison im Palace Gstaad an – und wurde Privatkoch bei einer der zahlreichen wohlhabenden Familien im Kurort. Dann war die Zeit doch reif: Burkhalter absolvierte die Hotelfachschule Thun. Ein Praktikum führte ins Casino Bern, damals noch eine Herzenssache von Ueli Prager. Es folgte das Job­angebot als Bankettleiter und stellvertretender Geschäftsleiter; Burkhalter blieb vier Jahre und modifizierte sein Karriereziel: entweder ein Luxushotel oder das Casino Bern.
«Ohne meine Frau wäre es nicht gegangen»
Der Anruf kam in die Türkei, zwei Weichen wurden ­gestellt: vom designierten Hotelier zum engagierten Gastro-Unternehmer, und vom eingefleischten Junggesellen zum Lebens- und Geschäftspartner. «Ohne meine Frau wäre es nicht gegangen.» Die Selbstständigkeit, die viel Einsatz, Verantwortung und Erfolg brachte, war zuerst ebenfalls zwiespältig: «Alles wie erwartet, alles anders als erwartet.» Erfahrung, Wissen sowie die Zusammenarbeit mit seiner Frau und mit den Equipen waren und sind so unverzichtbar wie eine klare Linie. Businesspläne seien gut und recht, aber Fleisch an den Knochen komme in der Praxis: «Wir sind das, was wir vorleben.» Nicht zu vergessen: Tobias Burkhalter ist Präsident von GastroStadtBern und Umgebung, einer der grössten Sektionen im Land. Gesucht hat er das nicht, aber gepackt. Besondere Anliegen sind ihm die Ausbildung – «es braucht den Fähigkeitsausweis» – und Kooperation: «Ich bin nahe an den Mitgliedern, und in der Region können wir viel bewegen.»