Weintipp Louis Fonjallaz: Gelagerte Chasselas als Kapitalanlage

Reto E. Wild – 07. Juli 2021
Das GastroJournal war im Lavaux bei Louis Fonjallaz und hat Chasselas degustiert. Je älter diese sind, desto weltmeisterlicher präsentieren sie sich. Weshalb es sich für Unternehmer lohnt, gerade jetzt zuzuschlagen.

Das malerische Winzerdorf Epesses VD befindet sich im Herzen des Lavaux, hoch über dem Lac Léman. Hier baut die Familie Fonjallaz seit 15 Generationen Reben an, heute auf vier Hektar! «Unser Familienbetrieb füllt jährlich gut 30 000 Flaschen ab für 15 verschiedene Weine. Wir kaufen keine Trauben von anderen Winzern dazu», erklärt Winzer Louis Fonjallaz. Das Sortiment beinhaltet auch Syrah und Pinot Noir, die man in der Chasselas-Hochburg weniger vermuten würde.

Die Terroirs: Epesses, AOC Calamin, AOC Dézaley Grand Cru sowie Saillon im Unterwallis. Dort besitzt die Familie ebenfalls Rebflächen, mit Merlot, Gamay und Marsanne (Ermitage). Die drei spektakulären Steilhanglagen um Epesses sorgen für eine ausserordentliche Diversität, was zu eher mineralischen bis zu floralen Weissen führt, erläutert Fonjallaz. Oder anders ausgedrückt: Innerhalb nur weniger Meter zeigen sich die Weine aufgrund der abwechslungsreichen Böden sehr unterschiedlich, wobei Fonjallaz mit ehrlichen und Weinen mit purer Frucht überzeugt. Die Chasselas des Calamin, das kleinste Terroir im Chasselasgebiet, sind in der Deutschschweiz kaum bekannt, haben aber in der Romandie viele Anhänger. Der La Ronce AOC Calamin Grand Cru 2019 (16,25 Punkte) mit seinem mittelschweren Körper weist dank der Mineralität eine schöne Länge auf und passt zum Apéro, zu Sushi, Süsswasserfischen, vegetarischen Gerichten und selbstverständlich zu Raclette oder Fondue. Den ebenfalls mineralischen L’Emblème Epessses AOC Lavaux 2019 (16 Punkte) bezeichnet Fonjallaz als «vin amical», der seine Herkunft mit seiner typischen Lindenblütennase verrät. «In drei Jahren wird dieser Wein etwas müde und stellt sich dann von jung auf gereift um», informiert der diplomierte Önologe. Offener, fruchtig mit Aromen von reifen Aprikosen, Pfirsichen, Mandeln und dezent rauchig zeigt sich der Les Gradins AOC Dézaley Grand Cru 2019 (17 Punkte). Fonjallaz ist zufrieden mit seiner Arbeit: «Das ist, als ob sich ein Seigneur zu uns an den Tisch setzt», sagt er. Passende Speisenbegleiter zum Wein in diesem Alter: Fischterrine oder Geflügel.


10 Prozent jedes Jahrgangs dieses grossen Chasselas Les Gradins legt Louis Fonjallaz auf die Seite und bringt die Weine erst viele Jahre später in den Verkauf. So ist es möglich, grossartige Dézaleys mit älteren Jahrgängen zu kaufen – von 1995 bis 2010. Die verschiedenen «Grands millésimes» kosten bis zu 99 Franken (für das Spitzenjahr 2000). Die Gastronomen tun deshalb gut daran, die doppelte Menge Dézaley einzukaufen. Die eine Hälfte zum frischen Genuss, die andere zum schön gelagerten Weissen, der Weinliebhaber entzücken wird. Denn diese Art von Wein entfaltet das wahre Potential erst nach 20 Jahren oder später. Der 2001er etwa zeigt sich heute komplex, rund und ausgeglichen, obwohl er ursprünglich ein diskreter Jahrgang war. So kommt es zur sicheren Wertsteigerung im Keller – und zur garantierten Überraschung bei den Gästen.