Gastronomie

Was wechselt, ist die Uniform

Désirée Klarer – 04. Mai 2017
Von den kleinen Gastro-Unternehmen könnten die Grossen punkto Temporärangestellte noch viel lernen: Ein Betroffener erzählt.

Als Überbrückung zwischen zwei Stellen oder als abwechslungsreiche Dauerlösung – Temporärbüros sind bei den Angestellten im Gastgewerbe gefragt. Die meisten Temporärangestellten arbeiten denn auch für verschiedene Büros gleichzeitig, um die Chance zu erhöhen, Ende des Monats auf ein ausreichendes Gehalt zu kommen. Das erfordert zwar Flexibilität, bietet den Mitarbeitenden aber auch eine gewisse Freiheit. Der 1977 geborene Manuel Steidl ist einer, der genau diese Freiheit schätzt. Nach der Kochlehre im deutschen Freiburg und einer Anstellung als Küchenchef wechselte er 2011 von der Küche in den Service und schliesslich vom Saisonnier zum Temporärmitarbeiter. Kurz zuvor hatte er zwei Jahre lang für die Strozzi’s AG in Herrliberg am Zürichsee gearbeitet, die verschiedene Betriebe führt und ihm dadurch auch die entsprechende Abwechslung bieten konnte. «Diese Abwechslung wollte ich beibehalten, und so bin ich zum Temporärmitarbeiter geworden.» Anfangs sei es nicht immer leicht gewesen, genügend Einsätze zu finden, aber mittlerweile werde er oft bestellt – und arbeitet an manchen Tagen bis zu 16 Stunden lang. Die Arbeit sei zwar spannend, aber auch nicht immer leicht: «Was mich am meisten ärgert, ist die Tatsache, dass viele, die uns Temporärangestellte holen, das Gefühl haben, wir seien Pfeifen.» Klar sei es häufig so, dass sich unter den Temporär-­angestellten auch viele Ungelernte befinden, «trotzdem wäre es schön, wenn ich die ersten zwei Stunden einer Schicht nicht damit verbringen müsste, meine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen,anstatt mich auf die Arbeit zu konzentrieren, für die man mich geholt hat». Hinzu komme, dass meist ­keine klaren Instruktionen gegeben würden. Dabei gäbe es laut Steidl durchaus Mittel und Wege, um Temporärangestellte wirklich effizient einzusetzen. «Oft werden wir sehr kurzfristig für einen Einsatz bestellt. Ich weiss dann zwar wo und wann dieser stattfindet, erhalte aber in der Regel keinerlei Informationen zum Anlass. Das fehlt, würde aber enorm ­helfen. Warum nicht gemeinsam mit dem Einsatzplan auch ein Function-Sheet verschicken, auf dem alle wichtigen Infos vermerkt sind?» Ein weiteres Problem sieht er in der Organisation vor Ort. «Wenn im Hotel oder im Restaurant alles gut durch­organisiert ist, kann auch ein Temporärmitarbeiter einfach losgeschickt werden.» Doch seien Gläser, Besteck und Tischdecken immer wieder an einem anderen Ort, sei es schwierig, effizient zu arbeiten. «Man vertrödelt viel Zeit damit, herauszufinden, was sich wo befindet. Das ist schade, immerhin verlangen die Temporärbüros ja nicht gerade wenig für uns.» Er habe sich oft gefragt, warum es im Gastgewerbe diesbezüglich nicht mehr Kooperationen gebe. «Warum nicht gemeinsam eine Mitarbeiterkartei erstellen? So könnte man sich die Kosten für das Temporärbüro sparen, die Rekrutierung wäre bedeutend einfacher, und die Mitarbeitenden würden mit der Zeit jeden Betrieb kennen.» Steidl sieht darin ganz klar eine Win-win-Situation: «Die Arbeit macht bedeutend mehr Spass, wenn ich mich am Arbeitsplatz ernstgenommen und gut aufgehoben fühle.» Sei dies nicht der Fall, leide nicht nur das Handwerk, sondern oft auch die Freundlichkeit. «Bei einigen Arbeitskollegen habe ich schon den Eindruck, dass sie kommen, um den Feierabend abzuwarten.» Als gutes Vorbild nennt Steidl kleinere, familiär geführte Hotels und Restaurants. «In der Regel läuft es dort so ab: Ich komme an, und es gibt ein Briefing. Darin wird erklärt, wer für mich zuständig ist, welchen Wein wir heute Abend servieren und wo beispielsweise die Gläser sind.» Mit den richtigen Informationen könne er sich nach dem Briefing voll und ganz auf den Gast konzentrieren, «und dies ist sicher auch im Interesse des Arbeitgebers.» Steidl führt dies darauf zurück, dass kleinere Betriebe zum einen weniger finanzielle Mittel zur Verfügung hätten, zum anderen aber auch darauf, dass in kleineren Unternehmen die Bindung zum Betrieb grösser und die Fluktuation damit geringer sei. Häufig hätten diese zudem selbst einen Pool mit Teilzeitangestellten, die sie abrufen könnten. Und wenn nicht, überlegten sich diese Betriebe zwei Mal, ob sie wirklich einen Temporärmitarbeitenden brauchten. «Von den Kleinen», meint Steidl, «könnten die Grossen noch viel lernen.»