Mit künstlicher Intelligenz gegen Foodwaste

Oliver Borner – 24. Juni 2021
Das Schweizer Start-Up Kitro analysiert mittels künstlicher Intelligenz Abfälle in Gastronomieküchen. Damit will das Unternehmen dem Problem von Foodwaste in der Gastronomie entgegenwirken. Wie es funktioniert und was hinter der Idee steckt, erklärt Mitgründerin Anastasia Hofmann im Interview mit dem GastroJournal.

Anastasia Hofmann, was genau ist Kitro?
Anastasia Hofmann: Vereinfacht gesagt ist Kitro eine digitale Foodwastemanagement-Lösung. Wir messen mit künstlicher Intelligenz Foodwaste in Küchen von Hotels, Restaurants und Kantinen, um unsere Kunden bei der Reduktion zu unterstützen.

Wie funktioniert das System?
Das System setzt sich aus drei Komponenten zusammen. Die Hardware besteht aus einer intelligenten Müllwaage, die den Abfall im Eimer wiegt. Eine Kamera fotografiert anschliessend automatisch den Abfall, der in der Tonne landet. Anschliessend wertet unsere Software die Bilder und die daraus gewonnenen Daten aus. Diese Analyse wird dann auf einem Online-Dashboard dem Kunden zur Verfügung gestellt.

Anastasia Hofmann

Anastasia Hofmann ist Mitgründerin von Kitro. (Bild: Kitro)

Das klingt nach einem komplexen Vorgang. Worin liegt der Nutzen des Systems für die Gastronominnen und Gastronomen?
Nach der Messung sehen die Kundinnen und Kunden zum einen genau, was in der Küche zu viel produziert wurde und zum anderen, was die Gäste nicht aufgegessen haben. Das ermöglicht es ihnen, das Menü oder die Bestellungen anzupassen und zu optimieren. Das spart nicht zuletzt auch Arbeitszeit und Kosten.

Das dürfte die einen Betriebe mehr betreffen als andere. Für welche Betriebe ist Kitro geeignet?
Unser System richtet sich vor allem an Grossraumküchen wie sie in Kantinen, Restaurants oder Hotels zu finden sind. Entscheidend ist dabei die Grösse des Betriebs, was Aufschluss auf das Abfallvolumen gibt. Eine Erhebung von Daten über einen gewissen Zeitraum ergibt erst ab etwa 100 Sitzplätzen pro Tag Sinn. Bei weniger ist die Möglichkeit der Kosteneinsparnisse kleiner.

Wie lange muss das Gerät in der Küche stehen, um genügend Daten zu sammeln?
Nach unseren Erfahrungen aus den letzten vier Jahren empfehlen wir den Betrieben eine Mindestlaufzeit von zwölf Monaten. Davon ausgenommen sind natürlich Betriebe, welche nur saisonal Gäste bewirten.

Sie haben zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Naomi MacKenzie Kitro vor vier Jahren gegründet. Wie kamen Sie beide auf die Idee?
Naomi und ich hatten vor unserem Studium an der Hotelfachschule EHL Lausanne in der Gastronomie gearbeitet. Bereits da stellten wir fest, dass in der Gastronomie viele Lebensmittel weggeworfen werden mussten, da sie nicht wiederverwendet werden durften. Wir wollten dieser Entwicklung entgegenwirken und entwickelten daher mit Studenten der ETH Zürich den ersten Prototypen. 2017 gründeten wir schliesslich Kitro.

Sie setzen sich damit für die Bekämpfung eines Problems ein, welches nicht neu ist. Worin liegt die Schwierigkeit der Bekämpfung von Foodwaste in der Gastronomie?
Damit sind verschiedene Aspekte verbunden. Zum einen gehört die Vermeidung von Abfall nicht zur Kernkompetenz einer Gastronomin oder eines Gastronomen. Sie können schlicht nicht einfach den ganzen Tag neben dem Mülleimer stehen und aufzeichnen, wie viel Essen weggeworfen wird. Zum anderen sind auch die Erwartungen der Gäste oftmals ein Problem.

Inwiefern?
Gerade in der Luxushotellerie oder –gastronomie haben die Gäste höhere Ansprüche an die Gerichte. So wird bei einem Frühstücksbuffet beispielsweise eine grosse Vielfalt und Auswahl an Gerichten erwartet, welche meistens nicht vollständig verzehrt wird. Weiter ist Foodwaste in gewissen Bereichen immer noch ein Tabuthema. Dank der Medien und Kampagnen gegen Foodwaste hat sich in den letzten Jahren aber sehr viel getan.

tablet device menus

Die Daten werden digital ausgewertet. (Bild: Kitro)

Die Betriebe nehmen das Thema Foodwaste also zunehmend ernst. Zeigt sich dies auch bei Ihren Messungen?
Ja. Wir durften in den letzten vier Jahren in über 160 Küchen messen und die Daten auswerten. Viele Betriebe haben mittlerweile ein Interesse daran, sich als nachhaltige Betriebe zu präsentieren oder, gerade in der jetzigen Zeit, Kosten zu sparen.

Kitro wird damit immer bekannter und beliebter. Wo liegen die Ziele des Unternehmens für die Zukunft?
Ein Ziel werden wir dieses Jahr noch erreichen. Mit der Expansion nach Deutschland und Österreich wagen wir erstmals den Schritt ins Ausland. Langfristig wollen wir unser Produkt als Industriestandard in der Schweiz und im Ausland etablieren. Um das zu erreichen, haben wir vor kurzem eine neue Finanzierungsrunde gestartet, wofür wir noch Investoren suchen.