Gastronomie

Mit dieser Menükarte gewinnen Sie und Ihr Gast!

Benny Epstein – 06. September 2019
Gregg Rapp ist der Profi, wenn es um die Speisekarte geht. Wie soll sie gegliedert sein? Welches Gericht gehört wohin? Was soll beschrieben sein, was nicht? Sein Rat ist weltweit gefragt.

«Soll ich nächstes Jahr weitermachen», fragt Gregg Rapp das Publikum am Swiss Innovation Day, als er realisiert, dass er seine Redezeit schon überzogen hat. Der Applaus von den Rängen könnte auch einem Popstar nach einem stimmungsvollen Konzert gelten. Mehr als eine Stunde lang zieht Gregg Rapp die Zuhörer am Swiss Innovation Day in der Maag-Halle in Zürich in seinen Bann. Das Spezialgebiet des US-Amerikaners: die Speisekarte. Von der Sandwich-Kette Subway bis zum Hongkonger Luxushotel Peninsula – alle lassen sich von Rapp beraten, wenn es darum geht, die Speisekarten zu durchleuten und zu verbessern. Seit bald 40 Jahren beschäftigt sich Rapp mit dem Aufbau von Menükarten. «Ich studierte Zeitungen und Magazine, um zu erkennen, wie man Leute zum Lesen bringt. Ich ging in Kaufhäuser und analysierte die Parfümabteilungen, denn sie wissen am besten, wie man Produkte verkaufsbringend verpackt», erzählt er. «Ich ging in Supermärkte und filterte heraus, welche Produkte auf welcher Höhe platziert sind. Die Spielsachen auf Augenhöhe der Kinder. Die Ladenhüter ganz hinten, die nicht viel Profit versprechen.» Rapp merkt bald: Mit Kenntnissen über die Zahlen des eigenen Betriebs und etwas Psychologie kann der Profit eines Restaurants deutlich gesteigert werden. Mit Karteikarten im Restaurant
«Wenn ich in Restaurants gehe, nehme ich Karteikarten mit und notiere darauf die Speisen und ihre Preise», verrät Rapp. Dann zieht er die Food- und Produktionskosten ab und vergleicht die Gerichte nach ihren Margen. So erkennt Rapp auch, welche ähnlichen Gerichte mit unterschiedlich hohen Margen sich konkurrenzieren. Er sieht, welche Speisen man aktiver verkaufen müsste. «Welches sind die beliebtesten Gerichte? Wie schaffen wir es, unsere profitabelsten Gerichte zu den beliebtesten bei den Gästen zu machen?» In einem von Rapp beratenen Restaurant sei der Crab Cake das Gericht mit der höchsten Marge gewesen. Rapp liess dessen Rezept auf die Rückseite des Zahlungsbelegs drucken. So erinnerten sich die Gäste fortan an den Crab Cake, hielten ihn für die Hausspezialität und bestellten ihn beim nächsten Besuch. Wichtig sei auch, dass die Mitarbeiter wissen, welche Gerichte die profitabelsten sind. Da diese meist nicht die teuersten auf der Speisekarte sind, kommt der Verkauf der günstigeren Speisen beim Gast gut an. Er glaubt, der Service meine es nett mit ihm. Der Gast wähnt sich als Gewinner, der Betrieb ebenso. Gregg Rapp unterscheidet zwischen vier verschiedenen Charakteren auf dem Menü: Sterne, Pferde, Puzzles und Hunde.

  • Sterne: hohe Marge, hohe Popularität – sie gehören prominent auf die Karte, sie sind beliebt und profitabel zugleich. Die Sterne sind nicht preisempfindlich, wie die Pizza Margherita beim Italiener oder die Paella beim Spanier. Hier kann man mit dem Preis in die Höhe, denn diese Speisen werden auch noch bestellt, wenn sie etwas mehr kosten.
  • Pferde: tiefe Marge, hohe Popularität – im Vergleich zu den Sterne-Gerichten verliert der Betrieb bei diesen Speisen Geld. Aber sie sind bei den Gästen sehr beliebt. Hierbei gilt es zu versuchen, die Produktekosten zu verringern. Ein günstigeres Stück Fleisch ins Sandwich zu geben, ohne dass die Qualität sinkt, oder die Portionengrösse anzupassen.
  • Puzzles: hohe Marge, tiefe Popularität – der Betrieb liebt diese Gerichte, der Gast aber leider nicht. Der Verkauf dieser Speisen gestaltet sich schwierig. Schmeckt es dem Gast nicht? Ist das Gericht unattraktiv beschrieben? Muss der Verkaufspreis runter? Stehen sie auf der Karte an der falschen Stelle?
  • Hunde: tiefe Marge, tiefe Beliebtheit – sie müssen weg von der Speisekarte.
Welches Gericht gehört an welche Position auf der Karte? Was löst ein Preis von 19.90 Franken im Kopf des Gastes aus? Wie interpretiert er dagegen 19 Franken? Wie 20 Franken? Je nach Art des Restaurants sei eine andere Psychologie die Richtige. So viel kostet Rapps Beratung
Um die Wertigkeit von Produkten und Gerichten zu betonen, lasse sich auch mit der Beschreibung spielen. Wer ist der Produzent, was macht ihn besonders? Was ist die Geschichte des Gerichts? Das Zauberwort heisst Storytelling. Märchenstunde, um den Gast irrezuführen? Nein, gerade heute will der Gast Information. Überzeugt ihn die Story, versteht er den höheren Preis eher. Zwei Zeilen Text unterhalb des Gerichts könnten reichen. Oder wie wäre es in mittelfristiger Zukunft mit einem Video auf dem Bestell-Tablett? Eine Beratung durch Rapp kostet laut seiner Website menuengineers.com 5000 bis 25'000 Franken, je nach Grösse des Gastronomieunternehmens. Dabei verspricht der Speisekarten-Profi nicht nur Erfolg, sondern auch eine Geld- zurück-Garantie. «Werden meine Empfehlungen eingehalten, aber nicht mindestens 1000 Franken pro Monat mehr erzielt als zuvor, bezahle ich das Geld zurück», so Rapp. In all seinen Jahren habe noch kein von ihm beratenes Unternehmen das Geld zurückverlangt.