Gastronomie

Madeira: Geniessen wie Napoleon

Reto E. Wild – 26. April 2019
George Washington, Napoleon, William Shakespeare und Winston Churchill haben eine Gemeinsamkeit: Sie waren alle Liebhaber von Madeiraweinen.

Die ersten Siedler pflanzten auf der portugiesischen Insel im Atlantik bereits um 1450  die ersten Reben an. Bald einmal wurden die Weine exportiert, auch an die Königshöfe von Russland bis England. Selbst die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten wurde mit Madeira begossen.Heute wachsen die Reben für den weltbekannten Wein terrassiert auf Höhen zwischen 200 und 700 Meter über dem Atlantik. Rund 2000 Winzer bewirtschaften 445 Hektaren, wobei die Traubensorte Tinta Negra gegen 70 Prozent der Weinanbaufläche einnimmt. Madeiras gibt es in vier verschiedenen Arten: trocken (Traubensorte Sercial, als Begleiter zu Oliven, gerösteten Mandeln, geräuchertem Lachs, Muscheln, Sushi oder Ziegenkäse), halbtrocken (Verdelho, getrocknete Früchte, Serranoschinken, Wildterrine, Pilze oder Pasteten), halbsüss (Boal, tropische Früchte, Kuchen, Weichkäse, Milchschokolade oder Pralinen) und süss (Malvasia,  dunkle Schokolade, Pralinen, Petit Fours oder Blauschimmelkäse). Frasqueira oder Garrafeira heissen Produktionen, die mindestens 20 Jahre durchgehend im Holzfass reifen, Colheita heisst es, wenn die Weine mindestens fünf Jahre im Fass reifen, bei Canteiro ist das nach mindestens zwei Jahren der Fall.Madeiras überraschen gleich mehrfach: So ist es relativ einfach, alte Jahrgänge zu moderaten Preisen zu finden. Die Säure der Weine sorgt dafür, dass sie auch noch 250 Jahre nach Produktion trinkbar sind. Es ist also möglich, dieselben Flaschen zu geniessen, die schon Napoleon mochte.  Oder aber man kauft für einen besonderen Stammgast eine Flasche seines Geburtsjahrs. Bei einer Fachdegustation besonders überzeugt haben:

• Blandy’s Madeira, Colheita Malmsey 1999: Der in der amerikanischen Eiche ausgebaute Wein zeigt sich sehr komplex, mit einer Nase von getrockneten Früchten, Caramel, Honig und Schokolade, und besteht aus 130 Gramm Zucker und 8 Gramm Säure.  
18/20 Punkte, Preis ⚫⚫⚫⚫⚫

• Blandy’s Madeira, 5 Years Reserve: Ein schöner Madeira zum Einsteigen, ebenfalls 130 Gramm Zucker, Kaffee- und Gewürznoten. 
17/20 Punkte, Preis ⚫⚫⚫

 Barbeito Madeira, 10 Years Old Reserve Malvasia:  Duft von Sahnebonbons, Vanille, im Abgang leichter Anflug von Hustensaft. 
17/20 Punkte, Preis ⚫⚫⚫⚫⚫  __________________________________________________________________________________________ Preisskala:
⚫ bis 10 Franken
⚫⚫ 11 bis 20 Franken
⚫⚫⚫ 21 bis 30 Franken
⚫⚫⚫⚫ 31 bis 40 Franken
⚫⚫⚫⚫⚫ 41 bis 60 Franken
⚫⚫⚫⚫⚫⚫ 61 Franken und mehr Punkteskala: 
20–19 perfekt 
18–17 Spitzenwein 
16–15 überdurchschnittlich 
14–13 mit Abstrichen 
12–0 unterdurchschnittlich, Fehler ★ Reto E. Wild ist Chefredaktor des GastroJournals, Weinliebhaber und Ehrenmitglied des Sommelierverbands Deutschschweiz SVS.