Lieferengpässe in der Gastronomie: «Es fehlt an Verständnis bei den Abnehmern»

Oliver Borner – 16. Dezember 2021
Durch die Coronapandemie haben sich die Lieferzeiten bei Nahrungsmitteln für das Gastgewerbe massiv verlängert. Das führt vermehrt zu Unverständnis und Ungeduld, wie Roger Häcki, Geschäftsführer der Handelsfirma Ethno and Company AG, im Interview mit dem GastroJournal sagt.

Roger Häcki, wie sieht es momentan bei den Lieferzeiten auf dem weltweiten Handelsmarkt aus?
Roger Häcki: Die Situation hat sich seit dem Beginn der Coronapandemie wenig verändert. Der Handel läuft zwar wieder ausgiebiger als noch im ersten Lockdown, allerdings sind die Wartezeiten für gewisse Produkte aus Übersee, vor allem aus Asien, noch immer sehr lange.

Woran liegt das?
Das liegt in der jetzigen Situation vor allem an der Pandemie. Sowohl in Asien als auch bei uns gab es immer wieder Lockdowns, welche die Planbarkeit und die Kontinuität der Lieferungen nach Europa beeinflussten und verzögerten.

Sie haben sich mit ihrer Firma auf den Import von Nahrungsmitteln spezialisiert. Warum kommt es gerade in diesem Bereich zu grösseren Wartezeiten?
Wir importieren Lebensmittelspezialitäten, die ungekühlt haltbar sind. Ein Import per Luftfracht rechnet sich in der Regel nicht. Der einzige Weg, Lebensmittel zu vernünftigen Preisen zu beschaffen, ist der Import mit dem Schiff. Shut–Downs in den Häfen Asiens sowie ein Mangel an Containern haben dazu geführt, dass die Sendungen nicht rechtzeitig verschifft werden. Zudem haben auch Abstandsregeln die Prozesse in Fabriken aber auch in den Zielhäfen wie Rotterdam die ganze Lieferketten verlangsamt. Dies überträgt sich automatisch bis zum Schluss, wo wir dann ebenfalls betroffen sind. 

Mit wieviel mehr Lieferzeit muss der Endabnehmer rechnen?
Das ist pauschal schwierig zu beantworten. Aber es ist in der jetzigen Lage gut möglich, dass eine Lieferung bei Bestellung statt zehn nun fünfzehn bis achtzehn Wochen Zeit in Anspruch nimmt.

 

Hacki

Roger Häcki ist Geschäftsführer der Ethno & Company AG in Winterthur ZH. (Bild: zVg)

Wie fallen die Reaktionen in der Schweiz auf die längeren Wartezeiten aus?
Je länger die Pandemie dauert, desto weniger Verständnis zeigen die Gastrobetriebe in der Schweiz. Zu einem gewissen Grad kann ich diesen Ärger verstehen, schliesslich wollen die Köche in der Schweiz ihren Gästen gute und originelle Menüs bieten. Allerdings lässt sich das Problem nicht einfach so aus der Welt schaffen.

Warum nicht?
Die Planungssicherheit hat unter der Pandemie stark gelitten. Zudem haben die Lockdowns in den verschiedenen Ländern den Transportunternehmen zugesetzt. Nach einem Lockdown müssen die Unternehmen zuerst wieder die Lager aufbauen, bevor sie überhaupt wieder Waren ausliefern können. Da die Nachfrage in der Gastronomie vom einen auf den anderen Tag wieder ansteigen kann, sind die Reaktionszeiten sehr kurz. Zu kurz für uns mit einer Vorlaufzeit von 15 bis 18 Wochen, um auch alle Waren pünktlich liefern zu können.

Eine schwierige Situation. Was würden Sie sich von den Abnehmern wünschen?
Mehr Verständnis, Toleranz und Flexibilität. Wir alle geben in der aktuell schwierigen Situation unser Bestes, um möglichst unbeschadet durch die Krise zu kommen.

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft in Bezug auf die Lieferengpässe aus?
Die Pandemie wird das Tempo und den Alltag in der Branche weiterhin diktieren. Es braucht Kontinuität, damit sich die Lage normalisiert. Solange dies nicht der Fall ist, werden die Probleme mit den Lieferverzögerungen bleiben. Ich hoffe, dass im Frühjahr oder Sommer langsam wieder eine Normalität einkehren wird.