«Kleine Veränderungen können Grosses bewirken»

Oliver Borner – 24. November 2022
Die steigenden Strompreise machen vielen Gastronomen Sorgen. GastroSuisse bietet mit einem Massnahmenkatalog Lösungen zum Energiesparen an. Einer, der diese Massnahmen bereits seit Jahren umsetzt, ist Mauro Lustenberger. Seine Erfahrung zeigt: Bereits kleine Energieanpassungen im Betrieb können viel Geld einsparen.

«So schnell bringt mich nach der Coronapandemie nichts mehr aus der Fassung!», lacht Mauro Lustenberger über die Frage, ob es nach überstandener Coronazeit nicht belastend sei, dass mit den steigenden Energiepreisen bereits die nächste Krise in der Gastronomie ansteht. Der Wirt vom Restaurant Gotthard in Goldau SZ hat allen Grund zur Lockerheit: Seit mehreren Jahren achtet er penibel auf den Energieverbrauch seines Betriebs und kann dank einer umfassenden Optimierung jedes Jahr einen grossen Batzen Geld einsparen.

LED und Erdgas sorgen für mehr Geld im Portemonnaie

Mit dem Energiesparen begann Lustenberger bereits 2009. «Ich hatte damals sehr hohe Stromrechnungen von bis zu 2600 Franken im Monat. Das war sehr viel Geld, und ich suchte einen Weg, um diese Kosten zu reduzieren», erinnert er sich. Um dieses Ziel zu erreichen, setzte er bei einem der grössten Stromfresser seines Betriebs an: der Beleuchtung. «Bevor ich mich intensiver mit dem Stromverbrauch in meinem Restaurant auseinandersetzte, wurden die Gaststuben und die Toiletten von mehr als hundert 40-Watt-Glühbirnen beleuchtet.» Heute sind diese alten Birnen nur noch ein Zeugnis vergangener Zeiten. In allen Innenräumen des Restaurants sorgen nun 3,5-Watt-LED-Leuchten für ein helles Interieur. In der Küche wurden die Neonröhren durch LED-Röhren ersetzt. Das ist nicht nur effizienter, sondern spart auch sehr viel Geld.

«Die Birnen sind in der Anschaffung günstiger und verbrauchen weniger Strom. Ich kann im Monat im Schnitt bis zu 100 Franken einsparen», rechnet Lustenberger vor. Zudem sei die Lebensdauer der LED-Leuchten im Vergleich zu den alten Birnen um ein Vielfaches länger. Dazu tragen auch digitale Dimmer bei, die Lustenberger bei der Umstellung der Beleuchtung miteinbauen liess. Dadurch kann, je nach Dimmzustand, nochmals eine beachtliche Menge an Strom eingespart werden. Wird beispielsweise die Leuchtkraft um 20 Prozent reduziert, spart der Betrieb 20 Prozent Energiekosten. Daneben half Lustenberger bei seinem Stromsparunterfangen ein kleiner Zufall: 2009 wurde direkt vor seinem Haus eine Erdgasleitung gezogen, welche ihm energetische Anpassungen in der Küche ermöglichten. «Ich ersetzte die beiden alten Kombisteamer, welche mit Strom betrieben wurden, durch Gassteamer», sagt Lustenberger. Zusätzlich installierte er eine Wärmerückgewinnungsanlage (WRG), welche die überschüssige Wärme des Gasbrenners und der Lüftung auffängt und damit das Wasser im Betrieb erwärmt. «Im Winter ist das Wasser bereits 22 Grad, im Sommer sogar 36 Grad warm, wenn es aus der WRG herausfliesst. So verringert sich der Energieaufwand für die Aufbereitung des Warmwassers über das ganze Jahr gesehen drastisch», so Lustenberger. Die Zahlen geben ihm Recht: Dank diesen Massnahmen sank der Stromverbrauch auf 127 bis 132 Kilowattstunden pro Quadratmeter Fläche, und die Stromkosten minimierten sich auf 1800 Franken pro Monat.

Spitzenzeiten vermeiden

Seinen Verbrauch hat der Vizepräsident von GastroSchwyz stets im Blick. «Ich habe vor Jahren in der Küche einen Stromzähler installiert, welcher mir genau anzeigt, wie viel Strom im Betrieb genutzt wird.» Schlägt die Nadel auf der Anzeige zu stark aus, muss irgendwo im Haus ein Gerät ausgeschaltet werden, damit nicht zu viel Strom verbraucht wird. «Wenn wir zu viel Strom verbrauchen, kommen wir automatisch in eine Spitzennutzung hinein, welche dann rückwirkend mehr Kosten verursacht», so Lustenberger. Aus diesem Grund wird im Restaurant Gotthard die Wäsche auch nur am Morgen früh oder in der Zimmerstunde gewaschen, weil dann der Stromverbrauch in den übrigen Bereichen des Betriebs sehr tief ist. Das gilt ebenso für den Betrieb der Schockfroster im Keller.
Daneben achtet Lustenberger darauf, den Standby-Modus bei sämtlichen Geräten zu vermeiden. «Praktisch jedes Gerät im Haus ist mit einer Steckerleiste verbunden, welche per Knopfdruck ausgeschaltet werden kann.» Wie viel Strom und welche Kosten dadurch tatsächlich eingespart werden können, kann Lustenberger nicht genau sagen, weil die Ersparnisse unter anderem vom Alter der jeweiligen Geräte abhängen. Schät­zungen von EnergieSchweiz zeigen jedoch, dass das jährliche Standby-Sparpotenzial in der Schweiz rund 160 Millionen Franken beträgt. Abschalten lohnt sich also in jedem Fall.

Diese Devise verfolgt Lustenberger auch aus einem anderen Grund: «Es gibt Geräte, welche ich nie abschalten kann, zum Beispiel den Gefrierschrank oder den Kühlschrank. Selbst wenn der Betrieb im Sommer und im Winter zwei Wochen ge­schlossen ist, müssen die Kühlaggregate weiterlaufen, damit die Lebensmittel nicht verderben.» So entstünden trotz der Schliessung pro Monat rund 800 bis 900 Franken Stromkosten. «Dann überlegt man sich zweimal, ob man andere Geräte im Standby-Modus belässt oder sie einfach ganz ausschaltet», so Lustenberger.

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Mauro Lustenberger rät anderen Gastronominnen und Gastronomen, beim Energiesparen Schritt für Schritt vorzugehen. (Bild: Daniel Winkler)

Ein Musterschüler des Energiesparens

Mit diesen Massnahmen ist Lustenberger mit Blick auf die heutige Energiesituation so etwas wie ein Musterschüler. So musste er beim Energiespar-Massnahmenkatalog, den GastroSuisse in diesem Sommer herausgab, nur noch wenig umsetzen. «Die meisten Massnahmen habe ich in den letzten 13 Jahren selbständig bereits umgesetzt.» Dennoch sieht er einen Nutzen in der Aktion des Branchenverbandes. «Es ist sicher richtig und wichtig, dass GastroSuisse auf die Massnahmen aufmerksam macht und die Wirtinnen und Wirte für die Energiethematik sensibilisiert. Gerade auch, weil damit in jedem Betrieb viel Geld eingespart werden kann.»

Die Sensibilisierung auf die Massnahmen ist allerdings nicht einfach, insbesondere beim Personal. «Wir mussten zu Beginn unsere Angestellten schon sehr darauf sensibilisieren», gibt Lustenberger zu. Dies habe sich aber relativ schnell eingependelt. «Wenn man als Arbeitgeber Kosten einsparen will und dafür seine Mitarbeitenden einspannen muss, dann ist man dafür verantwortlich, dass die Massnahmen umgesetzt werden», so Lustenberger. Dementsprechend sei es mittlerweile auch kein Problem mehr, die Lernenden auf das Thema zu sensibilisieren. «In der Regel haben sie dies innerhalb des ersten Monats bei uns verinnerlicht und setzen die Massnahmen selbständig um», bilanziert der Chef.

Die Gäste werden mehr bezahlen müssen

Trotz allen Energiesparbemühungen und dem Einbezug des Personals blickt Lustenberger mit ein paar Sorgenfalten ins kommende Jahr. «Wir erwarten für 2023 einen Preisanstieg beim Strom von 60 bis 63 Prozent», sagt er. Das entspricht im Fall des Restaurants Gotthard Mehrkosten von etwa 1000 bis 1200 Franken pro Monat. Dies wird für die Gäste Konsequenzen haben. «Wir werden bei den Getränken und beim Essen kleine Beträge aufschlagen», so Lustenberger. Bei den Getränken werden es voraussichtlich 10 bis 20 Rappen, beim Essen bis zu 50 Rappen Energieaufpreis sein. Dadurch sollen pro Tag im Schnitt etwa 50 Franken mehr eingenommen werden, um die Mehrkosten zu decken. Angst davor, dass die Gäste dann dem Restaurant fernbleiben, hat der Chef indes nicht. «Die Energieproblematik ist seit mehreren Monaten Thema in den Medien. Ich denke, dass die Gäste deshalb Verständnis für den Aufschlag haben werden.» Ergänzend dazu werden die Betriebszeiten der Küche um eine halbe bis eine ganze Stunde reduziert, um zusätzlich Energie zu sparen und so die Kosten zu reduzieren. Auch bei den Öffnungszeiten könnte es noch Anpassungen geben.

Trotz steigenden Preisen und unsicherer Lage glaubt Lustenberger nicht so sehr an eine Energieknappheit. Dies hängt mitunter mit seinen Massnahmen zusammen, die er in den letzten Jahren getroffen hat. «Vor zehn Jahren habe ich in der Tiefgarage zwei mit Diesel betriebene Stromgeneratoren installieren lassen, mit welchen ich den gesamten Betrieb aufrechterhalten kann.» Früher hätte ihn die jetzige Situation wohl sehr nervös und nachdenklich gemacht. Aber nach zwei Jahren Pandemie habe er mittlerweile eine sehr dicke Haut.

Kleine Schritte führen zum Erfolg

Ähnlich wie Lustenberger geht es vielen Gastronominnen und Gastronomen aus dem Kanton Schwyz. «Die grosse Furcht vor den steigenden Kosten oder Existenzängste sind (noch) nicht da», sagt er. Vielmehr hätten die Wirtinnen und Wirte Mühe damit, ihren Gästen die steigenden Energiepreise weiterzugeben, obwohl viele Gäste dafür Verständnis zeigten. «Niemand erhöht gerne die Preise, wenn es nicht absolut notwendig ist.»

So bietet der Vizepräsident des kantonalen Gastroverbands Hilfe an, wenn jemand mit seinem Energiehaushalt Probleme hat oder selbst Strom sparen will. «Ich habe in den letzten 13 Jahren viele Anpassungen in meinem Betrieb gemacht, welche auch in allen anderen Betrieben funktionieren.» Er rät seinen Kolleginnen und Kollegen stets, mit kleinen Massnahmen zu beginnen und sich Schritt für Schritt an die grossen Umstellungen heranzutasten. «Die Beleuchtung ist meiner Ansicht nach die einfachste Anpassung. Jeder kann seine alten Glühbirnen durch LED-Leuchten ersetzen und so viele Watt an Strom einsparen», sagt Lustenberger. Dasselbe gelte für das Ausschalten von Standby-Geräten oder das Anpassen der Waschzeiten. Dafür zeigt er seinen Berufskolleginnen und -kollegen auch gerne mal vor Ort, welche Massnahmen sie wo umsetzen und am effektivsten Strom sparen können. «Es lohnt sich, den Massnahmenkatalog von GastroSuisse zu studieren und zu evaluieren, welche Massnahmen im Betrieb rasch umgesetzt werden können», so Lustenberger.

In seinem eigenen Betrieb sieht er das Stromsparpotenzial grösstenteils als ausgeschöpft. «Die einzige Massnahme, die ich noch umsetzen könnte, ist, die Tiefkühlzelle im Keller zu ersetzen. Diese ist bereits über 15 Jahre alt, und durch ihren Ersatz könnten durchaus nochmals ein paar Kosten eingespart werden. Da sie allerdings sehr gut isoliert sei und das Ersetzen hohe Kosten mit sich bringen würde, sei eine solche Massnahme momentan kein Thema. So habe ihm auch ein Experte von einem Ersatz abgeraten. Vielmehr wird in den nächsten Wochen die letzte Lücke bei der Beleuchtung geschlossen. «Die Beleuchtung auf der Terrasse und im Wintergarten besteht momentan noch aus alten 40-Watt-Glühbirnen. Bis Dezember werden diese ebenfalls durch LED-Leuchten ersetzt, wodurch ich nochmals bis zu 100 Franken pro Monat einsparen werde.»


GastroSuisse hat für Betriebe einen Energiesparkatalog mit über 90 Massnahmen zusammengestellt. Mehr Infos unter gastrosuisse.ch/de/branchenwissen/nachhaltigkeit/