Gastronomie

Kaffee: Genuss, Geschäft, Leidenschaft

Cristina Bürgi – 04. September 2018
Zum vierten Mal führte der Verband Cafetier Suisse eine Kaffeetagung durch. Der Anlass bot spannende Einblicke in die Welt des Kaffees und zeigte ungeahnte Qualitätsfaktoren auf.

Spielt es eine Rolle, in welcher Tasse der Gastgeber einen Espresso serviert? Ja. Denn die Grösse der Tasse hat einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität des Getränks und die Wahrnehmung des Gastes. Das zeigte die vierte Kaffeetagung von Cafetier Suisse auf, die am 31. August im Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) in Rüschlikon stattfand. Im Zentrum stand die Frage, welche Faktoren einen Einfluss auf Qualität und Genuss von Kaffee haben. Zu den Referenten gehörte unter anderen Philipp Henauer, der die Rösterei Henauer in Höri führt. In seinem Vortrag betonte er, dass ein Espresso für ein abgerundetes Trink­erlebnis die richtige Tasse braucht. So sei der typisch italienische Espresso kurz, intensiv und werde in einer kleinen Tasse serviert. In der Schweiz seien hingegen oft grössere Tassen im Umlauf, etwa mit einem Füllvolumen von 100 Millilitern. Die Folge davon ist, dass die Tassen mit Espresso «vollgebrüht» werden, damit es für den Gast nach mehr Inhalt aussieht. «Die Kaffeequalität leidet darunter, egal, ob ein Siebträger oder ein Vollautomat verwendet wird», warnt Henauer. Ideal seien Tassen mit einem Füllvolumen von 65 Millilitern. Zudem bedinge ein guter Espresso ein genaues Brührezept, so wie dies auch beim Kochen üblich sei. Die Menge Kaffeepulver, extrahiertes Getränk und die Extraktionszeit seien hierbei wichtige Merkmale, mit denen sich ein Gastgeber auseinandersetzen müsse. «Mein Lösungsvorschlag ist, die eigene Kaffeeidentität und die Bedürfnisse der Kunden zu kennen und dementsprechend mit der Kaffeezubereitung zu experimentieren», erklärt Henauer. Die Tassen sollten dann zum eigenen Brührezept passend ausgewählt werden. «Das Resultat ist ein Espresso, der geschmacklich sowie optisch grossartig ist.» Mit diesem Thema hat sich auch André Eiermann intensiv auseinandergesetzt: Der Marketing-Direktor von UCC Coffee hat sich in Japan während fünf Monaten auf die Barista-Weltmeisterschaften vorbereitet und berichtete bei der Kaffee­tagung von seinen Erfahrungen. Er kam unter anderem zum Schluss, dass eine tiefe Brühtemperatur ein negatives Ergebnis in der Tasse bewirkt. «Erst ab einer Brühtemperatur von 94 Grad schmeckte der Kaffee ausbalanciert und harmonisch, und ab 98 Grad war er süsser und hatte mehr Körper, schmeckte aber auch trockener», erzählte Eiermann den Anwesenden. Er habe zudem gelernt, dass Kaffeebohnen, die vor dem Mahlen bei minus 20 Grad gekühlt wurden, für ein geschmeidig sanftes und cremiges Mundgefühl sorgen. Dass es über das schwarze Gold noch viel zu lernen gibt, zeigten auch die weiteren Vorträge der Kaffeetagung. «Cafetier Suisse»-Geschäftsführer Julian Graf brachte es in seinem Grusswort auf den Punkt: «Kaffee ist Genuss, Geschäft und Leidenschaft in einem.» www.cafetier.ch