Gastronomie

Hart an der Grenze: Gegenvorschlag zur FPI

Peter Grunder – 30. August 2018
Jahrelang wehrte sich unter anderem das Schweizer Gastgewerbe gegen Importeure, die Schweiz-Zuschläge erheben, die Hochpreisinsel zementieren und den ohnenhin harten internationalen Wettbewerb zulasten des Schweizer Gewerbes verzerren. Weil sich die Politik nicht bewegte, musste schliesslich zum Mittel der Volksinitiative gegriffen werden: die Fair-Preis-Initiative. Nun hat der Bundesrat letzte Woche seinen Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative vorgestellt. Er ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber nicht mehr.

Jahrelang hatte Bundesbern das Anliegen für faire Preise ausländischer Produkte in der Schweiz einfach auf die lange Bank geschoben. Obwohl seit langem klar ist, dass Importeure reihenweise missbräuchliche Schweiz-Zuschläge verlangen, waren weder die Landesregierung noch das Parlament bereit, dem einen Riegel zu schieben und die Hochpreisinsel abzusenken: Weder halfen Aufrufe von Verbänden wie GastroSuisse oder Organisationen wie der Stiftung für Konsumentenschutz, noch konnten Vorstösse wie eine parlamentarische Initiative von Ständerat Hans Altherr etwas ausrichten. Altherr ist längst nicht mehr Ständerat für Appenzell Ausserrhoden, und es brauchte schliesslich den Druck einer breit abgestützten Volksinitiative, um Bundesbern in die Gänge zu bringen: Letzte Woche hat der Bundesrat die Vernehmlassung zum indirekten Gegenvorschlag zur Eidgenössischen Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» eröffnet. «Die Fair-Preis-Initiative will die gesetzlichen Grundlagen schaffen, um die häufig praktizierte internationale Preisdiskriminierung von Nachfragern aus der Schweiz zu bekämpfen», hält der Bundesrat einleitend fest: «Verlangt werden Massnahmen gegen unverhältnismässig hohe Preise und die Kaufkraftabschöpfung durch grenzüberschreitend tätige in- und ausländische Unternehmen.» Nun erachtet der Bundesrat das Kernanliegen der Initiative zwar «als berechtigt und anerkennt das in der Bevölkerung breit abgestützte Anliegen». Aber die Initiative geht dem Bundesrat «zu weit». Casimir Platzer, als Präsident von GastroSuisse ein tragendes Mitglied im Initiativkomitee, ist denn mit dem Vorschlag des Bundesrates auch nicht wirklich zufrieden: «Die Initianten bedauern, dass der Bundesrat auf ein umfassendes Behinderungsverbot verzichtet», kritisiert Platzer unter anderem: «Unternehmen und Konsumenten sollen schliesslich bestmöglich vor missbräuchlichen Schweiz-Zuschlägen geschützt werden.» Die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision des Kartellgesetzes ist im Allgemeinen nicht konsequent, weil sie im Gegensatz zur Initiative den Missbrauch nicht genügend umreisst und die Wettbewerbskommission unnötigerweise im Spiel lässt. Im Speziellen stossend ist zum einen das Fehlen der Reimport-Klausel. Damit kommt die Initiative der Schweizer Wirtschaft entgegen, nicht aber der Bundesrat mit seinem indirekten Gegenvorschlag. Zum anderen hat der Bundesrat auf das wichtige Verbot des sogenannten «Geoblockings» verzichtet: Wer Einkäufe übers Internet plant, wird also von ausländischen Anbietern künftig auf schweizerische Internetseiten gezwungen. Zwar ist es ein Schritt in die richtige Richtung für GastroSuisse und die anderen Initianten, dass der Bundesrat grundsätzlichen Handlungsbedarf anerkennt und eine Mise en Place gemacht hat. Aber zurücklehnen geht noch nicht: «Wir hoffen, dass diese Mängel in der Vernehmlassung und in der anschliessenden parlamentarischen Beratung noch behoben werden können», sagt Casimir Platzer. Motion Bischof ist nicht gleich Fair-Preis-Initiative Der Bundesrat will mit seinem indirekten Gegenvorschlag zur «Fair-Preis- Initiative» gleich noch die Motion Bischof «Verbot von Knebel- verträgen der Online-Buchungsplattformen gegen die Hotellerie» regeln. Diese sachfremde Verknüpfung lehnen die beiden Verbände GastroSuisse und Hotelleriesuisse dezidiert ab: Die «Fair- Preis-Initiative» kämpft gegen missbräuchliche «Schweiz-Zuschläge» auf importierte Produkte. Die Motion Bischof hingegen will mit dem Verbot der Paritätsklauseln die Freiheit der Schweizer Beherberger wiederherstellen, ihre Preise zu bestimmen. Heutzutage sind Schweizer Beherberger nämlich im Gegensatz zu ihren ausländischen Kollegen in dieser Preissetzung nicht frei – Vorgaben der mächtigen Vertriebs- und Buchungsplattformen (OTA) verbieten dies schlicht. Das verhindert den Wettbewerb im Online-Buchungsbereich massiv, und in der politischen Diskus­sion, die der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof in seiner Motion aufgegriffen hat, geht es nun darum, den Wettbewerb wieder spielen zu lassen. Seit 2015 haben Frankreich, Italien, Österreich, Deutschland und jüngst auch Belgien die Paritätsklauseln verboten. Insofern ist klar, dass der Bundesrat mit einer griffigen und zielgerichteten Umsetzung der Motion Bischof nachziehen sollte – und dies nicht mit der Hochpreisinsel verknüpft. Hotellerie­suisse und GastroSuisse fordern den Bundesrat denn auch auf, die Motion Bischof gemäss parlamentarischem Auftrag rasch umzusetzen. Unverschämtes von der Hochpreisinsel Schweiz Die Unverschämtheit ist amtlich: Laut Eurostat, dem statistischen Amt der EU, kostet Fleisch in der Schweiz im Schnitt genau 2,43 Mal mehr als in der EU. Wer also in einem Nachbarland umgerechnet 100 Franken für Fleisch bezahlt, muss in der Schweiz sage und schreibe 243 Franken hinblättern. Die Ungleichgewichte werden noch krasser, wenn nicht Durchschnittspreise herangezogen werden. Was im Durchschnitt der EU umgerechnet 100 Franken kostet und in der Schweiz 242 Franken, schlägt in Albanien mit schlappen 55 Franken zu Buche. Insofern ist es einerseits höchste Zeit, dass der Bund etwas gegen die Hochpreisinsel Schweiz tut. Andererseits kann es nicht verwundern, dass der Fleischschmuggel in die Schweiz brummt: Zwischen 2015 und 2017 hat sich das Volumen der am Zoll beschlagnahmten Fleischwaren fast verdreifacht.