Gastronomie

Gute Werbung für die Branche

Cristina Bürgi – 01. November 2017
Derzeit läuft die sechste Staffel von «Mini Beiz, dini Beiz» im Fernsehen. Ein Erfolgsmodell, das in Schwierigkeiten steckt.

Unterhaltsam, heimelig und inspirierend: So könnte man die Sendung «Mini Beiz, dini Beiz» beschreiben, die seit gut drei Jahren im Schweizer Fernsehen läuft. Das Format ist beim Publikum besonders beliebt, bei jeder Folge schauen rund 200 000 Zuschauer zu. Diese erkennen darin Betriebe und Personen aus ihrer Region oder holen sich Inspiration für das nächste auswärtige Essen.

asdfasfdasfd «Wir hauen keinen in die Pfanne»
Karen Ballmer Doch trotz des sehr guten Marktanteils von 30 Prozent steckt das Format vor einer grossen Herausforderung: Es gibt zu wenig Restaurants, die bei der Sendung mitmachen möchten. «Wir haben grosse Mühe, genügend Betriebe zu finden», erklärt Karen Ballmer, SRF-Produzentin im Bereich Unterhaltung: «Nur knapp zehn Prozent der Restaurants, die in der Sendung porträtiert werden, melden sich von selbst an. Alle anderen mussten wir anfragen.» Dies sei ein langwieriger Prozess, denn rund drei Viertel der angefragten Restaurants sagen ab – meist aus Angst, nicht zu gewinnen oder schlecht dargestellt zu werden. «Dabei wollen wir ganz sicher niemanden in die Pfanne hauen», betont Ballmer. Die Sendung sei vielmehr eine gute Gelegenheit, den eigenen Betrieb einem grösseren Publikum auf unterhaltsame Weise vorzustellen. Eine positive Wirkung auf ihr Geschäft würden in der Regel nämlich auch jene Betriebe spüren, die in der Sendung nicht gewonnen hätten. Ein Beispiel dafür ist das Restaurant Weiherhof in Basel: Der von Ina und Ruedi Spillman geführte Betrieb ging in der Sendung zwar nicht als Sieger hervor, wurde aber von den Stammgästen hoch gelobt. Insbesondere das Essen, Vitello Tonnato als Vorspeise und Kalbs-Cordon bleu als Hauptgang, kam sehr gut an. «Das war wirklich gute Werbung für uns», erzählt Ina Spillmann: «Unser Restaurant ist seither extrem voll, und wir haben schon Anfragen für Weihnachts­essen erhalten, an denen wir das Menü aus ‹Mini Beiz, dini Beiz› servieren sollen.» Auch die Dreharbeiten seien für das Wirtepaar sehr angenehm gewesen, da das Drehteam professionell und sympathisch aufgetreten sei. «Natürlich ist man am Anfang nervös, aber das legt sich im Verlaufe des Abends», erzählt Ina Spillmann. Ob die Dreharbeiten, die immerhin von circa 13 Uhr bis Mitternacht dauern, neben dem regulären Geschäft eine He­rausforderung waren? «Nein, das war wie ein normaler Arbeitstag», winkt Spillmann ab: «Wir haben uns gut organisiert und hatten genügend Aushilfen im Haus.» Der Aufwand für die mitwirkenden Restaurants soll sich generell in Grenzen halten – so das Ziel des Schweizer Fernsehens, das deswegen einen Ablauf mit genauen Zeitangaben erstellt hat. Demnach berechnet sich der Aufwand für Gastronomen etwa wie folgt: Erstes Telefongespräch: 10 bis 15 Minuten: Nach der erfolgreichen Kontaktaufnahme zwischen Restaurant und Casting-Redaktion findet ein Telefonat zum gegenseitigen Kennenlernen statt. In diesem Gespräch wird der Ablauf der Dreharbeiten erklärt. Telefoninterview: 30 bis 60 Minuten. In diesem längeren Gespräch stellt das Fernsehen Fragen zur Geschichte, Ausrichtung der Küche und den örtlichen Gegebenheiten der Beiz. GJ44 Rest Spillmann
 
«Unsere Beiz ist seither extrem voll»
Ina Spillmann
  • Casting-Termin: 60 bis 90 Minuten. Danach kommt es zu einem persönlichen Kennenlernen im Restaurant mit Beizvertreter(n) und Stammgast. Hier wird die Beiz vorgestellt und ein Interview geführt, das mit einer kleinen Kamera aufgezeichnet wird. Anhand dieses Videomaterials entscheidet die Redaktion des SRF, welche fünf Beizen in einer Runde dabei sind.
  • Drehtag: ca. 13 bis 24 Uhr. Ein kleines Kamerateam mit vier Personen filmt eine kurze Begrüssung des Beizenvertreters und Stammgastes sowie ein ausgiebiges Interview. Anschliessend präsentieren Vertreter und Gast das Restaurant. Am Nachmittag folgt eine Gemeinschaftsaktion, der Stammgast hilft beispielsweise bei der Mise en Place mit. Nach einer Pause erscheinen die vier Gäste, deren Bewirtung gefilmt wird. Während des Filmens wird nicht in den Küchenablauf eingegriffen und auch das Versorgen der anderen Gäste ist stets gewährleistet.
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«Ich würde die Teilnahme empfehlen»
Cornelia Kartal
Anhand dieses Ablaufs möchte das Schweizer Fernsehen zeigen, dass sich der Aufwand für teilnehmende Gastronomen in Grenzen hält. «Vieles kann bereits am Telefon geklärt werden, der Beizenvertreter muss sich lediglich den Drehtag freihalten», erklärt Karen Ballmer: «Zudem entstehen für ihn keine Kosten.» Eine Umfrage von GastroJournal zeigte denn auch, dass die befragten Gastronomen an den Konditionen der Sendung sowie den Dreharbeiten nichts auszusetzen hatten. «Ich würde die Teilnahme weiterempfehlen», sagt beispielsweise Cornelia Kartal vom Restaurant Lamm in Rüschegg. Das Lokal im bernischen Schwarzenburgerland hat Anfang September bei «Mini Beiz, dini Beiz» teilgenommen und wurde von den Gästen zur Siegerbeiz erkoren. Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – bekamen die Gastgeber nach der Ausstrahlung unterschiedliche Reaktionen zu spüren: «Wo Menschen am Werk sind, gibt es eben auch Neid und Missgunst», erzählt Kartal. Andere kritische Stimmen bemängeln, dass die Sendung inzwischen ihren Zenit erreicht habe. Die Zuschauerzahlen sprechen jedoch eine andere Sprache – und für Restaurants bietet «Mini Beiz, dini Beiz» nach wie vor die Chance, kostenlos Werbung zu machen und neue Gäste­gruppen anzusprechen. www.srf.ch/minibeizdinibeiz