Gastronomie

Genfer Regierung greift durch

Caroline Goldschmid und Peter Grunder – 16. Oktober 2018
Im Kanton Genf gibt es über 2000 Gastrobetriebe. Ein paar hundert darunter halten grundlegende Regeln nicht ein. Ihnen droht die Schliessung. Nachfolgend politische Hintergründe und Positionen aus Sicht des Gastgewerbes.

Anfang Oktober 2018 geht ein Rauschen durch den Schweizer Blätterwald: Mauro Poggia, Mitglied der Genfer Kantonsregierung, kündigt an, dass rund 280 Gastrobetrieben in Stadt und Kanton die Schliessung drohe. Seit 2016 seien die neuen gesetzlichen Regelungen fürs Gast­gewerbe in Kraft, erklärt Poggia, und seither hätten genau 2368 Betriebe um Bewilligungen ersucht und sie erhalten. Bei rund 280 Lokalen jedoch fehle der Nachweis. Deshalb drohe ihnen nun die Schliessung, stellt Poggia klar, denn es sei «inakzeptabel», wenn der Grundsatz der Gerechtigkeit nicht gewährleistet sei. Laurent Terlinchamp, langjähriger Präsident der Genfer Gastronomie, bedauert zwar die Situation, trägt aber das Vorgehen der Genfer ­Behörden mit: «Die betroffenen Betriebe wurden von den Behörden informiert und gemahnt, und als Verband werden wir nicht jemanden verteidigen, den man nicht verteidigen kann.» Es gelte zu unterschieden zwischen «jenen, die sich an die Regeln halten, und solchen, die sie nicht befolgen», betont Terlinchamp: «Wir wollen eine Gleichbehandlung.» Natürlich sei jeder Fall individuell, doch manche Betriebe hätten die Dinge wohl einfach schleifen lassen und wüssten um die Konsequenzen, erläutert Terlinchamp. Die betroffenen Betriebe hätten jedenfalls beim Verband oder bei einschlägigen Spezialisten ohne weiteres Unterstützung einholen können, um die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen, weiss der Gastropräsident. Das Durchgreifen der Genfer Behörden ist mithin ein Lichtblick im politischen Dunkel. Die Kantone, in der Schweiz grundsätzlich fürs Gastgewerbe zuständig, liessen die Dinge nach dem Wegfallen von ­Patentzwang und Bedürfnisnachweis nämlich ihrerseits schleifen. Mittlerweile kann in der Schweiz praktisch jeder einen gastgewerblichen Betrieb eröffnen – kein Wunder, dass teilweise desolate Zustände herrschen, die ein schlechtes Licht auf die ganze Branche werfen. Aber auch die Behörden stehen nicht nur gut da: So mahnte der ­Gemeindepräsident von Interlaken (GJ49/29016), man könne die Regeln nicht mehr durchsetzen, und die Anständigen seien die Dummen. Der Kanton Bern jedoch duckte sich.