Gastronomie

Karin Keller-Sutter und Alois Gmür in den Bundesrat

Peter Grunder – 16. Oktober 2018
Bundesbern hat die einmalige Chance, den Bundesrat gastlicher zu machen. Dies nicht nur dank der Wirtstochter und st. gallischen Ständerätin Karin Keller-Sutter, der ohnehin beste Chancen eingeräumt werden. Da ist noch ein weiterer geeigneter Kandidat aus der Zentralschweiz mit gastgewerblichem Hintergrund: der bestandene Unternehmer und Nationalrat Alois Gmür aus Einsiedeln.

Menschen mit gastgewerblichem Hintergrund seien für die Politik «besonders geeignet», sagte Hans Wicki, Ständerat für den Kanton Nidwalden und Spross einer gastgewerblichen Familie, letzthin in GastroJournal (GJ35). Gastroprofis könnten «mit Menschen umgehen, und sie sind es sich aus ihren Betrieben gewohnt, der Küche oder der Reception Vertrauen zu geben, zu delegieren und sich nicht um jedes Detail zu kümmern», führte Wicki aus. Das seien «wichtige Fähigkeiten in der Politik, auch dort kann man nicht alles selber kontrollieren und braucht eine Balance zwischen Detailwissen und Gesamtüberblick». Johann Niklaus Schneider-Ammann, Maschinenbauunternehmer aus dem bernischen Langenthal, hatte da seinen Rücktritt als Bundesrat zwar noch nicht bekanntgegeben. Aber sein Abtreten war ebenso absehbar wie dasjenige von Bundesrätin Doris Leuthard, Juristin und Tochter einer legendären Wirtin im Restaurant Wildenmann im aargauischen Sarmenstorf.

Karin Keller-Sutter: «Das habe ich wohl gelernt, weil ich in einem Restaurant aufgewachsen bin.»
Mit den beiden Rücktrittsankündigungen begann das übliche bundesrätliche Wahltheater: Als Licht­gestalt auftreten liessen die Massenmedien im 1. Akt: Karin Keller-Sutter, langjährige Ständerätin für den Kanton St. Gallen und Wirtstochter aus Wil. Keller-­Sutter nahm die Gelegenheit wahr und servierte in einem der vielen Interviews, die sie zu geben hatte, auch jene gastgewerblichen Qualitäten, die Ständeratskollege Hans Wicki in GastroJournal gelobt hatte: Sie könne «auf andere zugehen und mit allen Leuten irgendwie reden», sagte Keller-Sutter: «Das habe ich wohl gelernt, weil ich in einem Restaurant aufgewachsen bin.» Inzwischen spielt der 2. Akt. Hochgehandelte Kandidaturen werden reihum heruntergehandelt: Der Walliserin Viola Amherd, Nationalrätin fürs Wallis, Juristin in Brig und mögliche Nachfolgerin Leuthards, wird aus den eigenen Stammlanden Dreck am Stecken nachgesagt. Desgleichen Martin Schmid, Ständerat für Graubünden, ebenfalls Jurist und im Rennen mit Keller-Sutter um die Nachfolge Schneider-­Ammanns. Unbestritten bleibt derweil die gelernte Dolmetscherin Keller-Sutter. Sie tritt schon zum zweiten Mal für die Wahl in den Bundesrat an und dürfte keine sichtbaren oder versteckten Flecken auf der weissen Kochweste haben. Die Nachfolge von Doris Leuthard ist mithin aus eidgenössischer und aus gastgewerblicher Sicht bestens angerichtet. Dabei ist gastgewerbliche Erfahrung nicht nur durchs Metier politisch attraktiv, sondern auch historisch (GJ41/2015): Mit Ulrich Ochsenbein stand ein Wirtesohn aus dem bernischen Nidau 1848 an der Wiege des Bundesstaates und im ersten Bundesrat. Und seither haben über 70 gastgewerbliche Parlamentsmitglieder die Bundespolitik geprägt: von Joseph Maria Bünter, Wirt im Ochsen zu Wolfenschiessen und 1848 Mitglied des ersten eidgenössischen Ständerates, bis zu Alois Gmür, Nationalrat für den Kanton Schwyz, Brauer und Gastgeber im Restaurant Rosengarten in Einsiedeln (vgl GJ38).
Alois Gmür: "Der Erfolg der Schweiz beruht darauf, im Sinne des ganzen Landes bewusst alle Kräfte einzubinden."
Apropos Alois Gmür: Er wird zwar nicht als möglicher Bundesrat gehandelt und hat auch keine entsprechenden Ambitionen geäussert. Aber der Mann wäre nicht nur deshalb ein guter Bundesrat, weil er gastgewerblichen Hintergrund hat – er kann also mit den Menschen umgehen und das Wesentliche im Auge behalten, ohne die Details zu vernachlässigen. Vor allem ist Gmür aber im Gegensatz zu allen anderen Bundesratskandidaten ein bestandener Unternehmer – wie Schneider-Ammann, doch kein etwas abgehobener Grossindustrieller, sondern ein bodenständiger KMUler. Die Schweiz kann es sich eigentlich nicht leisten, in ihrer Landesregierung keinen einzigen Unternehmer mehr zu haben. Zudem ist da noch etwas anderes, das für Alois Gmür als Bundesrat spricht: Er hat fünf Kinder und enorme Lebenserfahrung.