Gastronomie

GastroSuisse weibelt im Parlament und hilft Mitgliedern mit neuer Offensive

Reto E. Wild – 10. März 2021
Bald entscheidet sich, was die Politik mit der Branche vorhat. GastroSuisse gibt mit einer neuen Aktion und Forderungen den Takt vor.

Die Meinungen der Mitglieder von GastroSuisse waren auch schon homogener. Die Forderungen nach Protestaktionen werden immer lauter. Der zermürbende Branchenlockdown strapaziert die Geduld der Gastronomen. Verbandspräsident Casimir Platzer, der unermüdlich hinter den Kulissen wirkt, sagt im Interview, das morgen im Print des GastroJournals zu lesen ist: «Letztlich könnte GastroSuisse mit einer solch vermeintlichen Machtdemonstration keine frühere Öffnung der Restaurants erzwingen.» Die politischen Prozesse hätten sich in der Schweiz komplett verändert.

«Aktion richtet sich an Bevölkerung»

Dennoch lässt der grösste gastgewerbliche Schweizer Arbeitgeberverband nichts unversucht, um den Bundesrat in der Bekämpfung der Pandemie doch noch zu einem Strategiewechsel zu bewegen und dabei das Berufsverbot für die Wirte endlich aufzuheben. Parallel dazu plant GastroSuisse eine Aktion, die in den nächsten Tagen vom Stapel laufen und die Mitglieder erreichen wird. In diesen Stunden wird der Feinschliff ausgearbeitet. Marketingleiter Michael Siebenmann verrät: «Die Aktion richtet sich an die Bevölkerung. Wir wollen diese gemeinsam mit unseren Mitgliedern für die Branche sensibilisieren, ihr die soziale Bedeutung der Gastronomie für die Gesellschaft nochmals vor Augen führen.»

Der Slogan der Offensive: «Nehmen Sie Platz». Gemeint ist selbstverständlich in der Gastronomie. Ziel dieser Aktion ist es, dass möglichst viele Menschen digital am grössten Tisch der Schweiz Platz nehmen und ein Zeichen zum Erhalt von Kulinarik und Tradition setzen. «Idealerweise hängt danach in jedem Restaurant zumindest im Menükasten vor dem Betrieb ein Aufruf mit dieser Botschaft, dem Logo des Lokals und einem QR-Code», erklärt Siebenmann. «Wichtig ist, dass wir unseren Gästen die Möglichkeit geben, sich mit unserem Wunsch nach einer Wiederöffnung zu solidarisieren.» Via soziale Medien und auf der jeweiligen Website der Restaurants soll die Reichweite und damit die Wirkung erhöht werden. GastroSuisse hofft, dass die Kunden dank einem Einlenken der Politik rasch vom virtuellen zum realen Tisch wechseln können. Siebenmann betont: «Die Branche hat gut funktionierende Schutzkonzepte. Es gibt noch immer keine Evidenz dafür, dass in Restaurants ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht.» Ob das der Bundesrat endlich auch realisiert, wird sich bald zeigen. GastroSuisse hat dem Nationalrat dazu vergangenes Wochenende mit einem Forderungskatalog zur Härtefall-Regelung übergeben. Der Branchenverband verlangt unter anderem A-Fonds-perdu-Beiträge für behördlich geschlossene Unternehmen, einen Mindeststandard an Leistungen, um die Unterschiede zwischen den Kantonen zu reduzieren, kein Gründungsdatum als Härtefall-Kriterium, keine Gewinnabschöpfung bei grösseren Unternehmen sowie die Senkung der Umsatzverlustschwelle auf 25 Prozent.

Gut 40 Prozent warten auf Antwort

Die Forderungen sind bitter nötig, wie eine Mitgliederbefragung von mehr als 3500 Betrieben in der Zeit vom 26. Februar bis zum 2. März zeigt: Bis Ende Februar haben gut 70 Prozent der befragten Betriebe ein Härtefallgesuch eingereicht. Fast 20 Prozent werden noch ein Gesuch einreichen müssen. Nur: 43,6 Prozent der Betriebe warten von den zuständigen Kantonen auf eine Bearbeitung des Härtefallgesuchs. Offenbar müssen die Unternehmer sich dazu mindestens drei Wochen gedulden. Gerade mal ein Viertel der Betriebe hat innerhalb der ersten zehn Tage eine Rückmeldung erhalten. 18,4 Prozent haben ihren Betrieb auch deshalb definitiv geschlossen. Das dürfte leider erst der Anfang einer Konkurswelle sein. Jeder dritte Restaurationsbetrieb, der kein Gesuch eingereicht haben, wurde erst nach dem 1. März 2020 gegründet.