Patrick Honauer, am 29. März startete ihr neustes Projekt Gastrofutura. Wie gross ist die Freude darüber?
Ich bin sehr gespannt auf den Start. Unser Team hat viel in die Planung investiert und auf diesen Start hingearbeitet. Nun freuen wir uns, dass es endlich losgehen kann.
Was genau ist Gastrofutura?
Gastrofutura ist eine Plattform, bei der sich eine Community of Practice formieren soll. Das heisst, Gastronominnen und Gastronomen sollen von anderen Gastronomen und Betrieben lernen und einander auf der ökologischen, ökonomischen und sozialen Ebene beeinflussen. Mit dem Migros-Pionierfonds haben wir nun einen Partner gefunden, der uns beim Aufbau der Plattform sowie der Umsetzung eines Piloten im Raum Zürich unterstützt.
Wie soll das funktionieren?
Wir setzen auf ein sogenanntes Peer-to-Peer-Modell. Gastronominnen und Gastronomen sollen die Möglichkeit haben, Einblicke in andere Betriebe zu erhalten, um zu sehen, wie andere Wirtinnen und Wirte mit Problemen aus der Branche umgehen. So sollen gemeinsam Lösungen gefunden und die Branche weiterentwickelt werden.
Welches konkrete Ziel verfolgt die Plattform?
Ganz grundsätzlich wollen wir die Gastronomie fit für die Zukunft machen und auf allen Ebenen nachhaltiger gestalten.
Machen Sie das an einem Beispiel fest!
Ich nehme das Beispiel der ökologisch nachhaltigen Gastronomie. Ein Drittel der Umweltbelastung in der Schweiz wird durch unser Ernährungssystem verursacht. Die Gastronomie kann daher ein grosser Hebel sein, um dies zu ändern. Es ist leider noch immer so, dass viele Betriebe eine grosse Bandbreite von Gerichten auf der Speisekarte haben, obwohl dies aus ökonomischer und ökologischer Sicht nicht sinnvoll ist. Wir versuchen, mit unserem Projekt die Suffizienzfrage zu stellen. Das heisst: Braucht es das oder würde auch eine kleinere Karte mit einem kompakteren Angebot genügen? Ganz nach dem Motto: Weniger ist genug!
Haben Sie keine Angst davor, die Gäste damit vor den Kopf zu stossen?
Nein. Klar wird es sicher einerseits Gäste geben, die einer Transformation eines Betriebs, gerade auf der ökologischen Ebene, skeptisch gegenüberstehen werden. Interessant ist dabei, dass gerade diese Gäste, die sich demgegenüber skeptisch zeigen, im Privaten auf eine nachhaltige, regionale und gesunde Ernährung achten. Sobald sie aber auswärts essen gehen, zählt nur noch das Erlebnis. Andererseits gibt es bereits heute viele Gäste, die sich bewusster, ökologischer ernähren wollen und erwarten von der Gastronomie ein entsprechendes Angebot. Da dieses Bewusstsein immer mehr wächst, muss es langfristig einen Wertewandel in der Gastronomie geben.
Was können die Betriebe unternehmen, um den Gästen diese Skepsis zu nehmen?
Den Betrieben rate ich, ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen nicht an die grosse Glocke zu hängen. Die Gäste sind dankbar, wenn der Wirt oder die Wirtin ihnen Alternativen zu bestehenden Gerichten bietet. Es ist nicht notwendig, Gerichte zu hypen, nur weil es beispielsweise vegan oder vegetarisch ist. Es geht darum, Geschichten zu erzählen. Die Kommunikation mit dem Gast ist daher sehr wichtig. Wir bieten den Betrieben dafür beispielsweise eine Toolbox für die Gästekommunikation an.
Welche weiteren Werkzeuge bieten Sie den Betrieben, die bei Gastrofutura mitmachen?
Neben den Erfahrungsgruppen, wo sich die Gastronominnen und Gastronomen untereinander austauschen können, vermitteln wird auch externe Beratung durch Experten auf verschiedenen Gebieten. Daneben bieten wir den Betrieben mit unserer Website eine Aufmerksamkeitsplattform, womit sie sich von anderen Betrieben abheben können.
Wie wollen Sie Betriebe für Ihr Projekt gewinnen?
Entweder gehen wir direkt auf die Betriebe zu, oder sie kommen von sich aus zu uns. Jeder Betrieb, der sich dazu entscheidet, bei uns mitzumachen, profitiert dabei von einer Analyse des Betriebs auf ökologischer, ökonomischer und sozialer Ebene. Damit erhält der Betrieb eine umfassende Standortbestimmung und sieht dann, wo er sich verbessern kann.
Und die Plattform ist für alle Betriebe offen?
Absolut. Jede noch so kleine Veränderung kann in jedem Betrieb - egal ob Landgasthof oder Sternerestaurant - Grosses bewirken.
Wozu verpflichten sich Betriebe, wenn Sie bei der Plattform mitmachen?
Wir erwarten das Commitment der Betriebe zu unserem Ziel einer nachhaltigen Gastronomie. Als Gegenleistung werden wir, neben den vielen Werkzeugen und Angeboten, die Entwicklungen der Betriebe als individuelle Journeys auf unserer Website veröffentlichen. Die Betriebe können so sich und ihre Leistung nach aussen präsentieren.
Wie sieht der Zeithorizont für die Plattform aus?
Wir befinden uns in einem Pilotjahr. Nach dem Soft-Launch am 29. März werden wir am 8. Mai die zweite «Open Kitchen» mit Fokus auf den sozialen Aspekt veranstalten. Wir durften den Event vor zwei Wochen im Restaurant Rank im Niederdorf in Zürich das erste Mal durchführen und erhielten sehr gutes Feedback. Mit Blick auf den Sommer und Herbst werden wir die Plattform in Zürich als Pilot vorantreiben und schauen, wie es bei den Betrieben ankommt. Kommt es an, wollen wir schweizweit fünf Hubs aufziehen, um das Angebot auf die gesamte Schweiz auszuweiten.
Und wenn das Interesse nicht da ist?
Dann ist es eben so! Wir wollen nichts erzwingen und die Gastronominnen und Gastronomen nicht belehren. Das erste Feedback aus Zürich stimmt uns aber zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.