Dynamic Pricing: Ein Modell für die Gastronomie?

Oliver Borner – 10. August 2023
Das System mit dynamischen Preisen ist hierzulande in der Gastronomie noch kaum vorhanden. Eine neue Bachelorarbeit zeigt auf, wie sich das ändern kann und inwiefern Dynamic Pricing bei den Gästen eine Chance hat.

Schneesportlerinnen und -sportlern sind sie bestens bekannt: dynamische Preise. Nach verschiedenen Parametern, zum Beispiel Buchungszeitpunkt, Wetter, Kalendertag oder auch Auslastung berechnet ein Algorithmus die Preise für ein Skiticket täglich neu. So kostet beispielsweise eine Tageskarte im Skigebiet Gstaad, je nach Stand der Parameter, zwischen 49 und maximal 79 Franken. Vor der Einführung des sogenannten Dynamic Pricing kostete eine Tageskarte fix 65 Franken. Auch Unternehmen wie die Swiss oder die SBB wenden solche Modelle bereits an.

Novum für die Gastronomie

Ganz anderes sieht es in der Gastronomie aus. Im Schweizer Gastgewerbe findet Dynamic Pricing noch wenig Anwendung. Aus diesem Anlass heraus nahm sich der Wirtschaftspsychologie-Student Nicolas Fahrni dieser Thematik an und schrieb in Zusammenarbeit mit GastroSuisse im vergangenen Semester seine Bachelorarbeit. Dabei stellte er sich folgende Frage: Welchen Einfluss hat eine wochentags abhängige Dynamic-Pricing-Strategie auf die Wahrnehmung der Kundschaft in der Individualgastronomie? Da sich bislang noch keine Arbeit mit dieser Fragestellung auseinandergesetzt hat, ist diese Frage auch für GastroSuisse interessant. Schliesslich beobachtet der Verband stetig die Preispolitik in der Branche und versucht, diese zu optimieren. Dynamic Pricing stellt eine Möglichkeit für diese Optimierung dar.

Zur Beantwortung der Forschungsfrage führte Fahrni über mehrere Monate eine eigene Datenerhebung mittels eines randomisierten Experiments durch. Mit einer Software wurde das fiktive Restaurant Blue geschaffen, in denen die insgesamt 900 Testpersonen in fünf Experimentalgruppen eingeteilt wurden. Jede Gruppe erlebte dabei über den Versuch hinweg die identischen vier Szenarien von Restaurantbesuchen. Manchmal wurde ein Wochentag, manchmal ein Tag am Wochenende simuliert. Je nach Gruppenzuteilung erhielten die Testpersonen jedoch eine Speisekarte mit statischen oder dynamischen Preisen, welche an den Wochenenden höher und den Wochentagen tiefer ausfielen. Zusätzlich wurde bei einer Gruppe die Wahrnehmung von Bundle angeboten in Verbindung mit dynamischen Preisen untersucht. So wurde in dieser Gruppe ein Menüsalat zusätzlich ins Angebot eingebunden, was es für die Teilnehmenden schwieriger machte, einen Preisvergleich der Angebote zwischen den Szenarien anzustellen. 

Um mögliche Lösungsansätze für die Akzeptanz von Dynamic Pricing zu liefern, testete Fahrni mittels der zwei restlichen Gruppen, inwiefern die Kommunikation zum Dynamic Pricing seitens des Restaurants die Akzeptanz bei den Gästen beeinflusst. In einer Gruppe wurde kommuniziert, dass das Restaurant Dynamic Pricing verwendet, in der zweiten Gruppe wurde zusätzlich erklärt, was Dynamic Pricing genau bedeutet.

 

Nicolas Fahrni v2

Nicolas Fahrni setzte sich mit dem Einfluss von Dynamic Pricing auf die Wahrnehmung der Gäste in der Gastronomie auseinander. (Bild: zVg)

Wahrnehmung des Pricings ist entscheidend

Nach der Auswertung der Daten stellt Fahrni fest, dass Dynamic Pricing in der Individualgastronomie einen eher negativen Einfluss auf die Wahrnehmung der Kundschaft hat. Dies mache sich besonders in der kognitiven Preisfairnesswahrnehmung und der Wiederkaufabsicht der Kundschaft bemerkbar. Die Wahrnehmung sei jedoch auch abhängig von der Art des Dynamic Pricings und dem Grad an Vertrautheit, welcher die Kundschaft bereits mit diesem Pricing hat. Insgesamt handle es sich zwar nicht um einen enormen Unterschied in der Wahrnehmung, der Effekt sei aber durchaus bemerkbar.

Die möglichen Lösungsansätze, welche Fahrni in der Kommunikation des Dynamic Pricing sucht, stellen sich als nicht geeignet heraus. Die Auswertung zeigt, dass keine bessere Wahrnehmung des Pricings durch eine transparente Kommunikation erreicht werden kann. Obwohl die Theorie diese Massnahme oft empfiehlt, konnte Fahrni durch die empirische Erhebung anhand unterschiedlicher Indikatoren keine relevante Wirksamkeit feststellen. Dennoch betont er, dass schon aus ethischen Gründen nicht auf Transparenz verzichtet werden sollte.

Wie Nicolas Fahrni die Resultate seiner Arbeit interpretiert und welche Schlüsse GastroSuisse für die Zukunft von Dynamic Pricing in der Branche zieht, lesen Sie in einer der nächsten GastroJournal-Ausgaben.