Gastronomie
Hotellerie

Die königliche Küche Thailands

Benny Epstein – 10. Oktober 2019
Scharf, frisch, exotisch: Schweizer lieben Thai-Küche. Zu oft wird thailändisch aber lieblos und ohne den nötigen Grundkenntnisse gekocht. Wie es richtig geht, zeigen drei Anlässe.

Der Speisesaal schimmert violett, am Buffet scheinen die Buddha-Figuren freundlich zu lächeln, aus den Töpfen steigen liebliche Düfte auf, die Köche nicken einladend. Am vergangenen Freitag feierte das Luxushotel Victoria-Jungfrau in Interlaken BE mit zahlreichen geladenen Gästen aus dem Ort den Auftakt zum Thai-Festival. Wo sonst das sehr regionale «Menu vo hie» serviert wird, stehen zurzeit Pad Krapow, Gaeng Chu Chee und Kluai Buat Chi auf der Speisekarte. Es sind allesamt Spezialitäten aus dem südostasiatischen Land. Das letztgenannte Gericht – Kluai Buat Chi – wird überraschenderweise zum Star des Abends: Banane in Kokosmilch, ein Dessert. Einerseits verblüfft die thailändische Banane. Sie kommt viel frischer, aromatischer daher als jene, die man in der Schweiz meistens isst. Anderseits die Kokosmilch: Sie zeigt sich als perfekte Partnerin der Banane, ist mild und leicht süss. Ein feiner, fruchtiger Abschluss ohne Zuckerüberdosis, der die Attraktivität der Thai-Küche unterstreicht. Gastköche aus dem Ritz Carlton
Gleichzeitig wird klar: Diese Küche hängt sehr stark vom guten Produkt ab. Eine gewöhnliche Banane – und weg wäre der besondere Genuss. Es sind eben grosse Könner ihres Fachs, die im Victoria-Jungfrau am Werk sind. Die Gastköche stammen aus dem Ritz Carlton Koh Samui. Die Zusammenarbeit entspringt Peter Kämpfers Liebe für Thailand:«Einerseits sind es persönliche Erinnerungen, die ich während meinen Thailand Aufenthalten gemacht habe», verrät der Direktor des Victoria-Jungfrau sein Flair. «Andererseits wollte ich die thailändische Küche, die in der Schweiz bestens bekannt und verbreitet ist, authentisch anbieten.» Diesem Flair ist auch Stefan Heilemann verfallen. Der Zweisternekoch des Zürcher Restaurants Ecco lädt mittlerweile jährlich Thai-Spitzenköchin Renu Homsombat vom Banyan Tree Resort in Bangkok als Gastköchin ein. «Sie beherrscht die Royal Thai Cuisine wie kaum jemand anders», lobt Heilemann. Die Royal Thai Cuisine? Thai ist eben nicht gleich Thai. Diese königliche Küche unterscheidet sich von der Strassenküche nicht nur durch Verzierungen und Schnitzereien in den Speisen, sondern auch durch die Komplexität der Gerichte. Homsombat erklärt: «Es ist eine sorgfältige Küche voller Details. Die Ingredienzien ändern je nach Saison. Und die Stücke auf den Tellern sind mundgerecht zugeschnitten, sodass man kein Messer braucht.» Ein Messer braucht man da nur auf der Strasse, nicht aber beim royalen Essen. «Man muss sich bewusst sein, dass viele Thailänder zu Hause gar keine Küche haben», erläutert Heilemann. «Sie essen immer auf der Strasse. Eine Küche zu Hause zu haben, ist da Luxus.» Homsombat betont, dass die Kräuter, Gemüse, Fisch und Fleisch in der royalen Küche frisch und sauber sein müssen. Was in der Schweiz als selbstverständlich gilt, bedarf in Südostasien besonderer Aufmerksamkeit. Ecco-Koch Heilemann liebt die Thai-Küche für ihre Frische, Schärfe und die Geschmacksexplosionen im Gaumen. «Ein Papayasalat ist für mich das Grösste. Das rohe Gemüse, die Schärfe der Chili, die von der Fischsauce ausbalanciert wird und die Garnelen drin – so einfach und doch so komplex und lecker.» Billige Produkte gehen gar nicht
Diesen servieren auch Valentin Diem und Patrick Schindler Jahr für Jahr im Soi Thai, einem thailändischen Pop-up in Zürich. Royal Thai Cuisine? Nein, hier sitzt der Gast auf Plastikstühlen, trinkt Thai-Bier und isst von einfachen Tellern. «Es geht um die Atmosphäre», so Schindler. «Man soll sich fühlen, als sässe man in Thailand an der Strasse.» Wichtig sei, dass gute Produkte verwendet werden. «Der Limettensaft muss frisch sein, billige Fischsauce geht gar nicht, Poulet aus Brasilien ebenso wenig.» Diese Mängel stellt Schindler immer wieder in Schweizer Thai-Restaurants fest. Der Szene-Gastronom glaubt auch, dass Thai-Köche sich allzu oft vor den hiesigen Gästen verbiegen würden. «Manchmal denke ich mir: ‹Das würdet ihr für euch selbst nie so kochen.› Das Original wäre viel besser.» Wer nicht bis zum nächsten Soi Thai oder bis zum nächsten Gastauftritt von Renu Homsombat warten will: Im Victoria-Jungfrau wird noch bis zum 26. Oktober thailändisch gekocht.