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«Der Notstand ist für die Betriebe eine ­absolute Katastrophe»

Reto E. Wild – 19. März 2020
Am Montag hat der Bundesrat für das ganze Land eine «ausserordentliche Lage» ausgerufen. Besonders stark trifft das die Branche. GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer erklärt im Interview, wie der Verband nun seinen Mitgliedern helfen kann und was er vom Bundesrat erwartet. Platzer selbst ist mit seinem Hotel betroffen.

GastroJournal: Casimir Platzer, was bedeutet der vom Bundesrat bis am 19. April 2020 verhängte Notstand für die Branche?
Casimir Platzer: Der Notstand ist für die Betriebe eine absolute Katastrophe. Viele werden schliessen müssen. Das ist die brutale Wahrheit. Was veranlasst Sie zu dieser Prognose?
Wir führten bis vergangenen Freitagmittag, also vor der Ankündigung des Bundesrats über die verschärften Massnahmen, eine Umfrage durch. 2640 Betriebe haben teilgenommen. Die Branche hat innert zwei Wochen 380 Millionen Franken Umsatz verloren, wobei diese Hochrechnung konservativ ist. 47 Prozent der Befragten sagten bereits vor einer Woche, dass sie in ihrer Existenz gefährdet sind. Wie kann GastroSuisse seinen Mitgliedern helfen?
Wir unterstützen sie so gut wie möglich und zeigen auf, wie sie beispielsweise ein Hilfspaket erhalten. Kurzarbeitentschädigung ist für uns ein Instrument, das wir im Gegensatz zur Industrie noch nicht kennen. Entsprechend leiten wir die Mitglieder an und helfen ihnen. Wir müssen aufs Tempo drücken, denn das ist ein totaler Ausnahmezustand für die Branche und für unser Land. Die Betriebe brauchen jetzt Geld, sonst müssen sie Insolvenz anmelden. Überrascht bin ich, dass die Grenzgänger nach wie vor pendeln dürfen – auch nach der Ausrufung des Notstands durch den Bundesrat. An der Medienkonferenz von vergangener Woche wurde mehrmals erwähnt, wie schwierig die Situation für die Branche ist. GastroSuisse hat sich in Bern wenigstens Gehör verschafft.
Ja, wir haben gefordert, dass der Bundesrat Massnahmen für die Branche beschliessen muss. Mit der Kurzarbeitentschädigung hat er dies mehrheitlich erfüllt. Allerdings müssen auch Besitzer und Teilhaber diese in Zukunft beantragen können. Dieses Problem muss dringend gelöst werden. Wenn der Bundesrat nun argumentiert, er könne nichts machen, weil dazu eine Gesetzesänderung nötig sei, ist das führungsschwach. Er muss jetzt die Grösse haben, sich mutig zugunsten der Unternehmer zu entscheiden. Der Bundesrat hat Gelder gesprochen, verhängt aber gleichzeitig verschärfte Massnahmen. Diese treffen die Branche derart hart, dass die zehn Milliarden Franken des Bundes als Wirtschaftshilfe nicht weit reichen. Wie sieht die Situation in Kandersteg in Ihrem Hotel aus?
Unsere Bar musste ich nach dem Notstand schliessen. Buchungen gab es sowieso keine mehr, die Gäste reisten ab, alle Seminare sind abgesagt. Auch ich werde einen Antrag auf Kurzarbeit einreichen und meinen Betrieb bis mindestens Mitte Mai schliessen müssen. Mitarbeitende haben mich gefragt, ob ich für den Sommer wieder Arbeitsverträge ausstelle. Aber für wen soll ich mein Hotel öffnen, wenn es keine Nachfrage gibt? Deshalb kann ich derzeit schlicht nicht sagen, ob die Angestellten wieder einen Job haben. Wie wollen Sie es einst wieder aus dieser Krise schaffen?
Jetzt stecken wir erst am Anfang und setzen auf die beschlossenen Sofortmassnahmen. Da hat der Bund viel aufgegleist. Doch das genügt nicht, wie wir in einer Medienmitteilung betonen (Details unten). Im Tourismus sehe ich Potenzial bei den inländischen Gästen. Aber bis zum Beispiel die Gäste aus Asien wieder die Schweiz besuchen, kann es noch Jahre dauern. ______________________________________________ Branche will Massnahmen
In einer gemeinsamen Erklärung fordern die Branchenverbände GastroSuisse und HotellerieSuisse wirksame Massnahmen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, weitere Verbesserungen bei der Kurzarbeitent- schädigung (auch Teilzeitmitarbeitende und Unternehmer sollen entschädigt werden) sowie die sofortige Einführung eines Härtefall-Fonds. «Mit dem Lockdown kommt die Branche beinahe zum Stillstand. Die Umsatzeinbussen werden dadurch mehrere Milliarden Franken betragen», heisst es in einer Medienmitteilung. Die Betriebe sollten Zugang zu zinslosen Darlehen und Direktzahlungen erhalten. Einspringen sollten auch die Kantonalbanken.