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Der grosse Gewinner heisst Andreas Caminada

Benny Epstein – 25. Februar 2020
Sechs neue Zwei-Sterne-Betriebe, einer, der zwei Sterne verliert: Das sind die Highlights der Verleihung der Schweizer Michelin-Sterne 2020.

Wer kriegt den zweiten Stern noch? Fünf neue Zwei-Sterne-Restaurants wurden bereits enthüllt, darunter das Igniv by Andreas Caminada in Bad Ragaz SG. ­Küchenchef Silvio Germann wurde gebeten, seinen Ferienstart in Thailand um einen Tag zu verschieben. «Dann bleib ich halt noch einen Tag hier», meinte er lachend und feierte gemeinsam mit Restaurantleiter und Top-Sommelier Francesco Benvenuto («Schön, mit so einem Chef arbeiten zu dürfen») den zweiten Michelin-Stern. Doch wer kriegt nun noch diesen zweiten Stern? Marcel Skibba, Chef des Igniv by Andreas Caminada in St. Moritz! Unter tosendem Applaus stürmt der Süddeutsche auf die Bühne, lässt sich die Bluse mit den zwei Sternen überstreifen und stammelt ins Mikrofon: «Es macht so viel Spass, ich möchte in diesem Team bleiben. Danke meiner Mannschaft für eine Riesensaison!» Damit hat er nicht gerechnet. Er nicht und Andreas Caminada nicht. Als der Patron selbst dann noch als Mentor des Jahres ausgezeichnet wird, weiss Caminada selbst kaum mehr, wo ihm der Kopf steht: «Ich fühle mich abartig, das kam sehr unerwartet. Ich bin gerade sehr emotional.» Die Auszeichnung widmet der Dreisternekoch aus dem Schloss Schauenstein in Fürstenau GR seiner Frau Sarah. «Als Geschäftsführerin der Fundaziun Uccelin ist sie die wichtige Figur, die hilft, neue Talente hervorzubringen.» – «Wie finden Sie denn überhaupt Zeit für all diese Projekte?», will Moderatorin Julie Arlin wissen. «Das ist unser aller Alltag», erklärt der Starkoch und deutet auf die Köche im Publikum. «Wir lieben, was wir tun. Mein Motor sind unsere jungen Mitarbeiter.» Talentschmiede Schloss Schauenstein
Mit zwei frischgebackenen Zwei-Sterne-Lokalen und der persönlichen Auszeichnung im Gepäck tritt Caminada die Heimreise an – er ist der grosse Gewinner des Abends im Kunst- und Kulturzentrum LAC in Lugano. «Aus diesen 17 Jahren im Schloss kamen so viele junge Leute heraus und haben ihren eigenen Weg eingeschlagen. Sven Wassmer, Nenad Mlinarevic und so viele andere Persönlichkeiten. Der Preis als Mentor soll für die Talente, die durch die Uccelin-Stiftung gefördert werden, ein Zeichen sein. Sie sind auf dem richtigen Weg.» Dass die zwei Igniv-Restaurants fort­an mit zwei Sternen bewertet sind, kann er kaum fassen. «Klar sagt man untereinander mal ‹So, jetzt gehen wir aufs nächste Level›. Aber nur, um sich zu pushen». Lachend fügt Silvio Germann an: «Ich wünsche Daniel Zeindlhofer viel Spass.» Zeindlhofer ist bekanntlich Küchenchef im vergangene Woche eröffneten Igniv in Zürich. Wann folgt ein neuer Dreisternekoch?
400 Küchenchefs und Gastgeber wohnen der Veranstaltung im Tessin bei und feiern die ausgezeichneten Berufskollegen. Einen neuen Dreisternekoch gibt es erwartungsgemäss nicht. Es bleibt beim Trio Caminada, Peter Knogl (Cheval Blanc, Basel) und Franck Giovannini (Restaurant de l’hôtel de Ville, Crissier VD). Kommt nächstes Jahr einer dazu? Die heissesten Kandidaten kochen beide in Zürich: Stefan Heilemann (Ecco, Hotel Atlantis by Giardino) und Heiko Nieder (The Restaurant, Hotel Dolder). Verlierer des Abends ist das Restaurant Homann’s in Samnaun GR. Die Küche der Brüder Horst und Daniel Homann verliert gleich beide Sterne. Auch aus der Garde der Zwei-Sterne-Chefs fällt Ivo Adam: Sein After Seven in Zermatt VS ist nur noch mit einem Stern ausgezeichnet. Zwar versucht Gwendal Poullennec, internationaler Direktor der Michelin-Guides, in Lugano die ungebrochen hohe Dichte an Gourmetrestaurants zu betonen. Fakt ist allerdings, dass in der neuen Schweizer Ausgabe noch 632 Restaurants erwähnt werden. Im vergangenen Jahr waren es 770, die mit einer Empfehlung oder mit einem bis drei Sternen gelistet waren. Auch die Zahl der Sternerestaurants ist tiefer als 2019: damals noch 128, sind es heuer sechs weniger. Für Stirnrunzeln sorgt an diesem Abend der erste Stern, den Jeroen Achtien für seine Küche im Restaurant Sens 1605 im Waldhotel Davos kriegt: Bis zur Schliessung des Restaurants sind es nur noch vier Tage. Achtien sagt ebenfalls: «Damit habe ich nicht gerechnet.» Dann gibt es Schweizer Oona-Kaviar und Champagner aus dem Hause Mumm und viel zu besprechen. Ein Klassentreffen der Sterneköche. Für viele geht es weiter an die Afterparty: Jürg Kappeler lädt seine Kunden und Freunde ins Sass Café ein. Mit Sense of Delight hat sich Kappeler in den letzten Jahren einen Namen in der Szene gemacht: Er beliefert Spitzenköche mit Luxuprodukten, insbesondere mit bestem Kristal Kaviar aus dem Pariser Haus Kaviari – den Oona-Kaviar aus dem Tropenhaus Frutigen stellt er an diesem Abend locker in den Schatten. Kappeler serviert Kaviari Kristal, es ist das Spitzenprodukt von Kaviari, sowie hocharomatische Plantin-Trüffel. «Mit so vielen Gästen habe ich nicht gerechnet», sagt Kappeler lachend. Das Sass Café ist rappelvoll, Blues-Musiker Marc Amacher singt und spielt auf seiner Gitarre. Auch Andreas Caminada macht es sich gemütlich, stösst mit einem Glas Champagner von Laurent Perrier an und schüttelt immer wieder den Kopf: «Unglaublich!» --------------------------- Neu zwei Sterne:
• Tobias Funke, Gasthaus zur Fernsicht, Heiden AR
• Enrico & Roberto Cerea, Da Vittorio, St. Moritz GR
• Jérémy Desbraux, Maison Wenger, Le Noirmont JU
• Silvio Germann, Igniv, Bad Ragaz SG
• Sven Wassmer, Memories, Bad Ragaz SG
• Marcel Skibba, Igniv, St. Moritz GR Spezialpreise:
• Sommelier Award: Marc Almert, Baur au Lac, Zürich
• Service Award: Ruth Wiget-Keiser, Adelboden, Steinen SZ
• Mentor Award: Andreas Caminada, Schloss Schauenstein, Fürstenau GR
• Young Chef Award: Marie Robert, Café de Suisse, Bex VD