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Das FForum geht immer höher hinaus – bis aufs Jungfraujoch

Corinne Nusskern – 16. Juni 2021
Das FForum bietet auch heute ein enormes Spektrum an Themen an: Von Strategien und Arbeitszeugnissen bis zu Best Practice-Frauen. Gekrönt wird der Tag von Ausflügen auf das Jungfraujoch oder in die Gletscherschlucht sowie einem historischen Dorfrundgang.

Eigentlich ist es allen klar: Ohne Strategie bleibt meist auch der Erfolg aus.In diese Kerbe referiert Kommunikationsprofi Jean-Pierre Ritler (JRP Media GmbH, Adligenschwil LU). «Eigentlich seid ihr alle top in der Kommunikation, jeden Tag mit den Gästen an der Front», spricht Ritler die Forumsdamen direkt an. Aber wie sieht es im Dschungel von Menükarten, Tischsteller, TripAdvisor, Google und den ganzen Social Media aus? «Da greift nur eine Kommunikationsstrategie.»

Jean-Pierre Ritlers präsentiert seinen Aufbau einer Strategie: die 10 Ws, die in einem halben Tag erarbeitet werden können.

  1. Warum will ich etwas sagen?
    Antwort: Zieldefinierung, man muss sich entscheiden.
  2. Was will ich sagen?
    Antwort: Meine Botschaft
  3. Wem will ich es sagen?
    Antwort: definierte Zielgruppe, es können auch mehrere sein
  4. Womit will ich es sagen?
    Antwort: Wahl der richtigen Medien/Kanäle, Google Business ist ein Must, vergesst alle anderen Suchmaschinen.
  5. Wie viel Geld kann ich einsetzen?
    Antwort: Budget = Geld und Zeit. Sind keine Mittel zur Verfügung, auf Wettbewerbe in Zusammenarbeit mit Händlern, Sponsoring und Crowd-founding setzen
  6. Wie sage ich es?
    Antwort: Umsetzung. Wieder erkennbares Logo, professionelles Corporate Design von der Menükarte bis zur Webseite, ganz wichtig: Bildsprache, Storytelling
  7. Wer macht was?
    Antwort: Organisation, muss klar definiert sein. Am besten, die Person, die es gern macht
  8. Wie vernetze ich?
    Antwort: Konvergenz, Kanäle miteinander verbinden, Abstimmung für User einbinden
  9. Wie antworte ich?
    Antwort: Dialog. Eine Riesenchance – auch um auf Reklamationen zu reagieren.
  10. Wie messe ich den Erfolg?
    Antwort: Erfolgskontrolle

Was ist eigentlich Strategie?
«Ich behaupte, mit der richtigen Medienstrategie generiert ihr mehr Umsatz, es kostet nicht viel, stresst nicht und ist einfacher als man denkt», sagt Ritler. «Das einzige: Man muss sich Zeit nehmen, und den Willen haben, die Strategie konsequent durchzusetzen.

Zita Langenstein hat eine Frage. «Etwas, das mich seit meiner Kindheit beschäftigt: Was ist eigentlich eine Strategie?» Ritler nickt und sagt: «Ganz einfach, ich bin im Hotel und will auf den Berg. Wie komme ich von da dort hin? Der Weg ist Strategie», schliesst Ritler.

Braucht es das Arbeitszeugnis noch?
Der nächste Referent ist Rechtsanwalt Bruno Dohner, spezialisiert auf Gastronomie und Hotellerie. Rund 42 Prozent aller arbeitsrechtlicher Streitigkeiten betreffen ausschliesslich oder teilweise das Arbeitszeugnis. «Denn meist will die Arbeitnehmerin ein besseres, als sie bekommen hat», erklärt Dohner. Die gesetzliche Grundlage ist nach Art. 330a OR gegeben: Der Arbeitnehmer kann jederzeit von der Arbeitgeberin ein Arbeitszeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht.

Ein Arbeitszeugnis muss nur auf Verlangen ausgestellt werden. Eine Gratiszeitung fragte vor einigen Jahren: Braucht es das Arbeitszeugnis noch? Die Forumsfrauen erzählen aus ihrem Alltag, manche halten nicht viel von Arbeitszeugnissen. Eine Gastronomin sagt: «Ich setze auf Probearbeiten.» Andere Frauen, schauen darauf, wie lange eine Bewerberin davor in einem Betrieb gearbeitet hat. Eine Forumsfrau schaut auf den letzten Satz, ob der vorherige Betrieb die Person wieder anstellen würde. Dohners Tipp: «Probezeit immer auf drei Monate ansetzen. So sieht man, geht es oder geht es nicht.»

Was gehört in ein Arbeitszeugnis?
Ein Zeugnis beeinflusst das berufliche Weiterkommen der Arbeitnehmerin. In der Praxis werden häufig Formulierungen verwendet, die widersprüchlich und interpretierbar sind (Zeugnis-Code).
Die Anforderungen bei der Formulierung lauten: Grundsatz der Wahrheit, des Wohlwollens, der Klarheit und der Vollständigkeit. «Es herrscht eine Codierungsparanoia, aber in der Praxis ist es nicht so arg», sagt der Rechtsanwalt.

Dohner zeigt konkrete Beispiele auf:

  • Was muss rein: Personalien, Name und Adresse Arbeitgeberin, Beginn und Ende der Anstellung, Arbeitspensum, Position und hierarchische Stellung, Beförderungen, berufliche Weiterbildungen, aussagekräftige Bewertung von Leistung und Verhalten, Austrittsgrund, Schlussformel, Datum und Unterschrift
  • Negatives darf erwähnt werden, etwa wenn etwas charakteristisch ist und permanent vorkommt.
    Im Streitfall muss es jedoch bewiesen werden.

Die ominösen Codierungen sind eigentlich rechtswidrig, dennoch werden sie nach wie vor verwendet, ob gewollt oder nicht. Ein paar Beispiele:
-Zeigt für seine Arbeit Verständnis: War faul und hat nichts geleistet.
-Sie hat sich im Rahmen ihrer Fähigkeiten eingesetzt: Sie hat getan, was sie konnte, das war nicht viel.
-Durch ihre Geselligkeit trug sie zur Verbesserung des Betriebklimas bei: Sie neigt zu übertriebenem Alkoholgenuss.
-Er war ein gewissenhafter Mitarbeiter: Er tut was er kann.
-Sie legte Wert auf eine ordentliche und gepflegte Erscheinung: Ihre Arbeit taugte dagegen nicht viel
Der Zusatz: «Wir stehen zu nichtcodierten Zeugnissen» macht Sinn.

Manchmal streiten die Arbeitnehmer um ein «stets» und gehen dafür bis vor Gericht. «Und so verdienen wir unser Geld!», sagt Dohner schmunzelnd. Gelächter im Saal.

Best Practice: Aufstehen lohnt sich!
Best Practice? Dafür stehen die zwei starken Frauen Sara Hochuli (Torten-Artistin) und Sara Berfin Efe (Restaurantleiterin) mit ihren Geschichten. Beide brauchten Umwege, um heute da zu sein, wo sie heute sind.

Sara Hochuli führt seit zehn Jahren das Café Miyuko in Zürich, welches international mit Medaillen und Preisen ausgezeichnet wurde. Via eine Farbstiftschachtel und einen funktionsfähigen Kinderbackofen und viel Enthusiasmus fürs Backen will sie als Jugendliche Konditorin werden. Es scheitert an den Arbeitszeiten. So lernte sie Graphikerin und Illustratorin, arbeitet als Freelancerin in der Werbung, importiere Kunsthaar aus Japan und fertigt Perücken, macht Mode, hat einen eigenen Laden, bildet sich zur Führungskraft weiter und bäckt privat weiter. Aus dem Hobby wird irgendwann das Café Miyuko im Mangastyle. Der Erfolg kommt sehr schnell. Ihr Partner Dominik Grenzler hilft. «Wir buken, servierten und waren am Anschlag, aber es war sehr lehrreich», sagt Hochuli.

Heute ist sie als Cake-Artistin international bekannt. «Wir hatten viele Investitionsangebote. Ich lehnte alle ab. Wenn ich in etwas investiere, dann in das, was ich will», sagt Hochuli. Die Folge davon, nach vielen Hindernissen: Die Eröffnung des farbenfrohen, japanisch inspirierten Teecafés Kumiko 2016 im Hafen von Reykjavik, Island. Es war nicht einfach, doch sie hat sich nie beirren lassen. «Leben und arbeiten in Island ist für mich pure Lebensfreude, deswegen mache ich es», sagt sie.

Doch: Kurz darauf erkrankt ihr Partner am Rücken, ihr Vater verunglückt tödlich und die Geschäftsführerin des Kumiko kündigt. «Das war sehr fordernd und ich liess das Kumiko los», sagt Hochuli. «Manchmal muss man einfach wissen, was wichtig im Leben ist.» Das Café Miyuko ist wieder berufliche Zentrale in Hochulis Leben. «Seit Kumiko weiss ich, Wachstum muss nicht quantitaiv sein.»

In die Digitalisierung – ohne einen Schimmer
Die Geschichte von Sara Efe ist anders, als Schweizer Lebensläufe. Ihr Vater war als Kurde in der Türkei politisch aktiv, kämpfte für Menschenrechte, wurde gesucht und so kam sie mit sieben Jahre als Flüchtlingskind in die Schweiz. «Trotz muslimischem Hintergrund, hatten in meiner Familie die Frauen immer die gleichen Rechte und Chancen», sagt Efe. Sie lernt Restaurationsfachfrau, beim gleichen Chef wie ihr Vater 15 Jahre davor. Seit sechs Jahren arbeitet sie im Korner, einem auf Gourmet-Burger aus Schweizer Highland Beef spezialisierten Restaurant  in Zürich. Umsatz: Zwei Millionen Franken im Jahr. Seit zwei Jahren ist sie die Geschäftsleiterin und leitet ein Team mit elf Mitarbeitenden.

Als Corona kam, nutzt sie die Zeit und setzt sich mit Digitalisierung auseinannder - ohne eine Ahnung davon zu haben. Sie liest sich ein, lernt. Und heute ist Digitalisierung gar das Thema ihres Referats am FForum. «Für viele der Horror», sagt sie. «Doch sie ist aus der Gastronomie nicht mehr wegzudenken.»

Sie erzählt, wie die Digitaliserung im Korner nach kurzer Zeit der Lernphase neue Meilensteine setzte. Vor allem die Bestellhandys werden von den Mitarbeitenden absolut positiv aufgenommen. «Wir sind durch diese alle miteinander verbunden», führt Efe aus. «Sie garantieren die direkte Kommunikation mit der Küche, sind zeitsparend, übersichtlich und absolut unkompliziert zu benutzen. Dadurch sparen wir viele Laufwege und können damit sogar die Rechnung direkt beim Gast separieren.» Das lästige einzeln einkassieren? Tempi passati.

Weitere postive Effekte der Bestellhandys im Korner:

  • Im Service haben sie die Personalkosten um 30 Prozen gesenkt.
  • Grössere Stationen: Dies bedeutet mehr Tringeld, mehr Motivation.
  • Das Sortiment ist auf einen Blick zur Verkaufsförderung ersichtlich
  • Das digitale Reservationssystem spart pro Tag eine halbe Stunde ein.
  • Küche: Digitales Kochbuch
  • Wareneinkauf via App
  • Textkommunikation mit der Küche per Drucker

Steigern der Gästezufriedenheit
Der Wettbewerb, die Schnelligkeit nimmt täglich zu. «Die Erwartungshaltung der Gäste hat sich verändert, da ist Digitalisierung absolut hilfreich», erklärt Efe. Dennoch löst die Digitalisierung auch bei Efe auch zwiespältige Gefühle aus: «Sie macht die Welt nicht sozialer, sie ist ungeduldiger.» Unsere Smartphones hätten uns schliesslich auch nicht wirklich smarter gemacht. «Doch nur weil wir im privaten Leben uns von der digitalen Wet distanzieren, bedeutet dies nicht, dass wir die Vorteile in der geschäftlichen Welt nicht nutzen sollten», schliesst Efe ihr Referat.

Der Nachmittag findet nur noch analog und im Freien statt – in Form von Ausflügen: Eine Gruppe der Forumsfrauen fährt auf 3454 Meter Höhe aufs Jungfraujoch, andere erwandern die Gletscherschlucht und ein drittes Grüppchen begibt sich auf einen historischen Dorfrundgang mit Walti. Und selbstverständlich sind alle Frauen mit zurechtgerückter Krone unterwegs.