Gastronomie

«Bei den Spargeln ist heute freestyle gefragt»

Peter Bührer Urs Oskar Keller – 02. Mai 2019
Der frühere Zürcher Spitzenkoch Peter Bührer verfasste bereits während seiner Lehre das Buch «Spargel, einfach Spitze». Der heutige Restaurantkonzeptentwickler verrät seine Geheimtipps im Umgang mit dem Saisongemüse.

Wie gesund ist der Spargel?
Peter Bührer:
Gemüse ist grundsätzlich gesund, doch spielt die Zubereitung eine wesentliche Rolle, mit der ich alles richtig und auch alles falsch machen kann. Weisser Spargel ist sehr gesund, entwässernd und reinigend. Es ist angezeigt, eine Frühlingsentschlackungsdiät mit weissem Spargel einzuplanen. Wie unterscheiden sich die grünen, violetten und weissen Spargeln?
Grüner und weisser Spargel entstammt der gleichen Pflanze. Weil grüner Spargel oberirdisch wächst, kann die Pflanze natürliche Farbstoffe wie Anthozyane sowie den grünen Blattfarbstoff Chlorophyll bilden. Der Weisse wird violett, wenn er im Wachstum aus der Erde tritt und weiter gedeiht. Es gibt diverse Sorten. Man lässt sie unterschiedlich lang wachsen – mit Auswirkung auf die Grösse. Im Fachhandel gibt es auch wilden Spargel zu kaufen. Welches sind die Trends bei der Zubereitung?
Klassische Regeln für die verschiedenen Grundzubereitungsarten wendet man heute nicht mehr so strikt an. «Freestyle» ist gefragt. Bei weissen Spargeln ist sicherlich die «sous-vide»-Zubereitung die schmackhafteste von allen. Grüne Spargeln – sie können genauso im Vakuum gegart werden – liebe ich, etwas anzubraten und ihnen eine asiatische Gewürznote mit Sesam und Soja zu geben. Gerne verwende ich sie auch als Grillgemüse oder grüne Spargel gebraten, mit überreifen Kirschtomaten mit Sternanis, Basilikum und einigen Tropfen Balsamicoessig gewürzt. Die Sauce hollandaise mit gebräunter Butter zubereitet bleibt der Klassiker. Ich kann aber die Sauce hollandaise, die den Spargel schön ummantelt, auch mit den unterschiedlichsten Aromen parfümieren, mit Kräuterextrakten oder selbst zubereiteten reduzierten Gemüsepürees. Was ist beim Einkauf zu beachten?
Frisch muss der Spargel sein! Letztlich ist die Frische auch entscheidend für die Wirtschaftlichkeit. Wie viel Abschnitte an den Enden muss ich vornehmen, wie stark muss der Spargel geschält werden? Ich rate zum Kauf von regionalem, frisch gestochenem Spargel, weil dies auch gegenüber dem Gast ein Verkaufsargument ist. Je frischer, desto besser! Doch nicht nur der Einkauf entscheidet, sondern wie der Spargel danach in der Küche behandelt wird. Ich habe einen High-End-Produzenten, bei dem wird der Spargel um sechs Uhr auf dem Feld gestochen, mittags um elf geschält und nachmittags um 14 Uhr «sous-vide» zubereitet. Unschlagbar in Qualität, Wirtschaftlichkeit und Qualitätskontrolle für den Koch! Wann ist der Spargel frisch?
Der Kenner sieht es von Weitem: Der Glanz der Spargel, die feuchten und saftigen Schnittstellen des Spargels zeigen die Frische. Und wie schält man ihn richtig?
Ich plädiere im Zweifel immer für ein grosszügiges Schälen. Gespart am falschen Ort, versaut dem Gast letztlich den ganzen Spargelgenuss. Letztlich ist es egal, ob ich den Spargel an der Spitze halte und die Stange auf dem Handgelenk auflege und schäle, oder ob ich den Spargel schräg halte, auf eine Unterstützung ablege und schäle. Man kann mittlerweile frisch ­geschälten Spargel als Teil-Fertigprodukt kaufen – doch dann muss er wirklich gleichentags geschält worden sein. Was kann man mit dem Edelgemüse alles machen?
Nicht nur gekocht, sondern auch gebraten ist Spargel ein Genuss. Versuchen Sie, grüne Spargeln im Wok zuzubereiten! Sie werden überrascht sein. Gibt es neue Zubereitungsarten?
Die Sous-Vide-Zubereitung ist ideal für weisse Spargeln. Perfekt in der Qualität, ideal für das Mise en place und die Portionskontrolle. Auch grüne Spargeln eignen sich für das Garen im Vakuum und als Vorbereitung. Allerdings ist die Haltbarkeit bei grünen Spargeln begrenzt, da sie sich verfärben. Und wie kocht man sie?
Für die Weissen kommt für mich nur die erwähnte Zubereitung im Dampfgarer infrage. Zutaten im Vakuumbeutel einschweissen, im Wasserbad präzise garen, geniessen: Die sogenannte französische «sous vide»-Technik verheisst Gourmetqualität – nicht nur beim Fleisch! Eignen sich Spargeln zum Tiefkühlen?
Auf das Einfrieren von frischen Spargeln würde ich verzichten. Es gibt ja entsprechende Spargelfertigprodukte auf dem Markt. Falls man sie selber einfriert, sollte man über ein entsprechendes Schockgefriergerät verfügen. Es ist aber wirklich nicht sinnvoll, das selbst zu tun. Wie mögen Sie Spargeln am liebsten?
Ich esse den Spargel lieber im grossen Ganzen, also am Stück. Der Tiroler Hans Haas, Küchenchef im Münchner Restaurant Tantris, gart die Spargeln nur unter Zugabe von Gewürzen und Butter im eigenen Saft zwischen zwei Alufolien. Jetzt zur Grillzeit, die sich ja bis in den Herbst ausdehnt, kann man dies als spannende Interpretation umsetzen und gibt den zarten Spargeln einen Hauch von Raucharoma. Was schätzen Sie an Spargeln?
Am Spargel schätze ich nicht nur das Aroma und den Essgenuss, sondern der Spargel zeigt einem auch wirklich – bereits beim nächsten Toilettengang! – wie gesund, entwässernd und entschlackend das Gemüse ist. Ich kenne kein Gemüse, welches derart schnell Wirkung zeigt. Welches Getränk passt dazu?
Wie bei Fischgerichten ist heute alles erlaubt – es wird zu viel Trallala über den Wein gemacht! Am besten passt noch immer der Lieblingswein. Klar, ein Riesling, ein Weiss- oder Grauburgunder sind mineralisch im Gehalt. Man kann sich in der Regel gut an lokalen Produzenten in der Nähe der Spargelanbau­gebiete orientieren. Mein Geheimtipp ist der Riesling der Lage Itzikerhüsli von Honegger in Stäfa oder der Riesling von Rötiberg in Wilchingen im Klettgau. Und zur Krönung dazu: den Riesling von Gantenbein aus Fläsch in der Bündner Herrschaft. Auch jenseits der Grenze, in Deutschland, gibts schöne Weine zum Spargel, zum Beispiel die Badischen von Franz Keller oder vom Ihringer Weingut Dr. Heger am Kaiserstuhl. ________________________________________________________ Bührers Start mit gebrochenem Bein
Peter Bührer (54) ist heute international als Unternehmensberater, Restaurantkonzeptentwickler, Privatkoch, Buchautor, Verleger und in der Produktentwicklung (High End Convenience) tätig, Mit Spargeln und einem gebrochenen Bein hatte alles in den 1980er-Jahren angefangen: Mit 17 Jahren verunfallte er beim Skifahren, und der Kochlehrling durfte sich drei Monate lang nicht an den Herd des Gasthofes Zur Krone in Wetzikon ZH stellen. Und so begann Bührer Rezepte und Speisekarten zu sammeln – der Saison wegen hauptsächlich von und mit Spargel-Menüs. Doch die Rezepte langweilten ihn. Bührer beschloss, selber Rezepte zu schreiben. Nach seinem Lehrabschluss erschien 1985 sein Kochbuch «Spargel, einfach Spitze» in München (nur noch antiquarisch erhältlich). Peter Bührer ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in Zürich. (uok) www.peter-buehrer.com ________________________________________________________ Spargelanbau in der Schweiz Über 800 Tonnen werden erwartet
Doch nach wie vor werden nur rund acht Prozent der verzehrten Spargeln auch in der Schweiz angebaut – obwohl die Bauern ihre Produktion laufend erweitern. Die Anbaufläche für den Spargel in der Schweiz beträgt 390 Hektaren. 2009 betrug diese 189 Hektaren. Trotzdem wurden im vergangenen Jahr «nur» 780 Tonnen Spargeln in der Schweiz produziert (460 Tonnen weisse, 320 Tonnen grüne Spargeln). Der jährliche Pro-Kopf-Konsum beträgt 1,4 Kilogramm. Dieses Jahr werden über 800 Tonnen Schweizer Spargeln erwartet. Wurde der Anbau von Grünspargel vor einigen Jahren stark forciert, bemerkt man heute eine klare Stagnation des Grünspargelanbaus. Die Schweiz ist ein guter Boden für den Spargel, dem nicht nur allerlei heilende, sondern auch liebesfördernde Kräfte nachgesagt werden. Er wächst hauptsächlich in den Kantonen Thurgau, Zürich, Wallis und Schaffhausen. Tipps zur Frische und zur Haltbarkeit 
Besonders zart und schmackhaft ist der Spargel während der Saison nach einer warmen Periode. Der meiste Spargel wird auch in dieser Zeit verzehrt. Die Mehrheit der einheimischen Spargeln wächst zwischen April und dem 24. Juni. Dann endet die Saison traditionellerweise, damit die Pflanzen genug Zeit haben, sich zu regenerieren. Genuss aus der Tiefe: Asparagus officinalis – so der bota­nische Name des Gemüsespargels – ist übrigens eine von rund 220 Arten aus der Gattung Asparagus und gehört zur Familie der Spargelgewächse. So erkennt man frischen Spargel

  • Sobald Spargel gestochen ist, verliert er stündlich an Frische, Aroma, Zartheit und Geschmack. Am leckersten ist der Spargel, der noch am Tag der Ernte verspeist wird. Für die Frische gibt es ein paar leicht erkennbare Hinweise.
  • Frischer Spargel sieht leicht glänzend, prall und knackig aus. Der Kopf ist geschlossen, fühlt sich fest an, die Schnittenden sind feucht und saftig. Er  duftet an den Schnittstellen angenehm aromatisch, lässt sich gut mit dem Fingernagel einritzen und gibt leichtem Druck nicht nach, quietscht, wenn die Stangen gegeneinander gerieben werden, und bricht leicht.
  • Den frischesten Spargel kauft man vom Produzenten oder auf dem Markt. Dabei sollte man nahe Anbaugebiete bevorzugen. Braune Flecken auf der Schale stammen vom Spargelrost, einem Pilz. Leichte Spuren sind nicht schlimm und lassen sich  beim Schälen entfernen. So erkennt man überlagerten Spargel
  • leicht eingeschrumpfte, biegsame, glanzlose, stumpfe Stangen
  • Spargelstangen, die beim Gegeneinander reiben klanglos bleiben
  • Spargel, der unangenehm und muffig riecht• weiche Stangen mit Rillen auf der Schale• ausgetrocknete Schnittenden, die zusammengeschrumpft und grau-gelb verfärbt sind. Achtung: Manchmal wird im Handel nachgeschnitten, um einen frischen Anschein zu erwecken;
  • braun angelaufene Spargelstangen
Gewässerter Spargel ist matt, hat weiche biegsame Stangen, die unter der Schale sogar glasig sein können. Meist beginnt er vom Kopf her zu faulen. Drückt man die Köpfe zusammen, tritt ein milchiger, übel riechender Brei aus. Wie gesund ist der ­Spargel?
Viel Wasser, wenig Kalorien
Eine Portion Spargel mit 500 Gramm deckt 80 Prozent des Tagesbedarfs an den Vitaminen C und E und fast die Hälfte des Folsäure- und Kaliumbedarfs. Spargel kann mit einem geringen Fettgehalt und seiner guten Sättigungseigenschaft punkten. Die in ihm enthaltenen Ballaststoffe fördern eine gesunde Darmfunktion, und der Eiweissbaustein Asparagin regt die Nierentätigkeit an.Da grüner Spargel oberirdisch wächst, kann die Pflanze verstärkt natürliche Farbstoffe wie Anthozyane, den grünen Blattfarbstoff Chlorophyll sowie die orange-gelblichen Carotinoide bilden. Darüber hinaus enthält grüner Spargel mehr Vitamin C und Folsäure als weisser.Konservenspargel enthält gegenüber frischem Spargel einen geringeren Gehalt an Vitaminen und den meisten Mineralstoffen. Besonders das Verhältnis von Kalium zu Natrium ist ungünstiger als in frischem Spargel, da die Konservenware deutlich weniger Kalium und deutlich mehr Natrium enthält. Gesundheitliche Vorzüge von Spargel
  • Spargel verweilt relativ lange im Magen und macht dadurch lange satt.
  • Spargel liefert wenig Kalorien.
  • Spargel ist leicht verdaulich und auch für empfindliche Mägen bekömmlich.
  • Die Ballaststoffe und sekundären Pflanzenstoffe (Saponine) im Spargel regen die Verdauung an und fördern so eine gesunde Darmfunktion.
  • Der Eiweissbaustein Asparagin im Spargel regt die Nieren an und fördert die Harnausscheidung.