Etwas laufe «grundlegend schief», hatte der langjährige St. Galler Nationalrat und Wirtschaftsprofessor Franz Jaeger schon 2015 gewarnt: «Für ein Tourismusland wie die Schweiz ist das schlicht ein Desaster», hielt er mit Blick auf die Tourismusbilanz fest. Sie näherte sich damals dem Nullpunkt – und 2016 hat sie nun die Grenze durchbrochen und ist negativ geworden. Konkret bedeutet dies, dass die Schweiz per Saldo kein Tourismusland mehr ist: Ausländische Gäste bringen weniger Geld in die Schweiz, als Schweizer Touristen ins Ausland tragen. Die Massenmedien haben die unerfreuliche Premiere zwar vermeldet. Eine umfassende Auseinandersetzung mit der beunruhigenden Entwicklung jedoch findet kaum statt, jenseits von weichem Euro, hartem Franken und hohen Kosten sind nur vereinzelt Grundsatzdiskussionen auszumachen. Wie beim brutalen, aber schleichenden Strukturwandel im alpinen Ferientourismus dürfte dies vorab damit zusammenhängen, dass die Krise nicht augenfällig ist:
- Mit 16 Milliarden Franken erreichten die Einnahmen von ausländischen Gästen in der Schweiz 2016 den zweithöchsten Wert aller Zeiten. Nur 2014 war es noch etwas mehr gewesen (16,3 Mia.) – und der Blick zurück aufs Jahr 2000 (11,2 Mia.) oder 1980 (4,1 Mia.) lässt unsere Zeit gar als goldene Epoche für den Schweizer Tourismus erscheinen.
- Volle 130 Millionen Franken fehlen zwischen 2015 und 2016 von ausländischen Gästen, die in der Schweiz übernachteten. Um bei dieser wichtigsten ausländischen Gästegruppe noch weniger Ausgabefreudigkeit festzustellen als 2016 (10,3 Mia.), muss man bis ins Finanzkrisenjahr 2009 zurückgehen (10,1 Mia. Franken).
- Dieser Rückgang im allgemeinen Zuwachs weist nicht nur auf die Krise alpiner Destinationen hin. Die innert Jahresfrist wegbrechenden 130 Millionen Franken von übernachtenden Gästen deuten auch auf den Preiskampf schweizerischer Beherberger hin.
Die beiden roten Linien zeigen, wie Wirtschaftskraft und Beschäftigung im Schweizer Tourismus gegenüber der Gesamtwirtschaft zurückfallen.