Gastro Journal
Tourismus

Professionalität statt Dörfligeist

Peter Grunder – 03. März 2017
Was fürs Gastgewerbe hinsichtlich Digitalisierung gilt, betrifft in noch grösserem Mass die Tou­rismusvermarktung: Die Art und Weise, wie Angebote angepriesen werden, verändert sich grundsätzlich.

Das Internet verkürzt und vergünstigt den Weg zwischen Gastgeber und Gast extrem. Deshalb geht es kaum noch darum, möglichst viele Prospekte zu drucken und Messen zu besuchen. Die Organisationen sind vielmehr aufgefordert, in ihren Regionen die Angebote ausfindig und markttauglich zu machen, sie zu bündeln und auf den geeigneten Märkten zu positionieren. Tourismusvermarkter werden damit wieder zu dem, was sie ursprünglich waren: Dienstleister für die Anbieter und die Gäste ihrer Region. Diese zeitgemässen Methoden, die vorab das St. Galler Modell aufnimmt, haben jedoch einerseits viele Touristiker nicht gelernt. Andererseits hat sich auch bei den Gastgebern noch nicht herumgesprochen, dass sie die Tourismusorganisationen auffordern müssen, ihnen bei der Angebotsgestaltung und -vermarktung zu helfen. Dies wohlgemerkt ganz anders als früher, als jeder zuvorderst auf dem Prospekt sein wollte. Im Internet ist heute Platz für alle, aber es geht darum, am richtigen Platz zu sein. Weil das besonders die kleingewerblichen Anbieter überfordert, sind die Tourismusorganisationen gefragt. Zwischen Kandersteg, Frutigen, Adelboden und der Lenk eine neue Destination zu schaffen, ist ein Ausdruck davon: Obwohl die Autofahrt von der Lenk nach Adelboden eineinhalb Stunden dauert, können diese Stationen ohne Weiteres von derselben Organisation vermarktet werden – «Adelboden-Lenk-denk» beweist das seit Jahrzehnten erfolgreich. Adelboden Tourismus (AT) hat den nächsten Schritt getan und sich letzte Woche ohne Gegenstimme hinter die neue Organisation TALK gestellt. Die alten Muster überwinden bleibt aber schwer. Ein Königsweg dürfte sein, dass die Anbieter professionelle Unterstützung einfordern und nicht Dörfligeister ausgleichende Gerechtigkeit.