Tourismus

Förderer und Wegbegleiter

Peter Grunder – 05. Oktober 2017
Es gibt sie noch: die klassischen Schweizer Familien- betriebe mit engagierten Gastgeberfamilien.

Er gehe lieber in die Küche als an Versammlungen, meint lachend Sohn Stefan, der wie Tochter Nathalie und Mutter Lisbeth mit im Betrieb engagiert ist: dem Restaurant Bahnhöfli in Lungern hoch über dem See. Vor genau 20 Jahren hatten Lisbeth, die das Servicefach gelernt hat, und Hansruedi, gelernter Koch,

«Es geht nur, weil wir die Familie im Rücken haben»
als junges Ehepaar das Bahnhöfli übernommen – von Hansruedis Eltern Marielouise und Noldi Odermatt,die ihrerseits seit 1969 hier gewirtet hatten. Schon Noldi hatte sich jahrelang fürs Obwaldner Gastgewerbe engagiert. Und als er vor genau 21 Jahren aufhörte, folgte Hansruedi. Er habe sich damals schon gefragt, ob das gehe, erzählt er schmunzelnd, schliesslich sei er da bereits als Präsident des FC Lungern und im Vorstand der Tourismusorganisation gewesen. «Es geht nur, weil wir die Familie im Rücken haben», sagt Hansruedi – und das bezieht sich nicht nur auf sein Engagement ausserhalb des Betriebes: Das Bahnhöfli, zugleich Caterer, Dorfrestaurant und Lokal für Passanten und Feinschmecker, ist ein klassischer Familienbetrieb, wie es ihn hierzulande immer seltener gibt. In Lungern am Fusse des Brünigs ist er einer der letzten seiner Art. Andernorts haben gastgewerbliche Familienbetriebe inzwischen eine komplett andere Gestalt:
«Das wird im Dorf wieder mehr geschätzt»
als Gastwirtschaftsbetriebe, die geprägt sind von Familien mit ausländischem Hintergrund. Man habe es da oft mit «Überlebenskämpfern» zu tun, beschrieb letzten Winter der Gemeindepräsident von Interlaken diese neue Art von Familienbetrieben (GJ49/2016). Auch im Bahnhöfli Lungern kämpft Familie Odermatt in gewisser Weise. Dabei geht es zwar auch um den eigenen Betrieb – aber nicht nur: Dass sie da seien, werde im Dorf «wieder mehr geschätzt», verdeutlicht Lisbeth die soziale gesellschaftliche Funktion, «die Bevölkerung empfindet das nicht mehr als selbstverständlich». Und da sind noch weitere wichtige Funktionen: Seit jeher hat das Bahnhöfli Lernende ausgebildet, und auch beim verbandspolitischen Engagement von Hansruedi war die Nachwuchsförderung von Anfang an zentral. Das bleibt nicht ohne Wirkung, wie etwa der Lehrlingsevent zeigt, den die Obwaldner gemeinsam mit den Nidwaldnern jährlich organisieren: Wenn Unterwaldens Service- und Kochlernende jeweils kurz vor ihrer Abschlussprüfung eine grosse Schar von Gästen etwa aus ihren Lehrbetrieben oder der Berufsschule verwöhnen, glänzt das Gastgewerbe. «Man kann nicht nur nehmen, man muss auch geben», bringt Hansruedi seine Motivation auf den Punkt.
«Man kann nicht nur nehmen, man muss auch geben»
Zwar macht das Bahnhöfli hinsichtlich der Ausbildung von Lernenden zurzeit eine Pause, was vorab mit den zunehmenden Schwierigkeiten zu tun hat, im gut 2100 Seelen zählenden Lungern Nachwuchs zu finden. Dass Vater und Sohn Odermatt, die in der Küche zum Rechten schauen, zurzeit keine Ausbildungsverantwortung tragen, erleichtert immerhin die neue Aufgabe von Hansruedi. Als neuer Präsident von GastroObwalden versteht er sich allerdings ebenfalls stark als Vermittler zwischen den Älteren und den Jüngeren. Nach 14 Jahren als Präsident war Walter Küchler vom Restaurant Tschiferli in Flühli-Ranft diesen Frühling zurückgetreten. Doch während in Nidwalden mit Nathalie Hoffmann vom Seehotel Baumgarten in Kehrsiten die junge Generation von Urs Emmenegger das Präsidium übernehmen konnte, hat Obwalden zwar den Vorstand bereits stark verjüngt. Als neuer Präsident wird Hansruedi Odermatt insofern für GastroObwalden und für GastroSuisse enorme Erfahrung einbringen. Aber wie beim Lehrlingswesen und wie im Bahnhöfli ist er auch hier vor allem Förderer und Wegbereiter für die nächste Generation. Auch wenn das in Verbandsangelegenheiten nicht für Sohn Stefan gilt, der lieber in der Küche ist als an Versammlungen.