Die Weltausstellung in Dubai setzt neue Massstäbe

Reto E. Wild – 20. Dezember 2021
192 Länderpavillons, 200 Verpflegungsstellen und über 20 Millionen Besucher: Die Expo Dubai 2020 übertrifft alles Bisherige an Grösse und Glanz und präsentiert neue Denkansätze für eine nachhaltigere Welt. Gleichzeitig steht Dubais Hotellerie vor neuen Rekorden. Ein Erlebnisbericht.

Erstmals und pandemiebedingt mit einem Jahr Verspätung findet die Weltausstellung in Asien statt. Die Expo 2020 im Süden von Dubai markiert die grösste Veranstaltung, die je in der arabischen Welt ausgetragen wurde: auf 438 Hektaren, was 600 Fussballfeldern entspricht. Die Wüstensöhne benutzen den Anlass, der unter dem Motto «Connecting Minds, Creating the Future» steht, um sich der Welt in einem modernen, ja futuristischen Kleid zu präsentieren. Geld spielt keine Rolle: Allein der Pavillon der Vereinigten Arabischen Emi­rate (VAE), vom spanisch-schweizerischen Architekten Santiago Calatrava als überdimensionierte Falke gestaltet, kostet gegen 90 Millionen Franken. Insgesamt hat die Umsetzung der Weltausstellung rund 6 Milliarden Franken verschlungen.

Das weisse Falken-Bauwerk gehört zu den beliebtesten der 192 Länderpavillons, die täglich ab 10 Uhr bis um 20/21 Uhr geöffnet sind (das Expo-Gelände ist bis Mitternacht geöffnet, am Donnerstag und Freitag bis 2 Uhr morgens). Doch präsentiert sich das Innenleben des VAE-Pavillons mit Projektionen auf oran­gefarbene Sandhügel eher enttäuschend. Die Konkurrenz durch andere At­trak­tio­nen ist riesig, auch weil erstmals sämtliche Länder des Planeten mit einem eigenen Gebäude vertreten sind – teilweise dank finanzieller Unterstützung durch die Emirate: Ein virtuelles Trekking zu den Berggorillas? Im Pavillon von Ruan­da. Ein Spaziergang durch Nebelschwaden auf einen Berggipfel mit Aussicht von der Terrasse auf das Expo-Gelände? Im Schweizer Pavillon. Der be­ein­dru­ckend­ste Pavillon? Der mehrstöcki­ge Bau von Saudi-Arabien, wo die Besucher auf einer Rolltreppe zu sechs Unesco- Welterbestätten reisen und im Untergeschoss starken saudischen Kaffee und Sandwiches mit Kamelfleisch geniessen können (Bewertung im Kästchen unten).

Bis zu 60 Anlässe pro Tag

conaid McGeachin, Expo-Senior Vice President Kommunikation betont: «Die Themen- und Länderpavillons und die bis zu 60 Live-Events pro Tag sorgen da­für, dass an der Expo kein Tag dem andern gleicht.» In den ersten sieben Wochen pilgerten bereits vier Millionen Be­sucher an die Weltausstellung, wobei 17 Prozent der Touristen von ausserhalb der Emirate angereist sind. Die wichtigsten Auslandmärkte stellen Indien, Deutschland, Frankreich, Saudiarabien und die einstige Kolonialmacht Grossbritannien.Eine wichtige Rolle an der Expo spielen Gastronomie und Nachhaltigkeit. McGeachin unterstreicht: «Das Essen spricht in einer Sprache zur Welt, die jeder versteht, und es hat die Kraft, Menschen, Gemeinschaften und Nationen auf besondere Weise zusammenzubringen. Dies passt perfekt zur Botschaft der Expo 2020, die Welt zu verbinden und stärkere Verbindungen zwischen Gemeinschaften aufzubauen.» Essen und die Küchen der Welt seien in jeder Kultur sehr wichtig. Und gleichzeitig sei es für die Expo entscheidend gewesen, den Besuchern die Möglichkeit zu geben, die Welt an einem einzigen Ort zu erleben. Tatsächlich: Mit über 200 Verpflegungsstationen und 50 Weltküchen ist es mög­­lich, eine kulinarische Reise um die Welt zu begehen, ohne die Emirate zu verlassen – von Streetfood über das Gebäude Alkebulan AfricanDining Hall mit sieben afrikanischen Chefs oder The Ma­jlis (dem Café mit Kamelmilch) bis zu Gourmetrestaurants mit den US-amerikanischen  Starköchen David Myers, Matthew Kenney oder dem britischen Sternekoch Rohit Ghai: Die Expo ist auch ein Paradies für Feinschmecker. Dass das internationale Buffet «All you can eat» im Nachhaltigkeitspavillon angesiedelt ist und 17 Franken kostet, steht im Widerspruch zur so konsequent durchdachten Umsetzung.Lust, nach so viel Informationen den Durst mit einem belgischen Bier zu löschen? Auf der Terrasse des Belgien-Pavillons. Oder aber man bucht eine kulinarische Tour oder erforscht innovative kulinarische Technologien. 

Drei weitere Top-Empfehlungen: 
• Al Wasl bildet das Herz der Weltausstellung und stellt die weltweit grösste 360-Grad-Projektionskuppel, die nach dem Eindunkeln magisch wirkt. Tagsüber finden dort Veranstaltungen statt. 
• Den besten Überblick auf das Gelände hat man vom «Garden in the Sky»: eine 46 Meter hohe, sich drehende Aussichtsplattform. Der Ticketschalter befindet sich fünf Meter entfernt. 
• Ganz in der Nähe befindet sich der «World Souq». In diversen Containern werden Produkte aus aller Welt angeboten: Vanillestängel aus Madagaskar, Safran aus dem Iran, Rosenwasser aus Marokko und Kunsthandwerk. 

Die Weltbevölkerung isst immer mehr

Das gesamte Gelände ist den Haupt­themen Nachhaltigkeit, Mobilität und Chan­­cen gewidmet. Und Nachhaltigkeit spielt in vielen Länderpavillons eine wich­tige Rolle: In «Singapur» lernen wir, dass der Stadtstaat heute 90 Prozent der Lebensmittel importieren muss und sich zum Ziel setzt, bis 2030 30 Prozent der Lebensmittel lokal zu beziehen. Der Pavillon von Peru zeigt auf, weshalb der Andenstaat dank seinem Mikroklima und der geografischen Diversität Heimat von einer Vielzahl von Superfood ist und mit Pía León die beste Köchin der Welt stellt. Mit dem «Central» (Rang 4) und dem Maido (7) befinden sich gleich zwei Restaurants aus Lima in den «Top 50» der weltbesten Restaurants. «Spanien» zeigt auf, dass 30 Prozent des globalen Energiebedarfs auf die Produktion von Essen fällt. Die Technologie für die Lebensmittelproduktion muss deshalb besser, die Nahrungsaufnahme nachhaltiger und die Lebensmittelverschwendung reduziert werden, denn bis 2050 nimmt die Weltbevölkerung um 30 Prozent zu, während gleichzeitig 70 Prozent mehr Essen verschlungen wird.Doch wie nachhaltig ist die Expo selbst, wenn sie Ende März 2022 die Tore schliesst? Sconaid McGeachin erklärt: «Über 80 Prozent der Umgebung des Geländes wird in eine Smart City umgewandelt. Sie nennt sich District 2020 und wird zu einem Innovationsökosystem mit dem Auftrag, die VAE auf ihrem Weg zu einer innovationsgetriebenen Wirtschaft zu unterstützen.» Zur Erinnerung: Die Bevölkerung Dubais hat sich von 1960 bis Ende 2020 verachtzigfacht – von 40 000 auf 3,3 Millionen Einwohner aus über 200 Nationen. Die bebaute Fläche des Emirats vergrösserte sich im gleichen Zeitraum um das 170-fache.

 

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Expo 2020 Dubai: eine Anleitung für Gastronomen

Die Fläche der Weltausstellung im Süden von Dubai ist riesig. Wie vorgehen? Was besuchen? Die wichtigsten Tipps: 
• Mindestens drei Tage einplanen und «Multi-Day»-Pass für 195 Dirham (umgerechnet rund 50 Franken) kaufen, www.expo2020dubai.com 
• Im App-Store «Expo 2020 Dubai» herunterladen und die Besuche der Pavillons vorreservieren, um Warteschlangen zu umgehen.
• Gastronomie: Besucher können aus über 50 Küchen aus aller Welt auswählen. Tipps: das Arabian Tea House (Emirati-Restaurant in der Nähe des Al Wasl Plaza, stets gut frequentiert), Sushi vom Karussell am Rand des Japan-Pavillons (Qualität wie in Japan) oder Kamelfleisch-Sandwich und arabischen Kaffee im Untergeschoss des Saudi-Pavillons  
• GastroJournal-Bewertung der Pavillons
★★★★★ = Saudiarabien, Slowenien;
★★★★ = Australien, Japan, Kuwait, Peru, Singapur, Spanien, Mobilität;
★★★ = Finnland, Israel, Italien, Kasachstan, Marokko, Neuseeland, Schweiz, Turkmenistan, Terra und Vision (beide Nachhaltigkeit)

 

(★★★★★ = Weltklasse,
★★★★= unbedingt besuchen,
★★★ = ganz okay, nicht erwähnte Länder = Minimalnote nicht erreicht oder nicht bewertet)
 

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