Die dänische und die Zürcher Gastronomie rücken zusammen

Oliver Borner – 14. September 2023
Anlässlich des Foodfestivals Copenhagen Cooking reist eine Zürcher Delegation in die gastronomisch führende dänische Hauptstadt Kopenhagen. Im Fokus steht die Eventreihe Zürich meets Copenhagen, bei der sich die Zürcher Gastronomie der Öffentlichkeit mit innovativen Ideen präsentiert.

«Hej København, Zürich hilser dig!» Beim Dänisch haperts beim Autor dieses Textes zwar erheblich, aber, so viel sei gesagt, das kümmert die Menschen in Kopenhagen herzlich wenig. Auch dann, wenn eine Delegation aus Zürich Ende August die Stadt an der Ostsee anlässlich des Foodfestivals Copenhagen Cooking besucht.
Nach Besuchen in Berlin, London, New York und San Francisco in den vergangenen Jahren reisen dieses Jahr insgesamt knapp 70 Personen aus den
Bereichen Gastronomie, Tourismus, Wis­senschaft und Politik in die dänische Hauptstadt. Anlass dafür ist das in Dänemark allseits bekannte Foodfestival Copenhagen Cooking, welches Jahr für Jahr die dänische Essenskultur zelebriert und neue Konzepte vorstellt. Zum ersten Mal überhaupt lädt das Festival dieses Jahr mit Zürich eine Stadt dazu ein, ihre einheimischen Produkte, ihre Gastronomie und ihre Kultur der dänischen Bevölkerung zu präsentieren. «Die Reise nach Kopenhagen ist für uns eine grosse Erfahrung und eine Chance. Zudem lernen wir hier viele Menschen aus der Gastroszene kennen», sagt Raphael Guggenbühl, Mitinhaber des Kulturlokals Rank im Zürcher Niederdorf und Vorstandsmitglied von Gastro Stadt Zürich.

Eine Bühne für Zürcher Produzenten

Dazu finden während vier Tagen zahlreiche Events über die Stadt verteilt statt. Am Israels Plads in der Innenstadt präsentieren Zürcher Produzenten in einem eigens für das Festival aufgestellten Zürich-Festival Hub ihre Produkte aus der Stadt und ihrer Umgebung. Eröffnet wird der Hub von der Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP), welche zusammen mit Stadträtin Simone Brander (SP) und den Stadträten Andreas Hauri (GLP) und Michael Bau­mer (FDP) mit dem Zug nach Kopenhagen gereist ist. «Es ist eine grosse Ehre für uns, die Produkte und die Gastronomie aus der Stadt Zürich hier präsentieren zu dürfen», sagt sie in ihrer kurzen Eröffnungsrede.

Unter den Produzenten befinden sich bekannte Zürcher Pioniere, die sich mit ihren Produkten in Zürich einen Namen gemacht haben. Dazu gehört beispielsweise Mika Lanz, der in Oerlikon ZH die beiden Würste Stadtjäger und Zwickerli aus hundert Prozent Stadtzürcher Biofleisch sowie die pflanzliche Rohwurst aus Gemüse herstellt.
Ergänzt wird das Programm mit Workshops und Tastings im Festival Hub. Laura and Fabia Löw von Löw Delights stellen ihre veganen Schokoladenkreationen vor, das Publikum degustiert freudig. Jennifer Kiessling von The Mindful Drinking Club zeigt in ihrem Workshop, wie sich alkoholfreier Wein aus Norwegen, Dänemark und Schweden ideal mit Schweizer Käse kombinieren lässt. In einer offenen Diskussions- und Fragerunde beantwortet sie zudem Fragen zu den Produkten aus dem Publikum.

Daneben wagen die Zürcher Gäste ein mutiges Experiment: Sie bieten dem dänischen Publikum Hot-Dogs, notabene eines der dänischen Nationalgerichte schlechthin, an. Dabei stehen zwei Versionen – eine mit einer traditionellen Fleischwurst und eine mit einer veganen Wurst – zur Auswahl. Das Fazit: «Nicht schlecht», meint eine Passantin, «aber ans dänische Original kommen die beiden Versionen nicht heran», sagt sie mit einem Augenzwinkern.

Viel Raum für die Gastronomie

Den Höhepunkt aus gastronomischer Sicht bilden die Abendevents, welche jeweils in diversen Lokalen der Stadt stattfinden. Den Start macht GastroFutura mit einer Podiumsdiskussion rund um das Thema des ökologisch biologischen Kartoffelanbaus mit all seinen Facetten und Problemen, im Anschluss wird ein vegetarisches Dreigängemenü serviert.

Am Samstagabend präsentiert der Verein Soil to Soul einen Viergänger, gemeinsam gekocht von Carlos Navarro vom Restaurant Rechberg in Zürich und Morten Piester vom Øens Have in Kopenhagen. Parallel dazu verwöhnt Luca Frei (Nomads Zürich) zusammen mit Jonas Keller and Oliver Thygesen vom Restaurant V’italian in Kopenhagen seine Gäste mit einem veganen Fünfgängemenü.

Passende Häppchen zu Musikstücken

Höhepunkt ist der Event, den das Kulturlokals Rank mit Chefköchin Michaela Frank am Donnerstagabend im Kultlokal H15 im hippen Viertel Vesterbro ausrichtet. Zum Dreigängemenü, bestehend aus einer Vorspei­se mit Tomatensalat, geröstetem Brot, Kräuteremulsion, Nektarine, Minze und geriebenem alten Ziegenkäse, einem Hauptgang mit Congee mit Champignons, Essiggurken, Nusskernen, grünem und geschmortem Gemüse, und einem Dessert mit Mascarpone-Himbeerquark, garniert mit Baiser und Thymian, gesellt sich ein musikalisch-kulturelles Programm. Nach dem Hauptgang gibt das skandinavische Disco-Duo RKDIA ein Konzert. Währenddessen serviert die Crew vom Restaurant Rank in Zürich, in regelmässigen Abständen und auf die jeweiligen Musikstücke abgestimmt, sieben verschiedene Häppchen. Darunter einen Lollipop aus kandiertem Kürbis, in Schokolade getaucht, mit Cornflakes und Knallbonbons, oder ein Zwiebelkeks, gefüllt mit Whiskey-Karamell. Komplettiert wird diese musikalische Fusion mit einem Projekt von zwei Studentinnen der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Zu den Klängen und dem Essen verteilen sie jeweils Zettelchen mit Fragen, die zum Nachdenken anregen, um die Teilnehmenden so zusammen mit der Musik in eine eigene Gedankenwelt zu entführen.

Gegenseitige Wertschätzung

Das Programm kommt sowohl bei der Delegation als auch bei den dänischen Gästen gut an. «Wir haben überwiegend positives Feedback erhalten», bilanziert Guggenbühl, der die Präsentation Zürichs in Kopenhagen als wichtigen Schritt für die Zukunft einstuft. «Der Besuch in Ko­pen­hagen ist für uns eine super Gelegenheit, unsere Gastronomiekonzepte zu präsentieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen», so Guggenbühl. Gerade weil Kopenhagen als grosse Food- und Gourmetstadt gelte, werde die Zürcher Gastronomie enorm von diesem Besuch profitieren.

Erfreut über den Besuch der Schweizer Delegation ist auch Katja Seerup Clausen, Direktorin des Festivals Copenhagen Cooking. «Es ist sehr aufregend, Zürich als erste Gaststadt überhaupt bei uns begrüssen zu dürfen», sagt sie. Dies habe einen positiven Einfluss auf die Gastronomie in der Hauptstadt. «Kopenhagen wird als die Gourmetstadt bezeichnet, weil sie Einflüsse von anderen Küchen übernommen und integriert hat. Da Zürich in vielen Bereichen – etwa in der Kreislaufwirtschaft, bei der Nachhaltigkeit oder bei der Innovation – Pionierarbeit leistet, ist der Besuch für uns von grosser Bedeutung.» Besonders im Bereich vegane Küche, gerade auch im Fine-Dining-Segment, seien Zürich und die restliche Schweiz sehr stark. «Da kann die dänische Küche sicherlich noch einiges lernen», meint Clausen.

Dieses Voneinanderlernen sieht auch Guggenbühl: «In Dänemark wird oftmals einfach gehandelt und nicht lange nachgedacht. Lösungsorientiertes Arbeiten ist hier Trumpf. Da kann die Schweizer Gastronomie sicher noch etwas lernen.»

Katja Seerup Clasen

Katja Seerup Clasen ist Direktorin des Foodfestivals Copenhagen Cooking. (Bild: zVg)

Foodstrategie verbessern

Mit besonderer Vorfreude angereist ist Stadtrat Andreas Hauri. Der grünliberale Politiker engagiert sich als Vorsteher des Gesundheits- und Umweltdepartements seit Jahren für eine nachhaltige und innovative Foodstrategie in der Stadt Zürich. Ein grosser Schritt dazu wurde im März dieses Jahres gemacht. Damals lancierte die Stadt Zürich gemeinsam mit dem Gastroverband Gastro Stadt Zürich und healthy3.ch eine Charta für ein klimafreundliches Angebot in der Gastronomie, welche mittlerweile bereits über 50 Betriebe unterzeichnet haben. «Kopenhagen verfolgt im Grunde genommen den gleichen Ansatz wie wir. Nur: Sie sind in Sachen Nachhaltigkeit, Reduktion von Foodwaste und Innovation weiter als wir», stellt Hauri fest. Insbesondere das Marketing und die Kommunikation seien im hohen Norden besser und brachten mehr Betriebe und Menschen dazu, sich mit nachhaltigerer Gastronomie auseinanderzusetzen.

Stadtpräsidentin Mauch pflichtet dem bei und ergänzt: «Kopenhagen zeigt, wie es geht. Es geht um eine Reduktion der klimaschädlichen Ernährung und Gastronomie, nicht um ein radikales Verbot.» Als Beispiel nennt sie den Konsum von rotem Fleisch. «Den soll es weiterhin geben, ganz klar. Aber weniger davon, dafür mehr Alternativen, die genauso gut sein können wie rotes Fleisch», sagt sie. Dieser Prozess sei in Zürich dank einer jungen Generation von Gastronominnen und Gastronomen bereits im Gang, beispielsweise mit Restaurants wie dem Kle von Zizi Hattab, welches zeige, dass Genuss auch durch innovative Lösungen möglich sei.

Besuch beim Schweizer Botschafter

Eine besondere Ehre kommt der Delegation am Freitagabend zu: Sie wird von Mauro Reina, seit Anfang August neuer Schweizer Diplomat für Dänemark mit Sitz in Kopenhagen, in die Schweizer Botschaft eingeladen. Bei der Party im Garten der Botschaft tauscht sich Reina mit der Delegation aus und geniesst das Essen, welches von Luca Frei vom Nomads Zürich zubereitet wird. Er serviert den Gästen zum Einstieg pflanzliche Austern mit französischer Vinaigrette, danach Kroketten mit Salat und einer Bernaise, Randen auf Brioche mit Estragon und Meerrettich, glasierte Corn Ribs mit knusprigem Buchweizen und fermentiertem Gemüse - und zum Dessert ein Sanddornsorbet mit weisser Schokolade und Mandeln.

Den krönenden Abschluss des viertä­gigen Zürcher Besuchs bildet das grosse Mittagessen am Sonntag auf dem Festivalplatz. Andreas Handke, Co-Gründer von GastroFutura und Inhaber des Bistro Babette in Zürich, und Sara Hochuli, Inhaberin des Café Miyuko in Zürich, verwöhnen die Delegation und die Kopenhagenerinnen und Kopenhagener in Kooperation mit Copenhagen Cooking und der Markthalle TorvehallerneKBH zum letzten Mal, bevor auch Copenhagen Cooking zu Ende geht. Ein würdiger Abschluss für Zürich und Kopenhagen, welche in kurzer Zeit gastronomisch so nahe zusammenrückten wie niemals zuvor.