Ohne Kategorie

Leidenschaft und Freude

Peter Grunder – 07. September 2017
Er gehört zu den Fachkräften, zu ­denen man Sorge tragen muss: Koch EFZ und motiviert, dranzubleiben.

Er habe «immer schon gern mit Essen zu tun gehabt», sagt Andreas Steger, der im Frühsommer seine Lehre als Koch EFZ abgeschlossen hat. Zu tun habe das besonders auch mit seiner Mutter, die von den Philippinen stammt, meint Steger: «Schon vor der Lehre hat mich das interessiert.» Dreimal sei er schnuppern gegangen, im ersten Betrieb habe es ihn beinahe umgehauen: den ganzen Tag auf den Beinen, «ein krasser Einstieg», sagt der athletische junge Mann. «Es hat mir fast abgestellt, aber ich habe auch gesehen, was auf mich zukommt.» Trotz Frust sei «die Leidenschaft fürs Essen und die Freude, für Kollegen zu kochen», immer noch da gewesen.

«Ich habe gesehen, was auf mich zukommt»
Als er dann im Grand Café Restaurant Schuh, nur wenige Schritte entfernt von seinem Elternhaus, geschnuppert habe, sei er für sein Engagement gelobt worden: «Das hat mich wieder motiviert.» «Der Einstieg war schwer», erzählt er, belastet hätten ihn erst die unregelmässigen Arbeitszeiten: «Stress hatte ich noch nicht so, weil ich ja alles lernen musste». Von Saison zu Saison sei er dann aber hineingewachsen in den Beruf und den Betrieb. Das Grand Café Schuh ist ein Abbild des Standorts Interlaken und der gastgewerblichen Branche: Die Wechsel in den Teams sind fast so gross wie die Schwankungen der Gästezahlen. «Wenn das Team gut ist, wenn man gut vorbereitet ist, das Mise en Place nicht leer und niemand am Pass stresst, dann ist das positiver Stress», bringt der Jungkoch eine der grossen gastronomischen Herausforderungen auf den Punkt. Dass es nicht immer klappt, ist für Steger klar. Wenn aber zu viel nicht stimme im Umfeld, litten darunter alle: «Es geht darum, ob man noch mit Stolz und Leidenschaft dabei ist oder einfach nur noch raushaut.»
«Ob man noch mit Stolz und Leidenschaft dabei ist»
Er arbeite gern mit verschiedenen Komponenten und Farben», erläutert Andreas Steger, er richte gerne speziell an, verfolge im Internet entsprechende kulinarische Entwicklungen und stehe nicht besonders auf Dinge, die schon immer so gemacht worden seien. Zum Ausbildungswesen hat Andreas Steger klare Positionen: Bezogen auf die Betriebe war er überrascht, dass es praktisch unmöglich ist, die geltenden Regeln einzuhalten – und dass alle das wissen. «Wenn die Beteiligten besser zusammenarbeiten würden, wäre die Situation sicher besser», weist er auf eine Lösung. Eine andere Lösung liegt für ihn in den Betrieben selbst: «Es bringt auf Dauer wahrscheinlich mehr, gute Fachkräfte gut zu bezahlen, anstatt mit billigen, ständig wechselnden und meist aus dem Ausland stammenden Leuten möglichst viel sparen zu wollen.» «Es ist toll, wenn man auf seinem Posten etwas kreieren kann, wenn der Chef daran Freude hat und man es umsetzt», umschreibt er ein motivierendes Umfeld. Auch hier ist sein Fazit mit Blick auf die eigene Lehre und auf die Erfahrungen der Kollegen in anderen Lehrbetrieben zwiespältig – und das richtige Vorgehen doch völlig klar: «Es ist cool, mit Leuten zu arbeiten, die Berufserfahrung haben und dir etwas zeigen, das du nicht in jedem Rezeptbuch findest.» Mit Blick auf die Berufsschule hinterfragt er vorab den breiten Anforderungskatalog: «Man sollte mehr übers Kochen lernen und weniger Themen behandeln, die wenig damit zu tun haben.»
«Toll, wenn man auf seinem Posten etwas kreieren kann»
Zwar kann er sich vorstellen, dass Blockkurse geeigneter sind, um Schulstoff zu vermitteln: Denn wenn man nach Feierabend herunterfahre und an die Schule am Morgen denke, sei das ähnlich mühsam, wie wenn man in der Schule sei und daran denke, was am nächsten Tag im Betrieb abgehe. Auch hier ist das Fazit zwiespältig – der Tag in der Schule sei ja auch eine Abwechslung. Andreas Steger schätzt, dass etwa ein Drittel der Jungköche seines Jahrgangs im Beruf bleiben wird: «Sie bringen die nötige Leidenschaft mit.» Auch er selbst will weitermachen: zuerst die Sommersaison im Lehrbetrieb beenden, anschliessend richtig Ferien machen und dann einsteigen. Ihm schwebt als erster Schritt ein städtisches Umfeld vor, in dem eine moderne und kreative Küche gepflegt wird. «Ich möchte zuerst in der Schweiz Berufserfahrung sammeln und dann nach Möglichkeit ins Ausland gehen und mich weiterentwickeln.» Das Fernziel ist Andreas Steger auch schon klar: «Mein Traum ist ein eigener Betrieb.»