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Der erfahrene Mario Garcia

Caroline Goldschmid – 24. Januar 2018
Faszinierte Zuschauer, interessierte Sterneköche, qualifizierte Kandidaten: Und über allem schwebte der Geist von «Monsieur Paul».

«Ich hatte ein gutes Gefühl, alles verlief wie vorgesehen. Ich war ­extrem gut vorbereitet und reklamiere für mich, dass ich den Sieg ein Stück weit verdient habe.» Mario Garcia, Gewinner des Bocuse d’Or Suisse, steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Wie gedenkt er seinen Erfolg zu feiern? «Ich werde nach Hause gehen, das Material waschen und viel schlafen, denn jetzt beginnt es, ernst zu werden.» Der 27-jährige Koch, der in Horw seine eigene Kochschule führt, hat kaum Zeit, seinen Triumph auszukosten, denn in weniger als fünf Monaten wird er erneut um die Wette kochen. Die Gewinner der nationalen Ausscheidungen werden beim Bocuse d’Or Europe am 11. und 12. Juni in Turin gegeneinander antreten und die dortigen Gewinner dannzumal im Januar 2019 in Lyon.

Auf jeden Fall zeigte Mario Garcia am Montag eine grossartige Leistung. Während fast sechs Stunden gab er alles und vermochte sich gegen seine bedeutenden Konkurrenten, Christoph Hunziker, Dave Wälti und Thomas Wycisk durchzusetzen. Machte seine Vorspeise «Sautierter Frutiger Stör mit Kräuter-Hüttenkäse-Farce, Kräuterpulver und Frischkäse» den Unterschied? Oder etwa sein Hauptgang «Lammrückenfilet mit Morcheln und Eierschwämmli, Buchweizenmantel mit Himbeeren, Thymian und Speck, Preiselbeer-sauce»? Auf jeden Fall vermochte er sich mit der Präsentation seiner Gerichte von den anderen abzuheben. Seine Zubereitungen platzierte er in Vertiefungen auf einer eigens hergestellten Holz­platte, die mit dem Wettbewerbs­logo versehen war. Er ging sogar noch einen Schritt weiter, indem er seiner Vorspeise einen Prospekt beilegte, der Fotografien seiner ­Umsetzungen enthielt.

In seiner Box vertiefte sich Mario Garcia von 9 Uhr bis 15 Uhr in seine Arbeit, und war sich nur ab und an bewusst, dass er am Bocuse d’Or Suisse teilnahm, der unvergesslich bleiben wird. Mehrere Neuerungen prägten den Wettbewerb (siehe Interview unten) und selbstredend stand der Kochwettbewerb unter dem Eindruck des Todes seines Erfinders und Namengebers Paul Bocuse. Der Name des «Papstes» der französischen Gastronomie, der am 20. Januar im Alter von 91 Jahren starb, war in aller Munde.

«Er war ein grosser Mann», sagte Franck Giovannini, Wettbewerbs- und Jurypräsident sowie Drei-Sterne-Koch im Restaurant Hôtel de Ville in Crissier. Er ist voll des Lobes für den verstorbenen Spitzenkoch, der von Gault Millau zum Koch des Jahrhunderts ausgezeichnet wurde. «Er liebte das Produkt, und er schätzte die Köche. Er war der beste Botschafter der Küchengeschichte. Er war äusserst liebenswürdig und grosszügig! Alle mochten Monsieur Paul sehr gerne. Man musste ihn einfach gern haben. Er wird die Gastronomie dauerhaft prägen. Gibt es eine bessere Würdigung als all die jungen Köche, die am Wettbewerb teilnehmen? Und die Köche aus der ganzen Welt, die zusammenkommen? Auch das gehört zum Bocuse d’Or.»

Der grosse Paul Bocuse nahm vor ­einigen Jahren als Ehrenpräsident, zusammen mit Frédy Girardet, ehemaliger Chef im Restaurant ­Hôtel de Ville, an der Schweizer Ausscheidung des Bocuse d’Or teil. Der 81-jährige Frédy Girardet erwies dem Wettbewerb durch seine ­Anwesenheit am vergangenen Montag die Ehre. «Wo du auch bist, ich grüsse dich. Du wirst uns fehlen, lieber Paul, denn du wirst als Legende fortbestehen.» Einige Minuten vor der Siegerehrung griff an diesem ganz speziellen Tag auch Ehrenpräsident Joël Robuchon zum Mikrofon. «Ich möchte den Kandidaten zu ihrer Sensibilität, ihrem Können und ihrer Liebe zum Beruf gratulieren. Ich bin sehr gerührt.» Die Veranstaltung endete mit der Überreichung eines Checks in der Höhe von 4000 Franken, den Mario Garcia von GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer entgegennahm.

Paul Bocuse ruhe in Frieden: der Nachwuchs ist gesichert. Die 16 Chefs der Degustationsjury, darunter Anton Mosimann, lobten alle das aussergewöhnlich hohe Niveau des Wettbewerbs. Die Zuschauer, die sich unablässig vor den Boxen und dem Geschehen drängten, wollten sich vom Kochspektakel nicht das Geringste entgehen lassen. Die «Cuvée 2018» darf als ausser­gewöhnlich qualifiziert werden. Anna Pernet erinnerte daran, dass ein solcher Event nur möglich ist, dank all denen, die im Hintergrund arbeiten. «Wir sind rund 60 Freiwillige, davon mehr als 20 Studenten der Ecole Hotelière de Genève, die im Einsatz stehen. Das gesamte Team besteht aus Leuten, die mit Leidenschaft dabei sind, und jedes Jahr wiederkehren.»