Hotellerie

Zuerst per Web, später direkt

Johanne Stettler – 16. März 2017
Buchungsplattformen sind stark und stärker. Beherberger aber auch.

Die Buchungsplattformen (OTA) legen zu und bringen die Hotellerie in ein Abhängigkeitsverhältnis. Professor Roland Schegg, Dozent an der Schweizerischen Tourismusfachschule der Fachhochschule Westschweiz HES-SO in Siders und Forschungskoordinator am Institut für Tourismus (ITO), hat in dieser Hinsicht einen hervorragenden Überblick. Er forscht und publiziert regelmässig und gehört zu den wichtigsten Kräften beim Walliser Tourismus-Observatorium. GastroJournal: Warum nimmt die Bedeutung der OTA weiter zu?
Roland Schegg: Der Anstieg der Reservationen kann durch eine Erhöhung der Online-Marketingmittel bei den OTA erklärt werden. So hat die Priceline-Gruppe, zu der etwa Booking.com oder Kayak gehören, 2016 umgerechnet fast 3,5 Milliarden Franken für Werbung ausgegeben. Erklärungsansätze ­liefern aber auch die technologischen Weiterentwicklungen und die Intensivierung der Reservationen per Smartphone. Ins Gewicht fallen kann schliesslich auch eine preisbewusste Kundschaft, die Plattformen durchforstet, um die besten Angebote zu finden. Und wer sind die besten OTA?
In der Schweiz eindeutig Priceline, sie schöpfte hier letztes Jahr 73,3 Prozent der Online-Buchungen ab. Expedia stand mit 11,9 Prozent auf dem zweiten Platz, wobei Expedia stark ist in der städtischen Hotellerie und im Luxusbereich. Was bedeuten die Entwicklungen für die Direktreservationen?
Sie sind unter 60 Prozent gefallen, und wir können davon ausgehen, dass sie unter 50 Prozent fallen werden. Das bedeutet letztlich, dass der Beherberger die Kontrolle über die Kanäle verliert und der Vermittler noch mehr Bedeutung bekommt. Haben die Beherberger eine Wahl?
Vor dem Hintergrund der Internationalisierung nicht wirklich. Es ist schwierig, zum Beispiel mit Gästen aus Asien mittels Direktbuchungen zu operieren. Priceline etwa bewirtschaftet die Inhalte in 42 Sprachen, und wenn ein Schweizer Hotel in drei Sprachen auftritt, ist das schon eine Leistung. Mit anderen Worten: Man kommt nicht um diese Akteure herum, wenn man international aktiv sein will. Direktbuchungen bleiben zentral?
Reservationen per Telefon oder E-Mail funktionieren gut mit Schweizer Gästen und mit Stammgästen – und weniger gut mit ausländischen Gästen. Insgesamt könnten die Internet-Kanäle bis 2020 die Direktreservationen praktisch ersetzt haben. Wie soll man sich auf den Wandel ­einstellen?
Es ist gut, wenn die OTA dazu ­dienen, Gäste zum ersten Mal in ­einen Betrieb zu bringen. In der ­Folge liegt es am Beherberger, sie zu überzeugen, weiterhin zu kommen und dabei von bestimmten Vorteilen direkter Buchungen zu profitieren – Hotelketten tun das etwa mit Treueprogrammen.