Hotellerie

Schweizer Leuchtturmprojekte

Christine Bachmann – 14. Juni 2018
Die Jury hat aus über 30 eingegangenen Projekten vier für den Hotel Innovations-Award 2018 nominiert. Der Gewinner wird am 19. Juni am Hotel Innovations-Tag in Zürich verkündet. Was die einzelnen Projekte auszeichnet: ein Überblick.

Hotel Waldhaus, Bettmeralp GJ24 Accueil Hotel Waldhaus 3Das Hotel Waldhaus ist eine Einzelfirma von Ernest Berchtold. Geschäftsführerin ist seine Tochter Daniela Berchtold, die nach der Pensionierung ihres Vaters im September 2019 die Firma übernehmen wird. War die Positionierung des ruhig gelegenen, familiären Hotels in der Aletsch-Arena bislang eher schwierig, soll nun eine Neupositionierung Klarheit schaffen. Mit dem Projekt «Holz100» wollen Berchtolds aus dem Hotel Waldhaus eine Energietankstelle kreieren. Konkret sollen die bestehenden Südzimmer ausgehöhlt und mit «Holz100»-­Elementen vergrössert werden – es entstehen dadurch sechs neue Südzimmer. Diese bestehen aus Schlaf- und Wohnbereich aus Vollholzwänden, der Nassbereich wird mit Lehmwänden ergänzt. Auch das Innenleben der Zimmer soll auf die Kraft der Bäume aufmerksam machen. Hüsler Nest Betten mit Arvenholz sorgen für einen gesunden Schlaf, die Griffe des Kleiderschrankes werden mit unbehandelten Baumästen gestaltet, und über den Betten schmücken Fensterläden in Form von Stammbohlen das Zimmer. Ein Bild und Beschrieb dieses Baumes machen den Gast auf die spezielle Kraft «seines» Baumes aufmerksam. In einer kleinen «Baum-Bibliothek» findet er weitere Literatur über die Bäume und die «Holz100»-Baubiologie. Neben den «Holz100»-Zimmern bieten Berchtolds ihren Gästen auch eine regionale und biologische Küche mit vegetarischen und veganen Alternativen an. Das Wohlfühlangebot beinhaltet weiter Massagen, Cranio Sacral- und Shiatsu-Therapien, einen Barfussweg sowie Yoga und Qi-Gong-Angebote. Mit der Neupositionierung wollen Berchtolds die Netto-Auslastung um über 10 Prozent erhöhen. Der durchschnittliche Zimmerpreis soll sich dank der Einzigartigkeit der «Holz100»-Zimmer ebenfalls steigern. Die Investitionssumme von 1,8 Millionen Franken – hierfür wurde unter anderem auf Crowdfunding zurückgegriffen (GJ hat berichtet) – verspricht dem Waldhaus eine nachhaltige Zukunft. _____________________________________________________________________________________________ Nestwood SA, Nax

GJ24 Accueil NestwoodLeben, atmen und schlafen hoch oben in den Baumwipfeln. Das möchte Bertrand Bitz, Direktor von Hérémence Tourisme und Eigentümer der Nestwood SA, den Gästen im Val d’Hérens in naher Zukunft anbieten können. Das Projekt hat Bitz bislang einiges abverlangt: Bereits im Juni 2006 von ihm initiiert, stiess es in den ersten Jahren auf etliche Widerstände – unter anderem sah das Bundesforstgesetz für die Errichtung von solchen Baumhäusern eine Bauzone vor. Erst 2015 kam für das Projekt die Wende, nachdem die Bevölkerung von Mont-Noble einen Zonenwechsel unterstützte und im Juni 2016 der Kanton Wallis eine Genehmigung für den Bau solcher Häuser erteilte. Eine ökonomische Studie wies zudem im Februar 2018 die Tragfähigkeit des Konzepts nach. Läuft nun alles weiterhin nach Plan, so werden die Gäste im Mai 2019 erstmals in luftiger Höhe übernachten können. Das Nestwood-Konzept richtet sich an Gäste, die einen sanften und anderen Tourismus suchen. Konkret stehen 8 Baumhäuser zur Verfügung – 6 Standardhütten für Paare und Familien (24 Betten), 1 Deluxe Kabine & Spa exklusiv für Paare (2 Plätze) sowie 1 Suite & Spa-Hütte für Paare/Familien – sie kann auch als modulare Seminarhütte mit Matratzen auf dem Boden für Gruppen (8 Betten) genutzt werden. Kostenpunkt für die Gäste je nach Ausstattung: 390 bis 990 Franken. Im Grundpreis inbegriffen sind ein Begrüssungsapéro sowie ein regio­naler Picknickkorb, den die Gäste mit einem Flaschenzug in die Hütten heraufziehen können. Alle Baumhütten sind übrigens komplett rückbaubar. Der Zugang erfolgt über einen Parkplatz am Fusse des Waldes. Ein- und auschecken können die Gäste im Empfangs­pavillon in unmittelbarer Nähe der acht Hütten. Hier erfolgt auch die ganze notwendige Logistik. Wichtig ist Bertrand Bitz beim Projekt zudem, dass Synergien mit den bestehenden Strukturen der Gemeinde sowie Aktivitäten in der Region genutzt werden. _____________________________________________________________________________________________ Hotelkooperation Frutigland 015 haben sich 11 Hotelbetriebe aus Adelboden, Frutigen und Kandersteg zur Hotelkoopera­tion Frutigland zusammengeschlossen. Die Kooperation ist in ihrer Grösse einzigartig in der Schweiz, allumfassend und integriert alle unternehmerischen Managementbereiche. Somit geht es nicht nur ums gemeinsame Sparen, sondern vor allem auch darum, gemeinsam Mehrumsätze zu generieren. Entstanden ist die Kooperation aus dem Bedürfnis heraus, «gemeinsam aktuelle Herausforderungen professionell, proaktiv, nachhaltig und zukunftsgerichtet zu lösen». Denn gerade Hotel- und Gastro­betriebe in den Randregionen haben einen schweren Stand. Neben Veränderungen wie Strukturwandel oder Konsolidierungsprozesse führt die immer grössere Flut an Regeln, Gesetzen, Bestimmungen und Kontrollen zu einer Überforderung der Gastgeber, die kaum noch Gastgeber sein können. Die Kooperations-Partner haben sich vorgängig in begleiteten Workshops intensiv auf dieses Projekt vorbereitet. Erarbeitet wurde ein 17-Punkte-Plan, an dem in den letzten zweieinhalb Jahren mit viel Engagement gearbeitet wurde. Hauptziele der Kooperation sind:

  • Stärkung der Ertragskraft
  • Die Erhöhung der Professionalität
  • Die Konzentration auf die Gastgeberfunktion
  • Die Wahrung der Individualität und Unabhängigkeit des Einzelnen
  • Der Aufbau, die Entwicklung und die Führung der Kooperation als regionales Tourismusnetzwerk in enger Koordination mit anderen Leistungsträgern und Organisationen in der Destination.
Ab 2019 steht die Hotelkooperation Frutigland (zwischenzeitlich noch mit 9 Betrieben) nun auf eigenen Beinen in Form einer Genossenschaft – und ist bereit, neue Betriebe auf Basis eines Franchising-Vertrages aufzunehmen. Ziel ist es, das erarbeitete Wissen, die verhandelten Marktvorteile und die Innovationskraft anderen Hotels zugänglich zu machen. Im Fokus stehen diese Kernbereiche, welche über die jetzige Projektphase hinausgehen. _____________________________________________________________________________________________ Centro Sci Nordico Campra SA, Campra GJ24 Accueil CampraDas Centro Sci Nordico di Campra liegt im Tessiner Bleniotal und ist eines der am besten ausgestatteten Langlauf-Skizentren der Schweizer Alpen. Da das heutige Gebäude jedoch aus den 70er-Jahren stammt, besteht Bedarf für eine komplette Neugestaltung – nicht nur wegen des Alters, sondern auch, um auf die steigenden Ansprüche der heutigen und zukünftigen Kundschaft zu reagieren. Zudem soll sich das Zentrum mittels ökologischer Bauweise noch mehr in die Natur und Umgebung integrieren. Die Modernisierung der bestehenden Einrichtungen wird im ­Wesentlichen unter Beibehaltung der Unterkunftskapazitäten durch­geführt. Jedoch wird die ­Infrastruktur mittels modularer und anpassungsfähiger Einrichtung multifunktional. Die Bedürfnisse für Kunden im Winter wie auch im Sommer können so individuell abgeholt werden. So stehen den Gästen im Winter 80 Hotelbetten zur Verfügung, im Sommer indes nur 34 Hotelbetten, dafür 70 Ferien-Koloniebetten, die sich in Schlafsäle mit Achtbett-, Zwölfbett- und Zwanzigbett-Zimmern befinden. Weiter richten die Initianten die neuen Zimmer auch auf die Bedürfnisse von Menschen mit einer Behinderung ein. In der Restauration stehen den Gästen im Winter im Selbstbedienungs-Restaurant 52 Plätze zur Verfügung, plus 72 auf der Terrasse. Im Sommer sind es 124 Plätze, plus 114 im Self-Service-Bereich. Weiter soll unter anderem ein Energiekonzept (Kombination von Strom, thermische Solaranlagen, geothermische Energie und Energie aus Propangas) umgesetzt werden, das gemäss geltenden Vorschriften im Bereich der subventionierten Bauten verlangt wird. Kostenpunkt des Projektes: 16,2 Millionen Franken. Um die wichtige Umstrukturierung und Neuqualifizierung des Zentrums durchzuführen und auch in Zukunft eine solide Finanzstruktur zu gewährleisten, wurde eine Kapitalerhöhung durch Zeichnung von Aktien für Privatpersonen und institutionelle Einrichtungen durchgeführt.
GJ24 Accueil Nestwood