Hotellerie

Schale für den weichen Kern

Franziska Richard – 03. August 2017
Wie die ­Branche selbst, ist auch die Mitarbeiterkleidung in der Gastronomie und Hotellerie im Wandel. Ein wichtiger Grundsatz lautet: Kleiden statt verkleiden.

Hier das Trendlokal, das auf die lederne Latzschürze im Kitchen-Style setzt, dort das klassische Hotel, das seine Mitarbeitenden im Kompetenz und Professionalität ausstrahlenden Business-Look ausstaffiert. Die sukzessive in die Berufswelt gleitende Millennium-Generation fordert die Restaurant- und Hotel- betreiber heraus, eine nicht nur hinsichtlich Corporate Identity stimmige Kleidung umzusetzen. «Sie muss lässig und modisch sein, dem Mitarbeiter Spass machen und ihm Komplimente einbringen, was ihn in seiner Funktion bestärkt und motiviert», sagt Bettina Meissner, CEO und Mitinhaberin von Image Wear in Zürich, einer auf Corporate Fashion spezialisierten Firma. «Die Mitarbeiterkleidung kann sehr viel zu einem guten, aber auch sehr viel zu einem schlechten Arbeitsklima beitragen», sagt auch Philipp Baranovic, Inhaber von Würtenberg Design AG in Meilen. Mitarbeiter, die sich in ihrer Kleidung wohl und sicher fühlten, seien gute Botschafter des Unternehmens. Die einheitliche Kleidung stärke auch den Teamgeist. Für eine gute Akzeptanz der Mitarbeiterkleidung sollten zeitgemässe, sprich: modische Kleidungsstücke, eingesetzt werden. Das heisst derzeit: körperbetonte und tendenziell schlichte Stücke, bei denen mit Farbe und gut gewählten Accessoires individuelle Akzente gesetzt werden. Zugute kommen diesem Trend die mit elastischen Garnen ausgestatteten Mischmaterialien in Baumwolle und Polyester sowie Wolle und Polyester. Philipp Baranovic gibt allerdings zu bedenken: «Die körperbetonte Kleidung lässt nicht jeden Körper vorteilhaft erscheinen.» Insofern rät er, Schnitte mit etwas Reserve zu wählen. Bei der Corporate Fashion, wie die Firmenkleidung auch heisst, kommt man weg von der plakativen Vermittlung der Marke mit prominent gesetzten Logos und der Unternehmensfarbe. «Die CI/CD-Hörigkeit ist passé», sagt Philipp Baranovic. Vielmehr dient die Mitarbeiterkleidung heute einfach als Image­verstärker und dazu, Atmosphäre zu schaffen. In der gehobenen Gastronomie und Hotellerie soll sie auch die Schwellenangst der Gäste mindern, weshalb der Casual Look zusehends auch dort Einzug hält. Für einen solchen hat sich auch das Hotel Waldhaus Flims entschieden: Chino-Hose, dreifarbige Hemden und Schürze – umgesetzt von Image Wear. Teil des Casual Looks sind da Kopfbedeckungen wie auch Latzschürzen aus Leinen oder Leder. Längst ist die klassische Uniform, die einen Beruf repräsentiert, durch Cor­porate Fashion abgelöst worden. Heute werden die einzelnen Bereiche und Berufe (Reception, Service, Housekeeping etc.) und auch Positionen in der Kleidung oftmals nicht mehr unterschieden. Mit der Einheitskleidung lassen sich nicht nur Kosten sparen, das Label kann so durchschlagender kommuniziert werden. Doch Achtung: Alles Überdefinierte verkommt zur Verkleidung. Als Ort der Illusionen, oftmals als Scheinwelt, steht die Kleidung im Hotel und Restaurant allerdings stärker an der Grenze zum Spiel als in anderen Branchen und verlangt vom Träger auch eine grössere ­Bereitschaft zur Verwandlung und Verkleidung. Idealerweise werden die Mitarbeitenden und das Housekeeping (hinsichtlich Unterhalt und Reinigung) in den Evaluationsprozess einbezogen. Schliesslich ist die Akzeptanz der Mitarbeitenden entscheidend. Verpönt sind Kleidungsstücke, die Servilität und Unterwürfigkeit ausdrücken. So hat natürlich auch das weisse Serviceschürzchen ausgedient. Der Mitarbeiter misst dem Tragkomfort einen hohen Stellenwert bei. Wichtige Kriterien sind auch Pflegeleichtigkeit bei der Reinigung, Widerstandsfähigkeit und Strapazierfähigkeit. Im Vergleich mit der Freizeitkleidung ist die Berufskleidung einer deutlich ­höheren Beanspruchung ausgesetzt, weshalb schon mancher Hotel- und Restaurantbetreiber vom Einsatz eines modischen Labels aus der Konfektionsindustrie wieder abgekommen ist. Die normierte Kleidung, also auch Uniformen, wurde zu gewissen Zeiten immer wieder heftig verachtet. Doch letztlich sind es jene Kleider, die die meisten Menschen am liebsten tragen. In ihnen fühlt man sich den Berufskollegen am ähnlichsten, ohne Gefahr zu laufen, lächerlich zu sein.

Checkliste für Coporate Fashion Worauf zu achten ist:

  • Der Evaluierungs- und Produktionsprozess erfordert viel Zeit, deshalb frühzeitig damit beginnen.
  • Die grosse Herausforderung liegt in der Vielfalt der benötigten Kleidungsstücke, die zugleich einen durchgehenden roten Faden haben sollten.
  • Mitarbeitende bei der Wahl einbeziehen. Was gefällt, was nicht? Empfehlenswert ist ein Probetragen.
  • Corporate Fashion kostet. Bei der Qualität sollte man nicht sparen. Hingegen können Kosten gesenkt werden, indem Spezialanfertigungen mit fertigen Konfektionskleidungen (also Standardartikel) kombiniert werden und die Vielfalt der Kleidungsstücke eingeschränkt wird.
  • Ein guter Kompromiss zwischen Qualität und Funktionalität sind Mischgewebe aus Baumwolle und ­Polyester sowie Wolle und Polyester (da robust, waschbar und knitterarm).
  • Indirekte Kosten der Reinigung und Pflege sind nicht zu unterschätzen. Waschbare und bügelfreie oder ­bügelarme Materialien (Mischgewebe, Stoffausrüstung) erleichtern auch das Portemonnaie.
  • Solide Abklärungen hinsichtlich Nachbestellungen und deren Konditionen lohnen sich.
  • Eine überzeugende Corporate ­Fashion lebt von der konsequenten Umsetzung im Tagesgeschäft – eine Führungsaufgabe.