Hotellerie

Menschen vertrauen Marken

Franziska Richard – 07. Februar 2018
Im Zeitalter von Booking & Co. bläst auch klassischen Hotel-Marketing­kooperationen ein rauer Wind entgegen. Doch die neue Konkurrenz hat einige auch stärker gemacht.

Eher die Regel als die Ausnahme: dass Hotels über Booking und andere OTAS mehrfach höhere Buchungen generieren als über die Portale klassischer Marketing-Hotelkooperationen wie Romantik Hotels, Relais & Châteaux, Swiss Historic Hotels, Private Selection etc. Dass die Hoteliers dabei ins Grübeln geraten, dürfte auf der Hand liegen, denn schliesslich bezahlen sie der Hotelkooperation neben den Kommissionen noch Jahresgebühren – meistens in fünfstelliger Höhe. «Globale Präsenz ist noch keine Gewähr für Buchungen», weiss auch Fritz Erni, Direktor im Luzerner Hotel Montana, das sich jüngst von seinem langjährigen Kooperationspartner Small Luxury Hotels getrennt hat. «Wir konnten unser Hotel dank Small Luxury Hotels bestens als Luxushotel positionieren und etablieren. Jetzt trauen wir uns die Vermarktung auch auf den internationalen Märkten selbst zu», weiss Erni und resümiert: «Die Rechnung geht für den Hotelier dann nicht auf, wenn er nur schaut, wie viele Buchungen er am Ende des Tages kriegt. Doch ein solcher oder ähnlicher Verbund hat neben dem Markenaufbau auch sonst viele positive Aspekte, u.a. Inspiration, Austausch und Mitarbeiter-Benefits.» Die Beweggründe, sich für eine Marke zu entscheiden, sollten gemäss Thomas Edelkamp, Vorstandsvorsitzender der Romantik Hotels & Restaurants AG, weit über diese ideellen Motive hinausgehen. Das zentrale Ziel sei und bleibe das Generieren von Buchungen, und das gelinge mit einer starken, zum Hotel passenden Marke auch. Denn: «Menschen vertrauen Marken. Auch für das Einzelhotel, das seine Posi­tion in einem weltweiten, digitalen System finden muss, ist eine Markenbildung überlebensnotwendig, aber im Alleingang im heutigen Umfeld unmöglich geworden», weiss Edelkamp. Die Identifizierung des Kunden mit der Marke finde heute auch mit starker Online-Präsenz und einer bedienerfreundliche Online-Technologie statt. Dies könne ein starker Partner gewährleisten, ist Edelkamp überzeugt. Die Romantik Hotels sind nicht die einzigen, die ihren Partnern in Sachen Online-Marketing tüchtig unter die Arme greifen, indem sie den Hotels beispielsweise auch ein preislich attraktives Baukastensystem für die eigene Website anbieten und die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den grossen Vermittlungsplattformen suchen. Auch Private Selection hat das Online-Marketing, neben einem starken Partner-Marketing, zu einer wichtigen Kompetenz gemacht und – wie viele andere auch – seinen Auftritt verjüngt und aufgefrischt. Tun sie dies am Ende auch, um auf dem Heiratsmarkt attraktiv zu sein? Auch bei Hotelkooperationen gibt es eine kritische Grösse, weshalb Fusionen immer häufiger sind. Die Romantik Hotels haben sich jüngst mit Châteaux & Hôtels Collection aus Frankreich zusammengeschlossen und zählen seither 500 Häuser. Kommunikation und Vertrieb sind das Eine, Inhalte das Andere. Im digitalen Wirrwarr sehnt sich der Konsument nach Einordnung, also sicheren Werten und ganz einfach nach Qualität. Der Qualitätsbrand hat gute Zukunftschancen. Um eben diesen ging es auch dem Fünfsternehotel Lenkerhof an der Lenk, das sich jüngst für die Kooperation mit Relais & Châteaux entschieden hat. Auch im Sinne einer Wechselwirkung: starker Brand, starker Kunde, weniger Preisdruck. «In der Tendenz generieren wir mit dem Relais & Château-Gast die höhere Wertschöpfung, insbesondere im Restaurant und Logement», sagt Direktor Jan Stiller. Das bestätigt auch René F. Mäder, Inhaber des Hotels Doldenhorn in Kandersteg, das der Gruppe vor gut einem Jahr ebenfalls beigetreten ist. Sowohl Stiller als auch Mäder attestieren diesem Gast ein hohes Potenzial hinsichtlich Treue und Direktbuchungen. Unterstützung erwarten die Hoteliers zunehmend auch bei der schwierig gewordenen Mitarbeiterrekrutierung. Doch die vielerorts neu erstellten Jobbörsen zeigen noch nicht ihre volle Wirkung, hingegen erweitert sich durch eine Kooperation das Beziehungsnetz. Die ideale Hotelkooperation versteht sich weiter als Kompetenzzentrum, die auch Trendforschung betreibt und den Hotelier inspiriert. litativen Nutzen versteht das Hotel idealerweise auch die Qualitätsstandards seines Partners. Im Wellnesshotel Golf Panorama in Lipperswil, Mitglied bei den Small Luxury Hotels, ist dies der Fall: «Die Mystery Checks inklusive der individuellen Mitarbeiterauszeichnungen sind ein sehr gutes Führungsins­trument», weiss Direktor Alexandre Spatz. Je stringenter der Brand seine Qualitätsstandards festlegt, desto höher ist das Commitment des Betriebes. Deshalb sei die Frage für ein Hotel langfristig entscheidend, ob man gut zusammenpasse, die gleichen Werte vertrete und ob die Chemie stimme, weiss Hotelière Sandra Schmidt vom Romantik Hotel Schweizerhof in Flims. Oder in Anlehnung an Schiller: Drum prüfe, wer sich lange bindet.  Die passende Hotelkooperation – ein Leitfaden

  • Was sind die Werte und das Erscheinungsbild der Kooperation? Passen beide zu meinem Hotel?
  • Ist eine Übereinstimmung der aktuellen und potenziellen geografischen Märkte meines Hotels und des Kooperationspartners erkennbar? • Wer sind die Mitgliederhotels? Stärken sie meinen Betrieb oder schwächen sie ihn?
  • Kann die Kooperation mein Hotel auch inhaltlich weiterbringen und inspirieren?
  • Wie fit ist die Kooperation im Online- Marketing hinsichtlich Auftritt, Präsenz (SEO) und Technologie (wichtig: Bedienerfreundlichkeit der Buchungsmaschine)?
  • Wie stark ist die Kooperation im Partner- Marketing und in der Öffentlichkeitsarbeit?
  • Gibt es eine Übereinstimmung hinsichtlich der Bedeutung von analogen Marketingleistungen (z.B. Printprodukte und Call Center)?
  • Wie hoch ist das Potenzial für Direktbuchungen? (z.B. direkte Koordinaten im Printguide?)
  • Wie hoch ist das Potenzial für wiederkehrende Gäste?
  • Wo liegen die Fachkompetenzen der Kooperation? Inwiefern kann das Hotel von einer Wissens- und Kompetenzvermittlung profitieren?
  • Welches Potenzial hat die Marketingkooperation hinsichtlich der Mitarbeiterakquise?
  • Wie sind die Konditionen hinsichtlich Beiträgen, Kommissionen, Ein- und Austritt etc.?
  • Last but not least: Stimmt die Chemie?