Hotellerie

Hotel Grimsel Passhöhe: von Engagement, Investitionen und der Liebe zum Gastgewerbe

Christine Bachmann – 17. Oktober 2018
Es gibt sie, die Schweizer Investoren, die an die Hotellerie glauben. Ein Besuch bei Familie Brog im Hotel Grimsel Passhöhe.

Durch eine wild-idyllische Berglandschaft schlängelt sich die Serpentinenstrasse auf die Grimsel. Zuoberst liegt direkt am Bergsee das Hotel Grimsel Passhöhe. Über sieben Jahre lang lag der Traditionsbetrieb, den die Kraftwerke Oberhasli (KWO) einst gekauft, aber nicht saniert hatten, im Dornröschenschlaf – bis ihn die Berner Unternehmerfamilie Brog 2016 wachküsste. «Wir fanden es einfach schade, dass der schönste Betrieb auf dem Pass leer steht», erzählt Susi Brog. Deshalb hätten sie im Herbst 2016 Interesse am Kauf angemeldet, neben weiteren Mitbewerbern. «Als diese aber hörten, dass man mindestens 2,5 Millionen Franken investieren muss, waren sie rasch wieder weg. Nur wir sind geblieben, Idealisten irgendwie», sagt Susi Brog lachend. Wer nun aber denkt, dass Familie Brog sich auf dem Grimsel einfach ins Abenteuer gestürzt hat, irrt. «Wir haben eine Machbarkeitsstudie, Businesspläne et cetera erstellt und auch schon früh nach Partnern für die Finanzierung gesucht. Denn die Komplettsanierung hätten wir nicht alleine stemmen können, auch wenn viel Eigenkapital ins Projekt geflossen ist», hält Susi Brog fest. Als Partner konnten sie die Raiffeisenbank Aletsch-Obergoms gewinnen, die 1,1 Millionen Franken sprach. Dazu kamen die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (siehe Kasten), welche die nachrangige Finanzierung von 550 000 Franken zusicherte, und die Schweizer Berg­hilfe (siehe Kasten), die 250 000 Franken à fonds perdu beisteuerte sowie eine private Stiftung, die Brogs die nötige Unterstützung bot, als das definitive Nein der Wirtschaftsförderung kam. Letzteres bedauert Walter Brog, «aber es ist nun einmal das Problem, dass die geltenden Gesetze und Ausführungsbestimmungen die Unterstützung von Gastronomiebetrieben aus der Wirtschaftsförderung nur sehr marginal möglich macht». Er ­appelliere deshalb, dass dieser Konstruktfehler endlich korrigiert werde. Im Frühling 2017, nach gelungener Finanzierung, konnten Brogs mit der Komplettsanierung des Betriebes starten. Entgegen kamen ihnen dabei die eigenen personellen Ressourcen sowie das Fachwissen als Unternehmer im Energiebereich. Denn Walter Brogs Unternehmen Esotec baut aus verschiedenen Elementen passende, autonome Energieversorgungen für SAC-Hütten oder Berghäuser. Deshalb ist wenig verwunderlich, dass auch das neue Hotel Grimsel Passhöhe Minergie-Standard hat. Umgebaut wurde im Frühling und Sommer sowie während der Wintersaison. Im Winter auf der Grimsel? «Ja, wir haben das Material im Herbst noch hinaufgeschafft und dann im Winter die Arbeiter jeweils von Montag bis Freitag mit dem Heli hinaufgeflogen», sagt Walter Brog. «Wie bereits gesagt, haben wir vieles selber gemacht. Denn nur mit den eigenen Handwerkern und dem direkt bezogenen Material war das Ganze überhaupt finanziell machbar», erläutert er. Auch auf einen Innenarchitekten verzichteten Brogs. «Ich wusste ganz genau, welche Materialien, welches Mobiliar ich im Betrieb haben möchte – und so konnte mir auch keiner reinreden», sagt Susi Brog. Walter Brog zeichnete für den Bau verantwortlich, Susi Brog für die Einrichtung – und wer führt nun den Betrieb? «Unsere älteste Tochter Tamara», sagen die beiden nicht ohne Freude. Gastgeberin Tamara Brog hat eine Ausbildung zum Koch und Diätkoch absolviert, in namhaften Betrieben gearbeitet und die Hotelfachschule Thun absolviert. Mit 25 Jahren den von den Eltern gekauften und sanierten Betrieb wieder auf Vordermann zu bringen, sei eine Herausforderung. «Aber eine wunderschöne», betont Tamara. «Denn ich weiss nie, was kommt. Wir sind sehr wetterabhängig, da kann der Betrieb innerhalb von fünf Minuten entweder voll oder leer sein. Damit muss man umgehen können und auch mal ­Vollgas geben.» Gerade im Sommer bei gutem Wetter forderten die 170 Terrassenplätze heraus. ­Unterstützt wird Tamara im Sommerbetrieb von ihrer Mutter sowie fünf Servicefachleuten, zwei Köchen und einer Person auf der Etage, die sich um die 13 Doppel- sowie 2 Vierbettzimmer kümmert. «Wir sind gut angelaufen, jetzt schauen wir, ob wir auch die ­Wintersaison zum Laufen bringen, denn neu hat das Hotel Grimsel Passhöhe auch ab Silvester geöffnet.» Eine besondere Herausforderung sei es, hier oben Fachkräfte zu finden, das führe dann schon mal dazu, dass sie wieder in der Küche lande. «Aber eigentlich ist das auch toll, denn so wird es mir nie langweilig – und es ist auch gut, zu wissen, dass man überall im Betrieb anpacken kann und so bis zu einem gewissen Grad autonom ist.» www.hotel-grimselpass.ch
Finanzierung: SGH

Die SGH finanziert Betriebe der Beherbergungswirtschaft. Wichtig ist: Der Betrieb ist auf die professionelle und kurzzeitige Beherbergung von Gästen ausgerichtet. Es ist sichergestellt, dass die hotelmässigen Leistungen von der Mehrheit der Gäste beansprucht werden. Der Betrieb verfügt in der Regel über mindestens 15 Zimmer oder 30 Betten, welche bezüglich Konzept und / oder Standort einheitlich sind. Mehr unter: www.sgh.ch Finanzierung: Berghilfe
Seit 1943 setzt sich die Schweizer Berg­hilfe für Menschen in den Bergen ein. Sie unterstützt Projekte, die ­Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Berggebiet schaffen. Neben der Landwirtschaft, die den grössten Teil der Unterstützung erhält, engagiert sich die Berghilfe auch bei touristischen Projekten – in den drei Teilbereichen Hotellerie und Restauration, Agrotourismus sowie Attraktionen und Wegprojekte. Mehr unter: www.bit.ly/Berghilfe Gewinnen: HIA
GastroSuisse und die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) ­suchen, fördern und prämieren die vielversprechendsten Innovationskonzepte kleiner und mittlerer Hotels. Gesucht sind geniale Geschäftsideen: Betriebskonzepte oder auch Projekte zur Digitalisierung und zu Kooperationen. Das beste Projekt erhält den Hotel Innovations-Award (HIA) sowie Unterstützung bei der Umsetzung seines Konzepts. Mehr unter www.hotelinnovation-gastrosuisse.ch