Hotellerie

Best-Practice Airbnb: vom Vorgehen im Kanton Zug

Christine Bachmann – 20. Februar 2018
Wie einigt man sich mit Airbnb? Im Kanton Zug weiss man es.

Seraina Koller hat Tourismus und Mobilität an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern studiert. Sie war drei Jahre lang bei Zug Tourismus als Marketingleiterin tätig, orientierte sich danach neu, um 2015 als Geschäftsführerin wieder zu Zug Tourismus zurückzukehren. GastroJournal: Seit 1. Juli 2017 zieht Airbnb im Kanton Zug die Beherbergungsabgabe von den privaten Gast­gebern ein und liefert sie direkt an die Tourismusorganisation ab. Der Kanton Zug nimmt damit eine schweizweite Vorreiterrolle ein. Wie kam es dazu?
Seraina Koller: Seit dem 1. Januar 2015 ist im Kanton Zug ein neues kantonales Beherbergungsgesetz in Kraft. Dieses hält fest, dass alle Arten von Beherbergung gegen Entgelt der Beherbergungsabgabe unterliegen – somit nicht nur die klassische Hotellerie, sondern auch private Gastgeber die Onlineplattformen nutzen. Die Höhe dieser Abgabe variiert in unserem Kanton je nach Gemeinde zwischen 90 Rappen und 1.50 Franken. Aufgrund dieses neuen Gesetzes haben wir schon bald versucht, mit Airbnb in Kontakt zu kommen, was anfänglich nicht einfach war. Als wir aber einen ersten Kontakt herstellen konnten, liefen die Verhandlungen unkompliziert und sehr kooperativ. Als Verhandlungsgrundlage diente das kantonale Gesetz.

«Die Verhandlungen ­liefen unkompliziert und sehr kooperativ»
Wie ist es dann weitergegangen?
Relativ zügig. In die ganze Geschichte waren diverse Personen von Seiten Airbnb involviert, sowie drei von unserer Seite; neben mir noch unser damaliger Marketing­leiter Peter Niederberger, der den grossen administrativen Teil übernommen hat, sowie beratend jemand von der Volkswirtschaftsdirek­tion. Die Lösung am Ende war dann, dass Airbnb Beherbergungsabgaben im Namen der Gastgeber von den Gästen direkt einzieht und an uns weiterleitet. Wir übernehmen dann die Feinverteilung und beliefern die Gemeinden und Verkehrsvereine in der Region. Das hat bislang einwandfrei geklappt. Das tönt schlank und einfach. Airbnb ist also gar nicht so schwierig im ­Umgang, wie man sich das vielleicht vorstellt?
Nein. Geholfen hat aber sicher, dass beide Parteien an einer raschen Lösung interessiert waren und trotz der technischen Komplexität pragmatisch an die Vereinbarung herangegangen sind.
«Jeder muss seinen Weg gehen. Individual­lösungen sind gefragt»
Wie ist diese Neuerung bei den klassischen wie auch Airbnb-Gastgebern angekommen?
Die Hotellerie ist froh über diesen Schritt, weil nun dieser Bereich geklärt ist. Von den Anbietern der Unterkünfte indes haben wir bislang keine Rückmeldungen erhalten. Weil Sie es erwähnen: Beherbergungsabgaben werden nun eingezogen. Air­bnb-Anbieter sind aber nach wie vor nicht dem strengen Regelwerk der klassischen Hotellerie unterworfen. ­In­wiefern kann und soll sich die Sharing Economy ins klassische polit-öko­nomische Regelwerk einfügen, beziehungsweise das polit-ökonomische ­Regelwerk dem neuen Phänomen anpassen?
Ich bin Betriebswirtin und diesbezüglich für freie Marktwirtschaft. Und ich finde: Nicht zu viele Regulatorien. Hinzu kommt, dass ich es für unmöglich halte, solche Restriktionen auf die Sharing Economy zu übertragen, denn ich weiss nicht, wie man das kontrollieren soll. Für Privatpersonen, die ihre Wohnung vermieten, können auch nicht die gleichen Regeln gelten wie fürs Gastgewerbe, das Unterkünfte professionell betreibt. Auf der anderen Seite finde ich aber auch, dass die heutige Zeit so schnelllebig ist. Es gibt so viele verschiedene Modelle, und wenn dann die Hotellerie mit so vielen Restriktionen daran gehindert wird, sich schnell an neue Situationen anzupassen, dann finde ich das ebenso problematisch.
«Ich finde: Nicht zu viel ­Regulatorien»
Zug hat nun eine Lösung. In anderen Kantonen wie Basel-Stadt, Bern, Fribourg et cetera (siehe Grafik) sind die Verantwortlichen noch am Verhandeln: Woran liegt es, dass wir betreffend Airbnb noch immer keine schweizweite Regelung einführen können?
Natürlich wäre es einfacher, wenn wir die Beherbergungsabgabe einheitlich erheben könnten, diesbezüglich gab es ja im letzten Jahr die Motion de Buman. Aus meiner Sicht wäre auch für Airbnb eine solche Lösung erstrebenswert. Denn aktuell müssen sie mit jedem einzelnen Kanton separat an Lösungen arbeiten. Das ist deutlich komplexer als eine Vereinbarung, die landesweit gültig wäre. Das heisst, eigentlich müsste jeder Kanton zuerst eine gesetzliche Grundlage beziehungsweise noch einfacher, wir müssten hier ein nationales Gesetz haben…
Ja, auf jeden Fall. Aber das ist schwierig, da wir kantonal, ja sogar kommunal verschiedenste Gesetze und Verordnungen bezüglich der Beherbergungsabgabe beziehungsweise der Kurtaxe haben. Des Weiteren ist unsere Branche politisch zu wenig stark aufgestellt. Zwar bemühen sich die Verbände immer wieder, Einfluss zu nehmen, aber gegenüber anderen Verbänden und Organisationen haben wir noch Aufholbedarf.
«In Zukunft wird es für ­jede Beherbergungsform Platz haben»
Ein Ratschlag zum Schluss für die anderen Kantone, die noch nicht oder in Verhandlungen mit Airbnb sind?
Kein Ratschlag, denn ich kann am Ende nur sagen, dass wir eine gute Lösung für uns gefunden haben. Ich denke, jeder muss auf seinen Grundlagen, seiner föderalistischen Struktur seinen eigenen Weg finden. Individuallösungen sind gefragt. Einzig vielleicht: Geht auf Airbnb zu und redet mit denen und seit euch gewahr: Airbnb ist ein Bedürfnis, sonst würde es dieses Angebot nicht geben. Klar rüttelt es historisch Strukturen auf, aber teilweise führt das wieder zu etwas Neuem, auch in der klassischen Hotellerie. Und auch hier könnte die Politik schauen, ob die Restriktionen, die sie auferlegt, sinnvoll sind, oder ob sie damit nur Dinge verhindert. Aber ich gehöre halt zur Generation Y, für mich sind solche Entwicklungen auch Chancen. Klar, ist nicht immer alles Neue gut, aber es ist auch nicht alles schlecht. Und der Erfolg von Airbnb spricht für sich. Ich bin überzeugt, dass die eine Entwicklung die andere nicht vertreibt, sondern dass es in Zukunft für jede Beherbergungsform einen Platz haben wird.
Ein Lieblingsrestaurant
Das Restaurant au Premier in Zug ist das Lieblingsrestaurant von Seraina Koller, «weil es einen Hocker für die Handtasche gibt», sie lacht. «Nein, natürlich nicht nur deswegen, sondern auch wegen der hervorragenden Küche, dem sehr sympathischen Besitzer, dem guten sowie langjährigen Personal − und weil man sich im Restaurant au Premier einfach wie daheim fühlt.»