Gastronomie

Herbst und Wild

Corinne Nusskern – 28. September 2023 / Advertorial
Sie sind die Zukunft: Junge Gastronominnen und Gastronomen, die einen Gildebetrieb im Generationenwechsel übernommen haben. Neue Philosophien und andere Ideen bringen frischen Wind in die Gastroszene, doch eines bleibt sich gleich: der hohe Standard auf Gilde-Niveau.

Weltküche, Wild und Fisch - und ganz viel Schweiz

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Nuno und Corina Cardoso vom Gasthof Hirschen in Sangernboden (Foto: ZVG)

Dort, wo es schön ruhig ist, oben in Sangernboden BE, auf knapp 1000 Metern über Meer, liegt der gemütliche Gasthof Hirschen. Ein Haus mit viel Holz in urchigem Chaletstil mit innen und aussen insgesamt 230 Plätzen sowie zehn Zimmern. Im März hat das Ehepaar Cardoso den Betrieb von Corina Cardosos Mutter Monika Ramseier und Chef de Cuisine Daniel Kilcher übernommen. Das Menü-Angebot möchten sie ähnlich halten und setzen weiterhin primär auf Schweizer Küche, aber mit internationalen Einflüssen. «Ich bin Portugiese und geniesse die ganze Weltküche», sagt Nuno Cardoso (33). Und Corina Cardoso (32) ergänzt: «Wir möchten zudem immer eine gute Vegi-Alternative anbieten.»
Mitglied der Gilde zu sein ist für das Ehepaar eine Ehre. «Ich bin durch meine Eltern mit der Gilde aufgewachsen», sagt die Chefin. «Es ist ein schöner Zusammenhalt, der tut unserer Branche sehr gut.»

Jetzt ist es erstmal wild

Im Herbst ist der Gasthof Hirschen bekannt für seine Wildspezialitäten. Wild ist die Hauptsaison, bis Ende November führen die Cardosos 90 Prozent Wild auf der Karte, wann immer möglich aus der Region. Ihre Bestseller sind der Rehrücken, aber auch der Gämspfeffer. «Es läuft richtig gut», sagt der Küchenchef. Im November stellen sie zweimal ein Wild-Buffet auf die Beine, da gibt es auch Ente, Wildschwein und Fasan. «Ohne Reservierung geht da gar nichts», sagt Cardoso. In Zukunft möchte Nuno Cardoso etwas mehr Fisch anbieten, obwohl ihre Gäste, die meisten kommen aus der Region Sense-Oberland, eher Fleisch essen. «Doch es ist mein Ziel, in Zukunft auch für Fisch bekannt zu werden.»

Die Cardosos geben Gas

Die Geschichte von Nuno Cardoso ist speziell. «Er kam als Zwanzigjähriger in die Schweiz als Hilfsarbeiter, nach Zermatt. Dort lernten wir uns kennen», erzählt Corina Cardoso. Danach lebten sie am Thunersee und Nuno arbeitete im Parkhotel Gunten. Als er die Möglichkeit bekam, die Kochlehre zu absolvieren, hat er die Chance gepackt und sie letztes Jahr abgeschlossen. Danach hatte er bereits eine kleine Chefposition als Sous-chef inne. Er arbeitete letztes Jahr neben Küchenchef Daniel Kilcher bereits im Hirschen und ist jetzt mit Ehefrau Corina verantwortlich für den Betrieb und acht Mitarbeitende. Die Cardosos geben Gas. «Ich fühle mich absolut bereit. Die Selbstständigkeit braucht zwar viel Energie und Geduld, aber wir arbeiten gern und lieben es», sagt er.

Corina Cardoso hingegen, wollte gar nie in die Gastronomie – und absolvierte später dann doch noch die Hotelfachschule Thun. Sie lacht. Das junge Paar ist ihrer neuen Aufgabe im Hirschen bestens gewachsen. Demnächst stehen noch ganze andere Herausforderungen und Freuden an: Nachwuchs ist unterwegs, ihr Kind wird dieser Tage das Licht der Welt erblicken.

www.hirschen-sangernboden.ch

 

Gehobene Wald- und Wiesenküche im Weinbaudorf

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Carol und Martin Aeschlimann-Besmer vom Wirtshus zum Wyberg in Teufen ZH (Foto: ZVG)

Zurzeit ist Wild das Thema Nummer eins im Wirtshus zum Wyberg in Teufen ZH. Doch eigentlich wird im gemütlichen Landrestaurant mit 14 GaultMillau-Punkten in irgendeiner Form das ganze Jahr über Wild gegessen, da fast das ganze Jahr über Wild geschossen wird. «Wir versuchen stets die Saison zu widerspiegeln, im Mai haben wir Rehbock mit Spargeln im Angebot, im Winter sind es mehr Schmorgerichte», sagt Martin Aeschlimann (36), der den Betrieb mit seiner Frau, der Restaurationsfachfrau Carol Aeschlimann-Besmer (33), führt. Mit im Boot ist auch seine Schwester, die Konditorin-Confiseurin Rebecca Aeschlimann. Sie stellen die Geschäftsleitung, während sich ihre Eltern Peter und Luzia Aeschlimann- Mathiuet ganz auf den Gasthof Schöntal in Bauma ZH konzentrieren.

Neues Projekt: Wursten und räuchern

Aeschlimann und sein Team verarbeiten im Wyberg über vier Tonnen Wild pro Jahr, das sind zwischen 150 und 200 Tiere, die sie selbst zerlegen und ausbeinen. «Das ist mehr als manche Metzgerei verarbeitet!», sagt er lachend. Das nächste Projekt: «Wir beginnen noch mit Wursten und Räuchern, wir haben eine Art kleine Wursterei eingerichtet.»

Das Wild kommt von diversen Jagdgesellschaften aus der Region. Einer ihrer Bestseller ist das Pfeffer-Potpourri mit drei Pfeffern: Reh- und Wildschweinpfeffer sowie ein gebeiztes Hirschragout an einer weissen Sauerrahmsauce. «Es ist auf GaultMillau-Niveau, aber klassisch-traditionell gekocht», führt der Chef aus. «Das habe ich von meinem Vater gelernt.» Und dies möchte er als Tradition weiterführen, auch wenn er im Wyberg eine modernere Handschrift als sein Vater fährt. Er bezeichnet seinen Stil und Philosophie als Wald- und Wiesenküche. «Wir haben so viele Produkte, die rund um unsere Haustüre wachsen und die bringen wir auf den Teller. Egal ob Fleisch, Kräuter, Gemüse oder Gewürze.» Dies spricht nicht nur Gäste aus der Region an, sondern auch viele Stadtzürcher und Schaffhauser, die ins Weinanbaudorf zum Essen kommen.

Vier Lernende

Aeschlimanns fahren im Wyberg einmal eine Karte für die Wirtsstube (70 Plätze) und einmal für das Gourmetstübli (50 Plätze) – und das Angebot ist bei beiden nicht klein. Dazu kommt der Garten mit 60 Plätzen. Unterstützt werden sie von bis zu 12 Mitarbeitende, darunter zwei Lernende in der Küche und zwei im Service. «Das liegt mir wirklich am Herzen», betont der G1- und G2-Absolvent. «Etwas, das für uns als Gildemitglied selbstverständlich ist.» Die Gilde widerspiegele genau dies, was sie seien: Ein Familienbetrieb, der gewachsen ist und auf Junge setzt. «Zudem haben wir stets einen lässigen Austausch - es ist ein Super-Netzwerk.»

wyberg.ch

 

Tradition mit neuen Blickwinkeln

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Jana Odermatt und Kevin Zumstein vom Hotel Bahnhof Giswil in Giswil OW (Foto: ZVG)

Die Herbstkarte des Hotels Bahnhof Giswil in Obwalden ist zehn Seiten stark, ganz schön herausfordernd. Kevin Zumstein (27) lacht. «Da stehen auch sechs Köche dahinter.» Letzen Januar hat er zusammen mit seiner Partnerin Jana Odermatt (28) den Betrieb von seinem Vater Christoph in fünfter Generation übernommen. Odermatt erledigt alles rund ums Marketing im Haus und arbeitet zu 50 Prozent als Lehrerin. Insgesamt 21 Mitarbeitende haben sie, seit August zählt auch eine Lernende in der Küche dazu.

Das grosse Holzhaus birgt unter seinem Dach vier verschiedene Gastronomieabteile – vom Fine-Dining-Stübli über das Tagesrestaurant, wo Kinder bis zehn Jahre gratis essen, bis zur Beiz mit Nussbaum-Stammtisch, in der man noch rauchen darf. Inzwischen sitzen da auch öfters wieder jüngere Leute. «Die Karte ist jedoch überall dieselbe, wir bieten von Gutbürgerlich bis zum Abendmenü alles an», führt Zumstein aus.

Altertümliches im Aufwind

Neu sei, dass sie wieder altertümlicher kochen. «Wir regenerieren null Fixfertiges, sondern haben echte Töpfe auf dem Herd», sagt der Chef. Dies sei vielleicht mitarbeiterintensiver, dafür für den Koch viel spannender und die Gäste freue es auch. «Tradition mit neuen Blickwinkeln», nennt Zumstein diesen Stil. Da taucht etwa ein Kalbszungenragout auf, ein Gericht, das wieder als trendy gilt.

Aktuell ist aber Wild das Ding im Bahnhof Giswil. «Wir generieren während der zweieinhalb Monaten dauernden Wildzeit den grössten Umsatz», sagt Zumstein. Auf ihrer grossen Wildkarte bieten sie von Nose to Tail alles an. Zu 85 Prozent verwenden sie Obwaldner Wild, etwas Weniges kommt aus dem Kanton Luzern. Das beliebteste Gericht ist die Wild-Trilogie. «Da können die Gäste von jedem Tier etwas probieren», sagt Zumstein. «Am Mittag ist der Hirschpfeffer das beliebteste Wildmenü.»

Geschäftsführer, Tournant und «Mädchen für alles»

Sie haben viel Platz, 140 Plätze innen und 300 im Aussenbereich. «Wir sind breit aufgestellt und machen neben dem Gastrobetrieb viele Bankette und Caterings, kochen für ein Personalrestaurant vor und haben noch acht Hotelzimmer», sagt der Geschäftsführer, der auch als Tournant für den ganzen Betrieb einspringt und im Service aushilft, falls dort es dort mehr Hände braucht. «Ich stehe auf flache Hierarchien, ich bin genauso ein Mitarbeiter wie alle in meinem Team. Es zählt das geschäftliche Ziel und nicht mein persönliches.»

Zu dieser Philosophie passt auch die Gildemitgliedschaft des Hotels Giswil – eine Tradition im Obwaldner Familienbetrieb, die der Chef gerne weiterführt. «Zu diesem einen Prozent zu gehören, ist ebenso schön wie Teil eines Verbundes von Gleichgesinnten zu sein, die dasselbe anstreben, den Standard hochzuhalten und stolz darauf sein dürfen», sagt Zumstein.

bahnhofgiswil.ch

 

Immer so regional wie möglich

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Eloa Geiser und Yanick Walker vom Hotel-Ristorante Stazione in Intragna TI (Foto: ZVG)

Im Hotel-Ristorante Stazione in Intragna TI kommt nur lokales Wild aus dem Maggia- und Onsernonetal auf den Tisch. Das ist dem jungen Wirtepaar ein Anliegen. Die Tessinerin Eloa Geiser (28, Sommelière und Service) und der Walliser Yanick Walker (31, Chefkoch) haben den Traditionsbetrieb mit rund 60 Plätzen und 12 Hotelzimmern im März von Agnese und Adriana Broggini als Pächter übernommen.

«Die lokale Jagd läuft schon, ich habe bereits vier Hirsche erhalten», sagt Walker. Beliebt ist – wie überall – der Hirschrücken. «Jeder Hirsch hat jedoch nur einen Rücken, da muss ich vielleicht bei meinem Metzger noch einzelne Rücken dazu bestellen», sagt Walker. «Ich möchte aber auf jeden Fall das ganze Tier verwerten.» So stellt er gemeinsam mit seiner Hausmetzgerei in Dorf, die Macelleria Fratelli Freddi, eine Hirschbratwurst her, zudem wird er auch Pfeffer und andere Wildspezialitäten auf die Karte nehmen. Bei Freddi werden die Tiere nach seinen Vorstellungen in grosse Stücke zerlegt, und Walker schneidet diese dann für die diversen Gerichte selbst zu.

Er kauft generell rund 80 Prozent des Fleisches bei Freddi, und ausschliesslich Schweizer Fleisch. «Damit wir so regional wie möglich bleiben», sagt der Chefkoch. «Ich will hinter dem Produkt stehen können.»

Vierhand-Metzgete Ende Oktober

Die Wildzeit dauert im Hotel-Ristorante Stazione nur rund drei Wochen. Danach rücken wieder ihre modernen Neuinterpretationen von Ochsenschwanzsuppe, Brasato, Saibling oder geröstetem Blumenkohl in den Vordergrund, aber auch Stazione-Klassiker wie Kalbsleber und Kalbs-Piccata. «Diese Kombi kommt gut an», freut sich das junge Wirtepaar. Ihre Gäste sind Tessiner sowie Touristen, und seit sie am Ruder sind, begrüssen sie vermehrt wieder junge Leute.

Am 31. Oktober steht ein spezieller Event an: Walkers einstiger Arbeitskollege Sascha Meyer, Küchenchef des Casa Mulania im Rocksresort in Laax GR kommt ins Hotel-Ristorante Stazione und zusammen zelebrieren sie eine Metzgete. Und am 25. November beginnen die Feierlichkeiten zum 100-Jahr-Jubiläum der Centovalli-Bahn, die ein Jahr andauern. «Da kochen wir einmal monatlich ein Centovallina-Nostalgiemenü», verrät Walker.

Yanick Walker und Eloa Geiser freuen sich über ihre Gildemitgliedschaft, es sei keine Selbstverständlichkeit, dabei sein zu dürfen. «Es ist etwas Schönes. Und wir hoffen, mit der Gilde etwas bewirken zu können, etwa, dass es auch in Zukunft genügend Köche gibt», erklärt das Wirtepaar. Sie haben rund zehn Mitarbeitende und tun auch selbst etwas für die Zukunft der Branche: Sie möchten ab nächstem Sommer gerne Lernende ausbilden, jemanden in der Küche und jemanden im Service.

Hotel-Ristorante Stazione in Intragna TI