Gastronomie

Wenn ein Unglück passiert

Myriam Genier – 03. Juli 2017
Wenn sich ein Gast im Restaurant verletzt oder das Essen nicht verträgt, muss unter Umständen der Betrieb dafür haften.

Ein Unfall kann schnell passieren. Zum Beispiel, wenn Gäste sich eine schöne Zeit in einer Bar, einem Café oder einem Restaurant machen. Selbst wenn der Betrieb alle Massnahmen für die Sicherheit seiner Gäste berücksichtigt und die Hygiene des Lokals einwandfrei erscheint, kann ein Malheur nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Gäste könnten sich beispielsweise einen Zahn ausbeissen, sich schneiden, hinfallen, eine Lebensmittelvergiftung erleiden oder gar ­ersticken. Die rechtlichen Konsequenzen unterscheiden sich von Fall zu Fall. Eine Übersicht.

«Ausgebissene Zähne gehören zu den häufigsten Unfällen», erzählt Raffael Kubalek, stellvertretender Leiter Rechtsdienst bei GastroSuisse. «Der Gastronom kann dafür schuldig gesprochen werden, wenn sich ein Objekt auf dem Teller befand, das dort nicht hingehört. Das gilt aber nicht für Fleischknochen oder Jagdmunition, die während der Jagdsaison im Fleisch vorkommen kann. Es handelt sich dabei um kleine Elemente, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind, selbst wenn der Koch das Fleisch vor der Zubereitung kontrolliert. Der Gast muss also davon ausgehen, dass das Fleisch Knochen oder Blei­kugeln enthält und es mit Vorsicht geniessen.»

Stürze sind ebenfalls ein häufiges Missgeschick. «In den Innenräumen des Restaurants muss das Personal darauf achten, dass der Boden rutschfest ist und keine Hindernisse den Weg verstellen. Falls ein Gast wegen Essensresten ausrutscht, die sich auf dem Boden befanden, kann der Gastronom nicht unbedingt dafür verantwortlich gemacht werden. Denn auch in diesem Fall wird vom Kunden Vorsicht verlangt.» Wenn aber im Winter die Treppen, die zur Eingangstür des Betriebs führen, nicht enteist wurden, kann ein ausgerutschter Gast das Restaurant verklagen – und Recht erhalten. Gleiches gilt für «Stürze auf den Treppen, die zur Toilette führen, sofern diese nicht beleuchtet sind», präzisiert Dang Bich Vy ­Hoang, Verantwortliche des Regressdienstes bei der Swica-Versicherung. Den Gastronom treffe zudem keine Schuld, wenn der Gast unter starkem Alkoholeinfluss stand oder der Sturz auf die körperliche Verfassung (beispielsweise bei betagten Personen) zurückzuführen ist.

Falls ein verdorbenes Lebensmittel eine Magenverstimmung verursacht, haftet dafür der Gastronom – auch wenn er versichert, die ­Lebensmittel korrekt gelagert zu haben. Gemäss eines Dokuments des Rechtsdienstes von GastroSuisse haften Restaurateure dann, wenn die Gesundheit ihrer Gäste gefährdet wurde – auch wenn sie selbst nichts Falsches getan haben. Sie sind ebenfalls verantwortlich für die Qualität des verwendeten Fleisches (in Hinsicht auf Bakterien), von Käse (Listerien), Eiern (Salmonellen) et cetera. Dies gilt auch dann, wenn der Koch eine Kontamination des Fleisches nicht feststellen konnte. Ein Restaurant ist ausserdem im Unrecht, wenn der Service oder die Küche über eine Lebensmittelallergie eines Gastes informiert wurde und diese nicht berücksichtigt hat.

«Die Verantwortlichkeiten sind nicht immer leicht festzulegen», bringt es Raffael Kubalek auf den Punkt. «Oft wird situativ entschieden.» ­Sicher ist, dass Unfälle sehr unangenehme Folgen sowohl für die Gäste als auch für die Gastronomen haben können. Falls letztere im Unrecht sind, müssen sie die Kosten der medizinischen Behandlung übernehmen. Falls eine Verletzung mehrere Behandlungen benötigt, kann dies sehr schnell teuer werden. Der Geschädigte kann zudem unter Umständen einen Schadenersatz wie auch eine Genugtuung fordern. Falls das Restaurant für den Unfall nicht haftet, läuft die Entschädigung meist über die private Unfallversicherung des Gastes.

Glücklicherweise kommt es im Restaurant selten zu Unfällen, sind sich Raffael Kubalek und Dang Bich Vy Hoang einig. Dennoch lohnt es sich für Gastronomen, eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen. «Im Gastgewerbe gibt es viele Risiken», warnt Raffael Kubalek. Empfehlenswert ist auch eine Rechtsschutzversicherung: Diese ist beispielsweise dann hilfreich, wenn es zu Unstimmigkeiten mit dem Gast bezüglich der Ursachen einer ­Verletzung oder Krankheit kommt.