Gastronomie

Wenn die Türen schliessen

– 18. Mai 2018
Gastronomie­betriebe wechseln nicht nur die Besitzer, oft werden sie zu Wohnraum umgenutzt – mangels Alternativen.

 Es ist zwar schon eine Weile her, aber dennoch sorgte es für viel Gesprächsstoff in der Branche: Im Juli 2016 schloss Josef Füglistaller seinen Kellerämterhof in Oberlunkhofen für immer. Nachdem ein Pächter nach einem dreijährigen Vertrag nicht mehr verlängert hatte, stand der engagierte Gastronom wieder selber am Herd. Auch nach weiteren Anstrengungen fand sich niemand, der bereit war, sich für den Betrieb zu engagieren. Da die Söhne von Josef Füglistaller und seiner Frau Ursula sich beruflich anders orientiert haben, entschied sich die Familie, das Elternhaus von Josef abzureissen und Wohnungen zu bauen. Dieses Szenario wiederholt sich landauf landab. Aktuelles Beispiel ist der Landgasthof Hüttenleben in Thayngen von Renato und Maria Pedroncelli. Sie haben das Land mit Betrieb verkauft, und darauf entstehen ab Oktober diesen Jahres Wohnungen. «Das Umfeld für die Gastronomie wird immer schwieriger, insbesondere hier in Grenznähe», resümiert der Präsident von GastroSchaffhausen. Viele Gäste reisten für einen Restaurantbesuch nach Deutschland. Allein in Thayngen hätten aus diesem und anderen Gründen in den letzten drei Monaten drei Betriebe geschlossen. Das Hotel Rössli Steinen gehört ebenfalls zu dieser Aufzählung, auch wenn es schon seit fast zehn Jahren geschlossen ist. «Für uns ist es nicht mehr der Rede wert, es ist ja schon so lange her», beschwichtigt Alice Koller. Sie und ihr Mann Albert führten den Betrieb in der fünften Generation. Nationale Bekanntheit erlangten sie nicht nur wegen der ausgezeichneten Küche, sondern weil bei ihnen jeweils das Ländlerfest «Steiner Chilbi» stieg. Sie fanden niemanden, der den Betrieb in ihrem Sinn weitergeführt hätte, und darum haben sie das Holzhaus mitten in Steinen, dessen Ursprung in die Zeit der Gründung der Eidgenossenschaft zurückreicht, zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgebaut. Schliesslich eine gute Lösung hat sich beim Landgasthof Weissbadbrücke im Appenzellischen Weissbad ergeben: Uschi und Sepp Schmid hatten den Betrieb 25 Jahre lang geführt. Als Sepp ins Pensionsalter kam, entschieden sie sich dafür, den Betrieb zu verkaufen. «Die Entscheidung, die Weissbadbrücke aufzugeben, war für uns nicht einfach», erinnert sich Uschi Schmid. Zuerst suchten auch sie nach jemandem, der den Landgasthof übernimmt und weiterführt. Das stellte sich jedoch als schwierig heraus. Schliesslich kaufte ein Bauunternehmen die Liegenschaft. Nach jahrelangem Einsprachen aus der Bevölkerung entstanden in einem Teil 18 Wohnungen und im anderen Zimmer für das Hotel Hof Weissbad. «Wir haben 25 Zimmer erstellt, die wir zu einem günstigen Preis vermieten», erklärt Christian Lienhard, Gastgeber im Hotel Hof Weissbad. Die Zimmer seien für Wanderer oder Sportler gedacht. «Wir bieten in der Weissbadbrücke keine Hotelleistungen, diese können die Gäste im Hotel Hof Weissbad erstehen.» Das Konzept ergänze jenes des Hotel Hof Weissbad ideal. «Und wir kommen in der Weissbadbrücke mit nur einer Mitarbeitenden aus.» Für ihren Betrieb habe sich keine passende Lösung gefunden. Er habe Wehmut gehabt, als sich herauskristallisierte, dass dieser nicht weitergeführt werde, erinnert sich Renato Pedroncelli vom Landgasthof Hüttenleben in Thayngen. «Meine Frau und ich sind schon bald im Rentenalter, und wir möchten die nächsten Jahre noch zusammen geniessen.» Für ihn wäre es darum nicht in Frage gekommen, in der Küche zu stehen, bis er 70 Jahre alt ist. Mit jedem Gastronomiebetrieb, der zu Wohnungen oder Büros umgebaut wird, verliert ein Ort seinen Treffpunkt. Auch wenn es mit viel Aufwand verbunden ist, sollten sich Gastronomen und Hoteliers möglichst früh mit der Nachfolgeregelung beschäftigen. Dazu kommen finanzielle Aspekte: Es muss jemand gefunden werden, der über genügend Eigenkapital verfügt, um von einem Geldgeber das nötige Restkapital für die Übernahme zu erhalten. Heute zeigen sich die Banken der Branche gegenüber äusserst zurückhaltend. Denn sie müssen von der Realisierbarkeit eines Projekts und den Fähigkeiten des zukünftigen Betreibers überzeugt sein. «Die Banken geben Gastronomiebetrieben kaum mehr Geld», bestätigt Renato Pedroncelli. Das Risiko sei zu gross. Ausserdem habe kaum ein junger Gastronom 50 Prozent Eigenkapital zur Verfügung. Es wäre also angezeigt, dass die Banken ihre Vorbehalte gegenüber Gastronomiebetrieben überdenken, damit nicht noch mehr Ortschaften ihr Restaurant und somit ihren Treffpunkt verlieren.