Verjüngungskur im grossen Stil

– 09. März 2023
«Casual Fine Dining» heisst der Trend, der die Spitzengastronomie auf den Boden der Tatsachen bringt. Das Bellevue Palace in Bern macht es vor.

Weisse Tischdecken gewinnen an Seltenheitswert, Schlips und Kragen gehören nicht mehr zum Pflichtprogramm. «Am Wochenende gibt es bei uns in der Lobby statt Klavier nur noch Klänge des Resident DJs», erklärt Urs Bührer erfreut, Hoteldirektor des Bellevue Palace Bern. Das Luxushotel gehört zu den historischen Grand Hotels des Landes. Mitten in der Bundeshauptstadt Bern fungiert es als offizielles Gästehaus der Schweizer Regierung. Die Lage und die Geschichte dieses Hotels sind ebenso einzigartig wie der Service und das einmalige Panorama auf die Berner Alpen und die Aare. Ein Bild, das vielleicht manch junges Publikum verunsichern könnte.

«Wir haben uns bewusst dafür entschieden, etwas zu ändern», erklärt Bührer. Denn wie in jeder Branche ändern sich die Zeiten auch in der Gastronomie- und Hotelbranche. «Man muss sich anpassen, wenn man ein breiteres Publikum ansprechen und somit den Umsatz steigern will», so Bührer. Um wieder frischen Wind in das Grand Hotel zu bringen, sollen steife Sitten verabschiedet und Konzepte verjüngt werden. In der Brasserie Vue gleich neben der Lobby zeigt man, wie das geht. Was man hier findet, sind moderne «Lockerheit», loungiges Ambiente und zeitgemäss interpretierte Brasserie-Klassiker. Platz gibt es für 60 Gäste. An ausgebuchten Abenden kann es schon mal vorkommen, dass der Essbereich auf die Lobby ausgeweitet wird.

Adaption par excellence

Im Vue ist der Elsässer Erick Henck für das Glück der Gäste zuständig. «Wir servieren französische Gerichte aus allen Ecken des Landes», erklärt er. So solle man aus jeder Region eine bekannte Zutat, eine ortstypische Sauce oder klassische Hausmannskost probieren können – mit der nötigen «Finesse» versteht sich. Auf der Speisekarte findet man Oeuf bio Meurette, Coquille Saint Jacques gratinées, Foie gras von der Ente mit kandiertem Sauerkraut, Kalbskopfkroketten mit Gribiche-Sauce, Elsässer Fleischschnacka oder Moules Frites. Ein bisschen Burgund, ein wenig Bretagne und ein Hauch Elsass, Heimat des Chefkochs. «Zu unseren Signature-Gerichten gehört der Wolfsbarsch in Salzkruste», erklärt Henck. Ganzer Wolfbarsch, gefüllt mit Fenchel und Rosmarin, umhüllt von einer Kruste aus Salz, Mehl, Wasser, Eiweiss und Fenchelsamen, die für 26 Minuten im Ofen gegart wird.

Zum Essen wird statt Butter Olivenöl aus Portugal gereicht. Dazu gibt es Olivenbrötchen. Die Tische im Essbereich sind 4 Zentimeter tiefer gelegt als andere Esstische. «Bald kommen neue, grosse Vorhänge, die den Raum noch moderner gestalten», informiert Bührer. Um die Inneneinrichtung «Casual» zu gestalten, müsse man auf solche Details achten. «Unsere Restaurants sollen Orte sein, an dem die Leute sich wohlfühlen und keine Angst haben, sich nicht richtig zu verhalten.» Oder zeitgenössischer Lifestyle und Belle Époque auf eine exklusive Weise vereint.