Gastronomie

Türsteher André Sommerfeld hat ein dickes Fell und Geduld

Christine Bachmann – 17. Juli 2018
Auch diesen Beruf gibt es im Gastgewerbe: den Türsteher. Von einem der auszog, zu schlichten. Ein Besuch bei André Sommerfeld, Türsteher und Clubsecurity-Chef im Klaus (vormals Kinski), Zürich.

Ein Kasten von einem Mann, furchteinflössend, grimmig: So stellt man sich den typischen Türsteher vor. Ein Klischee! Denn André Sommerfeld, der an diesem Nachmittag in Ruhe seinen Earl Grey trinkt, entspricht diesem Stereotyp so gar nicht. Gross und athletisch ist er zwar, aber zuvorkommend im Umgang und mit einem Lächeln auf den Lippen. Zu unterschätzen ist Sommerfeld dennoch nicht, denn er kann einerseits auf ein jahrelanges Ninjutsu-Training zurückgreifen wie auch auf eine geschulte psychologische Sprachfertigkeit. Denn als Türsteher müsse man vor allem eines beherrschen: «Deeskalieren, so dass es gar nicht zu Problemen kommt.» In Thalwil gross geworden, besuchte er das Langzeitgymnasium in Zürich und begann im Anschluss Geschichte, Japanologie und Germanistik zu studieren. Bereits während der Studienzeit engagierte sich Sommerfeld in der Jugendarbeit im Tösstal. Dort ergab sich für ihn dann die einmalige Chance, aufgrund einer kurzfristigen Vakanz als stellvertretender Leiter in den regulären Betrieb einzusteigen. «Dem konnte ich nicht widerstehen und so stellte ich mein Studium zu diesem Zeitpunkt hintenan.»

«Wenn man ­Probleme sucht, dann findet man sie»
Zeitgleich mit der Jugendarbeit begann damals auch seine Türsteher-Tätigkeit. «Eine Freundin, die mit einem Partyveranstalter zusammen war, fragte mich, ob ich nicht als Türsteher arbeiten möchte. Und so rutschte ich langsam in diese Szene hinein, lernte Leute kennen und begann schon bald für die Swiss Protection Service zu arbeiten, für die ich bis heute tätig bin.» Seit sechs Jahren ist Sommerfeld zudem fix Club Security Chef im Klaus, vormals Kinski, und immer Donnerstag-, Freitag- und Samstagnacht vor Ort. «Ich bin zum Glück ein Nachtmensch, so macht es mir nichts aus, von 12 bis 6 oder manchmal gar bis 10 Uhr morgens zu arbeiten. Mein Geheimnis? Power Naps, das hilft ungemein.» Sommerfelds Arbeitsort als Türsteher ist die sich seit einigen Jahren wandelnde Lang­strasse. Eine Entwicklung, die er hautnah miterlebt hat. «Früher hat man Probleme im Milieu intern gelöst, heute wo die Langstrasse zur Ausgehmeile geworden ist, ist das anders. Die Kleinkriminalität ist gewachsen, dito die Gewaltbereitschaft. Grundsätzlich gilt: Wer Probleme sucht, der findet sie.» Ob man als Türsteher selber Probleme bekomme, hänge davon ab, wie stark die eigene Persönlichkeit sei. «Ich kann selber beeinflussen, wie sehr ich mich exponiere. Wichtig ist einfach, dass ich mit den Leuten, egal wie sie selbst sind, immer höflich umgehe.» Fakt sei nun mal: «Als Türsteher brauchst du ein dickes Fell und Geduld.» Denn es vergehe keine Nacht, in der man nicht beleidigt oder provoziert werde. Menschen im Ausgang seien eben wie schwererziehbare Jugendliche. Als Türsteher müsse man hier einfach Grenzen setzen. «Und um das zu können, muss ich grundsätzlich gerne mit Menschen zusammenarbeiten.»
«Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen»
Eine Familie neben so einem Job zu haben, sei schwierig. «Auch das Sozialleben an sich kommt ein wenig zu kurz», gibt Sommerfeld unumwunden zu. Deshalb nehme er sich bewusst Zeit für Familienanlässe oder seine Hobbys, die unter anderem aus Töff-Fahren und LARP-Events (Live Action Role Play) bestehen. Vor vier Jahren hat Sommerfeld im zarten Alter von36 Jahren nochmals ein Studium begonnen: Psychologie. Warum er nicht das erste Studium abgeschlossen habe? «Weil mir nach der Bologna-­Reform nur ein Bruchteil meiner Jahre angerechnet worden wäre. Und so habe ich mir gesagt, dann mache ich lieber etwas, das mir mehr bringt, wenn ich wieder in den Bereich ‹Soziale Arbeit› zurück möchte.» Die Bachelorarbeit hat Sommerfeld inzwischen abgegeben, der Master steht noch an. «Das Studium verträgt sich übrigens wunderbar mit dem Türstehertum, denn die Arbeits- und Vorlesungszeiten tangieren sich nicht», er schmunzelt.
«Ich kann selber ­beeinflussen, wie sehr ich mich exponiere»
Blickt Sommerfeld zurück auf sein Leben, angefangen bei der Arbeit mit den Jugendlichen über das Türstehertum bis hin zum Studium der Psychologie, so ist der rote Faden, der sich durchzieht, der Umgang mit Menschen in schwierigen Situationen. Diesen roten Faden wird Sommerfeld weiterspinnen, wenn er ab September sein Praktikum in der Forensik in Königsfelden absolvieren wird: Den roten Faden der Gewaltprävention.