Im Henn a Café im Einkaufszentrum Shibuya Modi in Tokio serviert Roboter «Tom Sawyer» Kaffeespezialitäten aus einer Melitta-Kaffeemaschine. Das italienische Unternehmen Makr Shakr hat das Bar-System «Toni» entwickelt, in dem zwei Kuka-Roboter als Barkeeper arbeiten. Im brasilianischen Unternehmen Bionicook serviert ein Roboter der Firma Kuka den Gästen aus einem Automaten heraus Snacks, Getränke und Desserts. Diese drei Beispiele zeigen: Die Nachfrage und der Einsatz von Robotern in der Gastronomie ist nicht mehr nur Zukunft, sondern bereits Realität.
Diesen Eindruck bestätigt Thomas Holenstein, CEO von Pogastro.com, beziehungsweise der Precom Group AG, welche die Roboterreihe von Pudu Technology aus China exklusiv in die Schweiz importiert. «Die Nachfrage nach Robotern in der Gastronomie ist in den vergangenen Jahren weltweit gewachsen. Auch bei uns in der Schweiz.» Dabei habe auch Corona eine wichtige Rolle gespielt. So hätten viele Betriebe vor der Pandemie noch generelle Bedenken gegenüber der Digitalisierung gehabt. Dies habe sich nun auf vielen Ebenen geändert, auch bei den Robotern.
Mit- statt Gegeneinander
Diese Entwicklung stösst bei den Betrieben nicht nur auf Gegenliebe. So befürchten Gastronominnen und Gastronomen, dass Roboter Arbeitsplätze gefährden könnten. Für dieses Vorurteil zeigt Holenstein zwar Verständnis, gibt allerdings zu bedenken, dass die Roboter nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zum Mensch gedacht sind. «Nach dem heutigen Stand der Technik braucht es mindestens fünf bis sechs Roboter, um einen Menschen zu ersetzen», so Holenstein. Insbesondere für komplexe Aufgaben wie die Zubereitung oder das Anrichten eines Gerichts sei der Mensch noch immer unabdingbar, da es dafür individuelle Fähigkeiten brauche.
So übernehmen Roboter in den Betrieben einfache, monotone Arbeiten wie beispielsweise das Abräumen von Speisen oder Geschirr oder die Zubereitung von Kaffee an einer Maschine, da sie dies schneller und effizienter erledigen können als ein Mensch. Zugleich können sie die Angestellten im Service unterstützen, wenn es mal stressig werden sollte. «Mensch und Maschine arbeiten damit Hand in Hand und nicht gegeneinander», so Holenstein.
Ein Serviceroboter bringt Kaffee zu den Gästen. (Bild: zVg)
Abhilfe beim Fachkräftemangel
Gleichzeitig sieht der Experte in den Robotern die Chance, einem grossen Problem der Branche entgegenzuwirken: dem Fachkräftemangel. Viele Angestellte hatten sich während der Pandemie wegen der unsicheren Lage umorientiert und der Gastronomie den Rücken gekehrt. Dabei ist die Situation vor allem im Servicebereich teilweise prekär. «Obwohl ein Roboter einen Menschen nicht eins zu eins zu ersetzen vermag, bin ich davon überzeugt, dass Roboter durch die Übernahme von kleinen Aufgaben diesem Fachkräftemangel zumindest teilweise entgegenwirken können», sagt Holenstein. Durch die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine könnten sich die Angestellten mehr auf ihre zentralen Aufgaben - die Gästebetreuung und den Gästekontakt - kümmern und den Gästen damit einen angenehmen Aufenthalt bieten.
Neben dieser Zusammenarbeit generieren diese Roboter aber auch einen marketingstrategischen Vorteil für die Betriebe. «Da es noch nicht alltäglich ist, einen Roboter in einem Gastronomiebetrieb zu sehen, ist der Überraschungseffekt für die Gäste sehr gross», so Holenstein. Dieser locke nicht nur neue Gäste in den Betrieb, sondern generiere dank Social-Media auch eine grössere Reichweite für den Betrieb, was in der jetzigen Pandemiezeit Gold wert ist.
Gute Perspektive
Die Vorteile der Technik der Zukunft scheint sich in den letzten Monaten herumgesprochen zu haben. Denn trotz grosser Zweifel, vor allem von Seiten der kleinen Betrieben, kann sich Pogastro kaum noch vor Anfragen retten. Das hat selbst CEO Holenstein überrascht. «Wir hatten immer Mühe, der Gastronomiebranche die Digitalisierung schmackhaft zu machen. Dank Corona fällt uns das nun ein bisschen leichter», sagt er. Zur Zeit seien schweizweit 20 Roboter an verschiedenen Standorten im Einsatz.
Wer sich einen solchen Roboter zulegen will, muss allerdings tief in die Tasche greifen. Der Listenpreis für einen BellaBot Serviceroboter liegt Stand heute bei knapp 22'000 Franken. Für Holenstein ist daher klar, dass man nicht jeden Betrieb vom Einsatz eines Roboters überzeugen können wird. Das sei aber auch nicht nötig. «Der Einsatzbereich eines Roboters muss auch in Zukunft zu den Bedürfnissen eines Betriebs passen und die Arbeit im Betrieb erleichtern», so Holenstein. Solange diese Voraussetzungen gegeben sind, besteht kein Zweifel, dass sich Roboter langfristig in der Gastronomie etablieren werden. Bis in fünf Jahren sollen gemäss Pogastro circa 2000 Roboter im Einsatz stehen.