Gastronomie

Mehr Attraktion als Arbeitskraft

Cristina Bürgi – 13. Juli 2017
Roboter werden häufig als drohende Gefahr für Arbeitsstellen wahrgenommen. Dabei können sie für die Branche auch eine Chance sein.

In der kalifornischen Pizzeria «Zume» sorgen sie dafür, dass die Tomatensauce gleichmässig auf dem Teigboden verteilt wird. In ­Pakistan bringen sie – als Frauen ­verkleidet – den Gästen die Bestellung an den Tisch. Und in Japan heissen sie die ­Besucher am Hotel-Empfang willkommen oder verstauen deren Gepäck: Roboter.

Die intelligenten Maschinen werden zunehmend als ­Bedrohung für die Arbeitsstellen im Gastgewerbe gesehen, da sie bereits in Küche, Service und Empfang eingesetzt werden konnten. Fakt ist aber, dass Roboter derzeit noch sehr limitierte Fähigkeiten haben. Sie arbeiten zwar präzis, aber sehr langsam – zu langsam für eine dynamische Branche wie die Gastronomie. Ausserdem haben sie Schwachstellen: einerseits ihre Batterielaufzeit, andererseits ihre Kommunikationsfähigkeit. Zwar gibt es humanoide Roboter wie «Pepper» (siehe Bild), der die Emotionen von Menschen erkennen und mit ihnen sprechen kann. Aber seine Ausdrucksmöglichkeiten kommen bei weitem noch nicht an jene eines Menschen heran.

In einer sozialen Branche wie dem Gastgewerbe ist das Zwischenmenschliche von zentraler Bedeutung. Roboter sind zwar futuristisch und unterhaltsam und locken dadurch Gäste an. Sie können aber (noch) nicht ein herzliches Lächeln ersetzen oder ein tiefgründiges Gespräch führen. Und auch für die kreative Rezeptentwicklung oder den Umgang mit individuellen Gästewünschen sind sie derzeit noch nicht einsetzbar.

Vielleicht liegt es an diesen Schwächen, dass die Mehrheit der Kochlernenden Roboter als Ergänzung, nicht als Konkurrenz sieht. Das zeigt eine aktuelle Studie der Hotel & Gastro Union, die im Rahmen des ersten Gastro Trend Day in Luzern präsentiert wurde. Gemäss der Studie betrachten Restaurationsfach- und Kochlernende die intelligenten Maschinen eher als Unterstützung, Lernende aus den Bereichen Hauswirtschaft, Kaufmann und Bäcker / Konditor-Confiseur hingegen eher als Bedrohung für ihre Zukunft. 72 Prozent der insgesamt knapp 1200 Befragten haben immerhin das Gefühl, dass es ihren Beruf auch in 20 Jahren noch geben wird.

Die Chancen dazu stehen gut: Gemäss Eugen Elmiger, CEO beim Obwaldner Antriebsspezialisten Maxon Motor AG und Referent beim Gastro Trend Day, werden sich Roboter nur langsam in unseren Alltag schleichen: «In zehn Jahren gibt es vielleicht die ersten Roboter, die uns über die Strasse helfen werden.» Aber erst in rund 20 Jahren seien Roboter in der Lage, mit Menschen richtig zu kommunizieren. «Im Gastgewerbe muss man keine Angst vor Robotern haben», ist Elmiger überzeugt: «Durch ihre Unterstützung kann man eher noch besser und produktiver arbeiten, kochen, servieren.»

Das sieht auch Roland Siegwart, Professor für autonome mobile Roboter an der ETH Zürich, so: «Roboter sind enorm komplex. Sie müssen sehen, spüren und verstehen können. Zudem müssen sie lern- und anpassungsfähig und somit leicht programmierbar sein.» Ganz schön viele Anforderungen für eine Maschine, die erst seit kurzem im Gastgewerbe eingesetzt wird. «Derzeit lohnen sich Roboter in wirtschaftlicher Hinsicht noch nicht», stellt Siegwart denn auch fest: «Dafür sind sie noch zu langsam und unflexibel.»

Doch das Potenzial für die helfenden Maschinen ist vorhanden: Eine grosse Unterstützung könnten sie vor allem für repetitive Aufgaben sein, die bei den Mitarbeitenden in der Regel unbeliebt sind: zum Beispiel Geschirr abwaschen, aufräumen, Getränke mixen et cetera. Zwar arbeiten die Roboter noch nicht schnell genug, doch hier könnte die Schweiz eine Chance ergreifen und ihnen auf die Sprünge helfen – immerhin hat sie mit diversen bekannten Erfindungen gezeigt, dass sie technisch absolut mit Grossmächten wie den USA oder Japan mithalten kann. Angst um verlorene Arbeitsstellen muss man jedenfalls keine haben. Denn wie es Eugen Elmiger auf den Punkt bringt: «Ein Roboter kann ohne Motor nicht funktionieren – und auch nicht ohne Menschen.»