In der Schweiz fallen jährlich rund 2 Millionen Tonnen Food Waste an, davon 110 000 in der Gastronomie. Diese Lebensmittelabfälle belasten nicht nur die Umwelt, sondern auch das Portemonnaie: Denn wer Lebensmittel und Lebensmittelreste entsorgt, schmeisst letztlich auch Geld weg. Einer, der sich damit bestens auskennt, ist Roger Lanz: Der Küchenchef von Compass Group Schweiz arbeitet im Scolarest Restaurant Fusion meal & coffee an der ETH Hönggerberg. Er ist auf die Optimierung gastronomischer Betriebe spezialisiert und schult regelmässig Küchenchefs in Sachen Food Waste.
GastroJournal: Was sind häufige Ursachen für Food Waste?
Roger Lanz: Der grösste Anteil entsteht beim Tellerrücklauf. Aber auch eine falsche Planung und ein zu grosses Angebot sorgen dafür, dass am Ende des Tages Reste übrig bleiben.
Ich rate stets zu dem Motto ‹klein, aber feinWas kann man dagegen tun?
Ich rate zum Motto «klein, aber fein»: Ein Küchenchef sollte lieber eine kleine Speisekarte mit ausgewählten Gerichten anbieten als eine grosse, die viele verschiedene Produkte verlangt. Entsprechend klein sollte auch das Lager ausfallen, wenn möglich mit häufigem Umschlag. Dadurch kann der Küchenchef sicherstellen, dass keine Waren vergessen werden oder ihre Haltbarkeit abläuft. Wichtig ist zudem, Speisen gut zu kombinieren und beispielsweise die Polenta vom Vortag kreativ in ein neues Gericht einzubauen. Auf dem Teller sollten die Reste für den Gast nicht erkennbar sein. Können Sie uns Beispiele für eine optimale Lebensmittelverwertung nennen?
Ich benutze etwa Brokkoli-Stiele, um daraus asiatische Kohl-Küchlein zu backen. Auch Fleischfasern kann man in Teig ausbacken, das schmeckt fantastisch. Und aus Reis vom Vortag mache ich Arrancini, italienische Reisbällchen. Das kommt bei den Gästen sehr gut an. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Gründe, um Food Waste zu vermeiden?
Das Ziel ist ganz klar, natürliche Ressourcen einzusparen und die Nachhaltigkeit zu sichern. Ich persönlich habe zwei Kinder und möchte, dass sie auch noch etwas von der Erde haben. Ein positiver Nebeneffekt dieses Engagements ist, dass die Kosten gesenkt werden: Denn wenn man keine Lebensmittel entsorgen muss, verliert man auch kein Geld und kann aus den gewonnenen Ressourcen Neues kreieren. Somit ist es eine dreifache Win-win-Situation: für den Gast, die Umwelt und den Unternehmer.
Eine Win-win- Situation für Umwelt und UnternehmerZusammen mit der Organisation United Against Waste bieten Sie Food Waste-Coachings in Restaurants an. Welche Hürden beobachten Sie bei der Umsetzung der Massnahmen?
Generell hat die Restenverwertung leider einen schlechten Ruf in der Gastronomie, gerade in der heutigen Überflussgesellschaft. Ich höre zum Beispiel oft aus der höheren Gastronomie, dass die Küchenchefs ihren Gästen die Restenverwertung nicht zumuten wollen. Dem gegenüber steht aber die Kunst, mit den Resten etwas Kreatives und Neues zu erschaffen. Meiner Meinung nach ist die Kommunikation mit dem Gast entscheidend. Meine Erfahrung zeigt, dass, wenn man dem Gast die Wichtigkeit der Massnahmen aufzeigt und er sich selbst von den Kreationen überzeugen kann, er dies versteht und den schonungsvollen Umgang mit Ressourcen schätzt. Das gilt zum Beispiel auch, wenn man die Portionen verkleinert: Der eine Gast ist gar glücklich darüber, weil er so nichts zurücklässt, für den anderen Gast passt es auch, solange er sicher weiss, dass er bei grösserem Hunger einen Nachschub erhält. Was halten Sie von Doggy Bags, die sich zunehmend etablieren?
Es ist eine gute Bewegung, doch man muss darauf achten, dass der Gast dadurch keiner Gefahr ausgesetzt ist. Es empfiehlt sich, die Box zu beschriften: Die Gäste sollten den Inhalt maximal 2 Stunden nach dem Restaurantbesuch kühlstellen und innerhalb von 24 Stunden konsumieren. www.scolarest.ch/eth