Gastronomie

Im Restaurant D’Chuchi ist man bereit mehr zu leisten

Christine Bachmann – 19. März 2019
Ein Restaurant wie D’Chuchi von Jan Schmidlin und Andrea Zürcher erwartet man in Zürich – es steht aber in Schaffhausen.

«Blos e chlini Stadt», hat nicht nur Liedermacher Dieter Wiesmann liebevoll festgestellt, sondern auch Gastgeber Jan Schmidlin vom Restaurant D’Chuchi: «Schaffhausen ist ein Dorf, hier kennt jeder jeden.» Das bringe durchaus seine Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich, wenn man hier mit einem innovativen Konzept an den Start geht. Und doch: Jan Schmidlin und seine Partnerin Andrea Zürcher möchten ihre «Chuchi» nicht an einem anderen Ort wissen. «Wir stammen beide aus Schaffhausen, sind hier zu Hause und schätzen die familiäre Atmosphäre, den Groove – und wir konnten uns in den letzten Jahren hier gut etablieren», erzählen die beiden. So werden sie heute von vielen Stammgästen frequentiert, die das kleine, gemütliche Lokal mit 5 Tischen und maximal 27 Plätzen zu schätzen wissen. Eine Grösse, die fordert, da sie vor allem an den Wochenenden die Tische vier Mal vergeben könnten. «Aber wir möchten momentan kein grösseres Lokal», betont Jan. So klein der Betrieb, so klein das Team. Neben Jan arbeiten Layla, die zu 100 Prozent im Service wirkt, sowie der Kochlernende Linus im Restaurant. Und ­Andrea, die zu 100 Prozent ihre kaufmännische Anstellung behalten hat, führt die Buchhaltung, macht die Wäsche und springe auch mal vor Ort ein, wenn Not an der Frau ist. «Das sei schon intensiv, aber irgendwie auch schön», sagt sie und fügt an: «Wenn mir jemand vor ein paar Jahren gesagt hätte, dass ich heute in einem Restaurant mithelfe, dann hätte ich gesagt, ‹du spinnst!›». Der Kreative und die Bodenständige
Jan Schmidlin wusste schon früh, dass er irgendwann einmal in seinem Leben einen eigenen Betrieb haben möchte. Als gelernter Koch, «ich habe meine Lehre im Restaurant Park am Rheinfall bei Johannes Meyer absolviert», war Kochen eigentlich schon immer in seinem Kopf. Immer? «Ja, immer. Wenn Andrea in den Ferien am Strand liegt und ein Buch liest, dann tüftle ich daneben an einem neuen Rezept.» Er ist der Kreative, der gerne mal seine Spinnereien im Kopf umsetzen möchte. Sie die Bodenständige, die ab und an schon mal bremst, wenn seine Ideen wieder einmal das Budget sprengen. «Aber irgendwann bekommt er dann doch, was er sich wünscht», sie lacht. «Ja, ich bin manchmal zu euphorisch, dann holt sie mich wieder auf den Boden zurück», stimmt Jan lachend mit ein.

«Die Gäste ­glücklich zu ­machen, das ist mir wichtig.»
Nach seiner Zeit am Rheinfall verschlug es Jan für ein Jahr nach Ebnat-Kappel in den Kappelerhof. Danach folgten 4,5 Jahre im Restaurant Sommerlust in Schaffhausen bei Verena Prager. «Dort habe ich mich vom Commis bis zum Küchenchef hochgearbeitet. Das war eine tolle Zeit, in der ich sehr viel gelernt habe.» In dieser Zeit hat Jan dann auch Andrea über einen gemeinsamen Freundeskreis bei einem Geburtstag kennen und lieben gelernt. Seit sechs Jahren sind die beiden nun ein Paar. «Am Anfang ist es schwierig für mich gewesen, weil Jan gearbeitet hat, wenn ich frei hatte und umgekehrt. Heute haben wir unseren freien Sonntag und ich geniesse es manchmal auch unter der Woche, die Abende für mich zu haben», sagt Andrea. Doch nicht nur privat mussten die beiden sich finden, auch im Geschäft. Denn während das Restaurant für Jan der Lebensinhalt ist, ist es für Andrea «ein Plus». «Als ich die ersten Male in der Küche eingesprungen bin, sind wir uns so in die Haare geraten, dass ich einfach gegangen bin», erinnert sich Andrea. Denn Jan sei in der Küche anders als privat. «Das musste ich erst verstehen und da mussten wir uns auch finden.» Heute klappe es aber wunderbar, «weil jeder weiss, wo die Grenzen des anderen sind». «Denn du bist schon ein Perfektionist, aber ich kein gelernter Koch», hält Andrea fest. Selbstständig und verankert
Dass «d‘Chuchi» heute Jans Reich ist, hat eine Vorgeschichte. «Nach meiner Zeit in der Sommerlust hat mich Patrick Schindler angefragt, der heute mit ­Nenad Mlinarevic das Restaurant Bauernschänke in Zürich betreibt, ob ich in seinem neu eröffneten Lokal in Schaffhausen arbeiten möchte.» Jan sagte zu und kam 2014 in «d‘Chuchi», die er im Januar 2017 dann übernahm, weil Schindler weiterziehen wollte. «Für mich ein Glücksfall, auch wenn die Selbstständigkeit fordert und man mehr leisten muss. Vor allem weil der Anspruch an sich selbst stetig steigt», sagt Jan. «Und es gibt viel zu tun», ergänzt Andrea. «Denn zusätzlich zur Arbeit als angestellter Koch muss man auf einmal auch noch die Wäsche waschen, die Buchhaltung machen, den Betrieb auf Hochglanz bringen et cetera.» Als Koch ist mir sehr wichtig, die Gäste glücklich zu machen. Jans «d‘Chuchi» steht für Produkte, die auch im Privaten, zu Hause auf den Tisch kommen, die aber noch lange nicht überall zu finden sind. Weiter ist ihm eine regionale Verankerung wichtig, «Pulpo wird man nie auf unserer Karte finden», sagt Jan, «auch wenn ich mich gerne international inspirieren lasse». Sie versuchten für Schaffhauser Verhältnisse mehr zu machen als andere. «Wir sind nicht in Zürich, und darum sind wir vielleicht auch ein wenig schwierig aufgestellt. Denn uns erwartet man hier nicht.» Dennoch, so lange sie die Umsätze halten beziehungsweise steigern könnten, so lange machen die beiden weiter. Ja, weiter und das an einem «Ort, wo sich’s guet lääbe loot».