Gastronomie

Handschrift der Winzer

Sigi Hiss – 24. Juli 2017
Die Österreichischen Traditionsweingüter aus vier Wein­regionen sind eine Winzervereinigung, die auf Qualität statt auf Masse setzt.

Die Gäste im Restaurant kennen sich in Sachen Wein immer besser aus. Sie informieren sich über Weinzeitschriften und besuchen Degustationen. Das führt dazu, dass ihre Ansprüche an die Qualität des Weins immer grösser werden. Darum sind die Winzer bestrebt, die Qualität ihrer Weine stets zu verbessern. So zum Beispiel in Österreich.

Vier niederösterreichische Weinregionen machen seit einiger Zeit von sich reden. Sie befinden sich rund um die Wachau. Winzer aus dem Kamptal, Kremstal, Traisen- tal und der Wagram haben sich zu den «Österreichischen Traditionsweingütern» zusammengeschlossen. Aus dem kleinen Kreis, der sich seit 1990 immer wieder traf, ist inzwischen eine dynamische Gruppe von 33 Spitzenweingütern entstanden.

Anfangs diskutierten die engagierten Winzer vor allem über die Lagen und deren Zusammenhang mit der Qualität und Identität des Weines. Wein sollte nach seiner Herkunft, nach dem Boden, dem Kleinklima, der Traube und auch der Handschrift des Winzers schmecken, so das Credo der «Österreichischen Traditionsweingüter». Um dieses umzusetzen und mit Leitplanken zu unterstützen, wurde 2010 eine eigene Klassifizierung eingeführt – «Erste Lage» genannt.

Den Winzern ist bei der Selektion der Lagen wichtig, dass sie eine hervorragende Qualiät der Weine hervorbringen. Rieden, so bezeichnet man Weinbergslagen in Österreich, die den Anforderungen der Klassifizierung gerecht werden, dürfen sich dann «Erste Lage» nennen. Doch ist das nur ein erster Schritt. Die 33 Winzer wollen in der Zukunft weitere Verfeinerungen festlegen.



Bis die komplette Klassifizierung der «Österreichischen Traditionsweingüter» ganz ausgearbeitet ist, werden noch einige Jahre vergehen. Man gibt sich bewusst Zeit. Zeit um Erfahrungen, begleitet von wissenschaftlichen Erkenntnissen, zu sammeln und daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Welche Lagen passen am besten zu der Rebsorte? Und gibt es vielleicht innerhalb einer Lage ein ganz besonderes Teilstück, das wiederum den Weinen einen noch prägnanteren Ausdruck verleiht? Eben auf filigranste Art und Weise das Terroir herausarbeiten. Und zu diesem gehört auch die Persönlichkeit des Weinmachers, die sich bewusst im Wein wiederfinden soll.

Die 33 Winzer der «Österreichischen Traditionsweingüter» stecken viel Arbeit in ihre Weine. Sie tun sich mit Boden- und Klimaexperten zusammen und erkunden mit Schaufel und Spaten die Rieden. Klima und Wetter­analysen aus den langjährigen Erfahrungen der Winzer und den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen fliessen ineinander, immer in Verbindung mit den zwei zugelassenen Rebsorten, Grüner Veltliner und Riesling. Auch fordern die Winzer von den Weinkritikern fundierte Rückmeldungen ein. Zeigt der Wein die Charakteristik der Riede wieder? Trotzdem ist nichts in Stein gemeisselt. Immer wieder wird das Erreichte hinterfragt und um neue Erkenntnisse erweitert.
Der bisherige Erfolg gibt den «Österreichischen Traditionsweingütern» recht. Qualität wie auch das Ansehen der Mitgliedsbetriebe sind seit ihrem Zusammenschluss enorm gestiegen. Fraglos sind die «Ersten Lagen» Weine mit Rückgrat, fordernd und nie langweilig, die sich erst nach ein paar Jahren der Ruhe ganz entfalten. Die Individualität der einzelnen Lage und die engagierten Weinmacher sind eine Marschroute zu gros- sen Weinen. Bei den Weinen der «Österreichischen Traditionsweingüter» schmeckt man nicht die Weinregion wie das Wagram, Kamp-, Traisen- oder Kremstal, sondern den Grünen Veltliner Feuersbrunner Spiegel oder den Ehrenfelser Riesling. Diese «Ersten Lagen» sind nicht gerade günstig, sie kosten aber viel weniger, als sie tatsächlich wert sind.