Gastronomie

Gesucht: Nachfolge!

Christine Bachmann – 25. Januar 2019
In der Schweiz sind pro Jahr über 10 000 Firmeninhaber mit einer Nachfolgeregelung konfrontiert. Wie sie gelingt: erfolgreiche Beispiele aus dem Gastgewerbe.

«Am Tag nach der Eröffnung am 24. Oktober 1990 haben wir das erste Mal über die Nachfolgeregelung nachgedacht», er-zählt Gastgeberpaar Mimi und Louis Bischofberger vom Gast-hof Kreuz in Egerkingen. Aktiv damit begonnen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, hätten sie dann aber «erst» vor zehn Jahren. «Und an die Öffentlichkeit gegangen sind wir damit dann 2015, weil wir ja keine familieninterne, sondern eine externe Nachfolge suchten.» Diese haben Mimi und Louis nun endlich gefunden. Seit Dezember 2018 ist klar, wer ihr Lebenswerk weiterführen wird: «Christian Wyler und Ul-rike Többen sind die perfekten Nachfolger», sind beide über-zeugt. Rückblickend konstatieren sie, dass sich die frühe Aus-einandersetzung mit dem Thema sehr gelohnt hat. Relativ früh mit der Nachfolgeregelung begonnen hat auch Gastgeberfamilie Vogel vom Märchenhotel Bellevue in Braunwald. Im Gegensatz zu Mimi und Louis Bischofberger mussten sich Vogels jedoch nicht um eine externe Nachfolge umsehen, sondern konnten den Betrieb der dritten Genera-tion übergeben. «Mit den ersten Schritten zur Übergabe ha-ben wir bereits fünf Jahre vor der Übergabe begonnen», erin-nert sich Gastgeber Patric Vogel. Drei Jahre vor dem Wechsel hätten sie dann aktiv zu planen sowie zwölf Monate vor dem Tag X mit einem Coach intensiv zu arbeiten begonnen. Auch Vogel ist davon überzeugt, dass sich eine langfristige und in-tensive Auseinandersetzung mit dem Thema lohnt. Herausforderungen meistern
Planerisch gesehen sind Bischofberger wie auch Vogel vorbildlich vorgegangen – keine Selbstverständlichkeit. Denn gut 70 Prozent der Nachfolgeregelungen werden gar nicht oder zu spät angegangen. Was es heisst, ins kalte Wasser geworfen zu werden, weiss Stéphanie Portmann, Inhaberin und Geschäftsführerin der Fred Tschanz AG. 2013 hat sie als 27-Jährige die Betriebe ihres Grossvaters praktisch über Nacht übernommen. Blickt sie heute zurück, so war für sie eindeutig die grösste Herausforderung, keine Vorbereitungszeit sowie keine Übergangsphase zu haben. «Wir mussten erst Strukturen erarbeiten, denn durch den Generationenwechsel ergaben sich zwangsläufig viele Veränderungen», betont Portmann. Doch auch wer familienintern und langfristig seinen Be-trieb an die nächste Generation übergibt, hat mit Hürden zu kämpfen. So war für Gastgeber Patric Vogel eine der grössten Herausforderungen, die familieninternen Spielregeln zu definieren, «die dann auch eingehalten werden sollten», meint er mit Schmunzeln. Für Mimi und Louis Bischofberger indes war es die Positionierung des Betriebes, denn der Gasthof mit Säli sei zu gross für Durchschnittswirte und zu klein für Manager. «Interessenten, die wirklich selbst an packen wollen und können, sind dünn gesät. Hinzu kommt das finanzielle Engagement, ein Grundsatzproblem», wie Louis Bischofberger fest-hält. Herausfordernd sei zudem gewesen, die Gäste und Mitarbeitenden zu informieren, ohne sie frühzeitig «kopfscheu» zu machen, denn die Nachfolgersuche brauche Zeit, die oft fehlte. Lerneffekt weitergeben
Müssten die drei Gastgeber ihren Berufskollegen einige Tipps mit auf den Weg geben, so steht für Patric Vogel fest: «Frühbeginnen und auch neue Modelle der Führung sowie Konzepte zulassen.» Wichtig sei zudem, die Erwartungen beider Seiten klar zu definieren sowie gegenüber den Mitarbeitenden stets offen zu kommunizieren. Weiter sei elementar, die bestehende Strategie zu überdenken, betont Vogel, bei gleichzeitigem Erhalten des «alten Know-hows» im Betrieb. Vogel rät Gastgebern auch, das ganze Vorhaben nicht alleine, sondern mit Unterstützung durchzuführen: «Hier den Mut haben, Geld in Beratung sowie Coaching zu investieren.» Denn externe Personen könnten die Stärken und Schwächen von solchen Konstrukten einfach besser und neutraler beurteilen. «Es braucht aber die Offenheit, dass man Externe in die Familie holt.» Konkret hat Familie Vogel während der Übergangszeit auf einen Nachfolge-Coach/Unternehmensberater, einen Steuer-/Lebensvorsorge-Planer sowie einen Rechtsanwalt für diverse Verträge zurückgegriffen. Auch Portmann hat auf einen Berater zurückgegriffen, «und zwar langfristig. Denn auch nach drei Jahren war ich noch in der Findungsphase meiner Rolle und brauchte eine Aussensicht». Zu guter Letzt sei auch wichtig, die Übergangszeit von der alten auf die neue Führung möglichst kurz zu halten. «Wir wollten zu Beginn sechs Monate Übergang, haben es auf drei Monate reduziert und letztlich haben die Eltern nach sechs Wochen gesagt:‹Let’s do it.› Dafür bin ich ihnen heute noch dankbar», betont Patric Vogel. Auf externe Hilfe zurückgegriffen haben auch Bischofbergers, wenn auch ihre Meinung zum Thema Berater eher ambivalent ist. «Es gibt Bereiche, vor allem bei Finanziellem und Verträgen, in denen externe Fachleute sinnvolle Unterstützung bieten können. Oder um optimale Verkaufsunterlagen mit Zukunftsszenarien zu erstellen, ist auch die Unterstützung von Architekten, Planern und Layoutern sinnvoll», betonen beide. So haben Mimi und Louis verschiedene Firmen und Spezialisten beauftragt, etwas Brauchbares sei dabei jedoch nirgends herausgekommen. «Das heisst, wir haben zwar jedes Mal viel gelernt und Theorien erklärt bekommen, aber mögliche Käufer, die auch operativ einsteigen wollten, gab es nie. Alle ernsthaften Interessenten kamen über unsere Kontakte. Und so auch der Glücksfall mit den neuen Betreibern.»