Beim legendären Raphaele Huber, der im Zentrum des grossen, gastgewerblichen Zürcher Korruptionsskandals stand, hatte er im Rahmen seiner Wirteprüfung den juristischen Bereich abzulegen, den er glänzend bestand. Im legendären autonomen Jugendzentrum AJZ, das am Zürcher Silhquai dort stand, wo heute Flexibusse halten, war er unter anderem Mitglied der Küchengruppe mit dem sinnfälligen Namen «hilflos». Heute ist Koni Frei selber eine Legende: Als treibende Kraft einer GmbH, mit verschiedenen Lokalen rund um den Zürcher Helvetiaplatz, nimmt er einmal wöchentlich an den Kadersitzungen teil – ansonsten hat er sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Gut, eine Mehrgenerationen-Bar will er demnächst in Zürich noch eröffnen, und an seinem Ferienort Klosters ist er nach wie vor im Club Casa Antica engagiert. Im Pfarrhaus am Familientisch seien jeweils viele Menschen gesessen, erinnert sich Frei an die Anfänge. Das habe ihn fasziniert, «Pfarrhäuser waren in früheren Jahrhunderten ja oft auch Gasthäuser». Sein Weg ins Gastgewerbe war damit aber nicht vorgezeichnet: Frei studierte in Zürich Wirtschaft und Theologie, machte in den 1960er-Jahren Abstecher zu einem Onkel, der in Argentinien Entwicklungshilfe leistete, und geriet in jenem legendären Jahrzehnt mitten in die Zürcher Jugendbewegung.
Koni Frei: «Pfarrhäuser waren in früheren Jahrhunderten ja oft auch Gasthäuser».In dieser Bewegung engagierte er sich autonom bis 1993. Quereinstieg ins Gastgewerbe «Bei Hans Wehrli, damals Mitglied der Stadtregierung und Liberaler alter Schule, wurden wir mit dem Projekt vorstellig, die Kanzlei-Turnhalle zu übernehmen», blickt Frei auf einen Schlüsselmoment zurück. Die Kanzlei war ein Brennpunkt der Zürcher Bewegung, die Obrigkeit hatte alle Hände voll zu tun, um die Ordnung aufrechtzuerhalten – und sie entschied sich nach einigem Zögern dafür, der Gruppe um Frei die betriebliche Verantwortung zu übergeben. « Weil das damals noch vorgeschrieben war, machten einige von uns den Wirte- kurs», erzählt Frei. Aus dem ersten 5-Jahres-Vertrag wurden Jahrzehnte, und zur Kanzlei ist eine Handvoll Betriebe hinzugekommen, in denen nicht nur Drinks und Häppchen verkauft und Partys gefeiert werden. Spätestens mit der Übernahme des Volkshauses, das neben Barbetrieb, Seminar- und Konzertlokalen auch eine traditionsreiche Küche bietet, kam Frei vor zehn Jahren sozusagen in jener gastgewerblichen Liga an, in der auch Persönlichkeiten wie Candrian oder Bindella spielen. «Du musst es mit Herz tun, aber die Rechnung muss auch aufgehen», umreisst er sein ebenso einfach klingendes wie schwierig umzusetzendes Erfolgsrezept: «Gastronomie braucht eine Seele», ist er überzeugt – und weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich weltweit keine einzige Kette von Bars etablieren konnte. Zwar bedauert Frei, dass der Patentzwang weitum gefallen ist und den Verantwortlichen deshalb oftmals grundlegende Fertigkeiten zum Betrieb eines Lokals fehlen. Doch zurück in die alten Zeiten von Bedürfnisnachweis und Patentzwang möchte Frei nicht: Obwohl die vielen guten Take-aways mittlerweile das traditionelle Mittagsgeschäft in Mitleidenschaft ziehen, bewertet er sowohl die Vielfalt als auch den Unternehmergeist von Einsteigern positiv – zumal viele Bessergestellte darunter seien, die sich auch ein Scheitern leisten könnten. In der Stadt seine Ruhe haben «Thema ist weniger, dass jeder ein Lokal eröffnen darf», findet Frei. Natürlich sei es unverzichtbar, auf gute Produkte zu achten, den Mitarbeitenden Sorge zu tragen und sich insbesondere an Gesamtarbeitsverträge zu halten. Aber Thema seien inzwischen doch eher technische Beschränkungen, in Zürich aktuell durch die neue Bewilligungspraxis für Nachtlokale repräsentiert: Statt der Polizeibehörden sind jetzt die Baudepartemente zuständig, und gegen Baubewilligungen gibt es umfassende Rekursmöglichkeiten.
Koni Frei: «Sie ziehen in die Städte, wollen dort ihre Ruhe haben und setzen das juristisch durch.»Der Vielfalt von Lokalen in Zürich und anderen Städten stehe halt eine zunehmende Zahl von gutgestellten Leuten gegenüber, sinniert Frei über die Hintergründe dieser Entwicklung: «Sie ziehen in die Städte, wollen dort ihre Ruhe haben und setzen das juristisch durch.» Auch wenn das die Mieten hochtreibe, wolle er aber keineswegs jammern, betont Frei. Das Gastgewerbe sei populärer denn je, die Gäste strömten in die angesagten Lokale und schätzten zunehmend Qualität im umfassenden Sinn: «Das ist auch der Preis unseres eigenen Erfolgs.»