Politischer Vorstoss will irreführenden Onlinebewertungen ein Ende setzen

Oliver Borner – 05. September 2024
Irreführende Bewertungen auf Google, Tripadvisor und dergleichen machen dem Schweizer Gastgewerbe das Leben schwer. Ein Vorstoss im Parlament will diesen Bewertungen einen Riegel schieben.

Das Gastgewerbe lebt von Bewertungen. Mal wird ein Betrieb gut beurteilt, mal weniger gut, mal schlecht. Das gehört zum Geschäft dazu. Auf Bewertungsplattformen kommt es dennoch immer wieder vor, dass User Betriebe gezielt schlecht reden oder diskreditieren.

Fake-Bewertungen schaden dem Gewerbe

In der Schweiz leidet unter anderem das Gastgewerbe stark unter diesen Bewertungen. Eine Umfrage von GastroSuisse ergab 2024, dass über 80 Prozent der Befragten bereits mit unwahren, irreführenden oder verletzenden Kommentaren auf Bewertungsplattformen konfrontiert wurden.

Weiter gaben 50 Prozent der Unternehmen an, solche Bewertungen regelmässig zu erhalten. Zudem berichteten 21 Prozent der Befragten, dass sie von Gästen bereits einmal erpresst wurden, die mit negativen Online-Bewertungen drohten. Dabei sind die Möglichkeiten in der Schweiz sehr begrenzt, um gegen nicht sachgemässe Kommentare vorgehen zu können.

Solche Falschbewertungen sind nicht nur für Gastro- und Hotelleriebetriebe ein Problem. Auch Coiffeur-, Handwerks-, oder Verkaufsbetriebe sind von solchen missgünstigen Bewertungen betroffen. Eine Studie des britischen Wirtschaftsministeriums kam 2023 zum Schluss, dass 11 bis 15 Prozent der Rezensionen auf E-Commerce-Plattformen, die Elektronik, Haushaltswaren, Sport- und Outdoor-Artikel verkaufen, wahrscheinlich gefälscht sind.

Andere Untersuchungen gehen sogar von 30 bis 40 Prozent Fake-Bewertungen aus. Laut dem World Economic Forum verursachten Fake-Bewertungen weltweit jährlich wirtschaftliche Schäden in Höhe von etwa 152 Milliarden US-Dollar.

Bund soll aktiv werden

Aus diesem Grund will Fabio Regazzi, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands und Mitinhaber von drei Restaurants in der Region Locarno TI, handeln. Der Tessiner Mitte-Ständerat fordert in einem Postulat den Bundesrat dazu auf, zu prüfen, welche gesetzlichen Massnahmen man treffen könnte, um die Transparenz bei Onlinebewertungen zu gewährleisten. Es soll abgeklärt werden, inwiefern Bewertungsplattformen in die Verantwortung genommen werden können.

Fabio Regazzi klein

Ständerat Fabio Regazzi will Falschbewertungen einen Riegel schieben. (Bild: Parlamentarische Dienste Bern)

Bemühungen gegen Falschbewertungen gibt es bereits im Ausland. In Deutschland trat 2022 ein Gesetz in Kraft, das Plattformen verpflichtet, offenzulegen, ob und wie sie die Echtheit von Kundenrezensionen überprüfen. Bisher ist der Erfolg allerdings aufgeblieben. In Österreich wird darum über ein Verbot anonymer Bewertungen diskutiert.

Weniger weit geht GastroSuisse: Der Verband schlägt eine Zwischenlösung vor. «Die Identität muss nicht zwingend veröffentlicht werden. Die Bewertungsplattformen könnten stattdessen verpflichtet werden, die Identität respektive das Kundenverhältnis zu überprüfen oder im Hintergrund Kontaktdaten zu erfassen, damit bei einer Beanstandung der Sachverhalt abgeklärt werden kann», heisst es auf Anfrage.

Bundesrat winkt ab

Von solchen gesetzlichen Massnahmen will der Bundesrat allerdings nichts wissen. «Der Bundesrat erachtet die geltende Gesetzesgrundlage als klar und ausreichend, um herabsetzende oder unrichtige bzw. irreführende sowie persönlichkeitsverletzende Onlinebewertungen erfolgreich zu bekämpfen», heisst es in der Stellungnahme zum Postulat. Das Verfassen eines Berichts zur Prüfung, wie der Bund missbräuchlichen Onlinebewertungen von Unternehmen begegnen kann, würde zu keinen neuen Erkenntnissen führen. Man wolle die Entwicklungen in der EU aber weiterhin verfolgen.

Über das Postulat wird am 23. September 2023 im Ständerat debattiert.