Gastronomie

Experiment Krone: Jeden Monat ein neuer Pächter, und das quasi gratis

Cristina Bürgi – 25. Mai 2017
Im st. gallischen Lichtensteig erhält eine leerstehende Taverne eine neue Funktion: Jeden Monat darf ein anderes Gastro-Konzept einziehen – und das quasi gratis.

Die «Taverne zur Krone» in Lichtensteig ereilte das gleiche traurige Schicksal wie so manches andere Gasthaus in einer Kleinstadt: Es steht seit längerer Zeit leer. Da sich die Suche nach einem geeigneten Pächter als schwierig erweist, hat sich die Gemeinde Lichtensteig, in deren Besitz sich das Restaurant befindet, etwas Besonderes aus­gedacht: Die Krone soll ab Ende Mai 2017 für ein Jahr lang zum Pop-Up-Betrieb mutieren. Das bedeutet, dass alle 30 Tage ein neues Gastro-Konzept in die Räumlichkeiten einziehen und sein Angebot bei den Gästen testen darf. Dabei kann der Betreiber – eine Gruppe oder ein Einzelner – die Räumlichkeiten sowie die Infrastruktur kostenlos benutzen. Wie es zu dieser Entscheidung kam? Für den Gemeinderat stand fest, dass er die Taverne zur Krone nicht kurzfristig an einen neuen Pächter mit zukunftsträchtigem Konzept vergeben konnte. Andererseits war ein Leerstand des Gasthauses nicht vertretbar, da dieses am Eingangspunkt zur Kleinstadt liegt und deswegen für den Austausch in der Bevölkerung und die Entwicklung von Lichtensteig sehr wichtig ist. Als Lösung schien daher eine Zwischennutzung naheliegend: Während dieser Phase kann der Gemeinderat Zeit gewinnen, um einen geeigneten Pächter für die Krone zu finden, und gleichzeitig Erfahrungen sammeln. Nach der Evaluation mehrerer Nutzungsvarianten fiel die Wahl auf das Projekt «Mini.Beiz für einen Monat». Martin Fricker Martin Frick, Gemeinderat und verantwortlicher des Projekts «Die Krone bleibt durch den Wechsel spannend» «Wesentlich für den Entscheid eines monatlich wechselnden Konzepts in der Krone waren drei Argumente», erklärt Martin Fricker, Gemeinderat von Lichtensteig und zuständig für die Umsetzung des Projekts: «Erstens können durch häufig wechselnde Konzepte verschiedene Zielgruppen angesprochen und dadurch mehr Bekanntheit erlangt werden. Zweitens möchten wir auch Leute in das Projekt involvieren, die sich im halbprofessionellen Bereich bewegen – das gibt eine ganz neue Dynamik. Drittens finden wir den regelmässigen Wechsel sehr spannend.» Inzwischen konnten für die ersten drei Monate des Projekts passende Pächter gefunden werden: Den Start macht der 25-jährige Severin Schönenberger mit seinem «Toggen-Burger»-Konzept: Serviert werden vier verschiedene, hausgemachte Hamburger sowie wöchentlich wechselnde Mittagsmenüs, Vegi-Angebote und Desserts. «Als mir Martin Fricker von der Zwischennutzung erzählte, war ich sofort begeistert», sagt der gelernte Koch. «Ich habe mich zwar von der Gastronomie verabschiedet und studiere inzwischen Film in Luzern, aber ich interessiere mich nach wie vor sehr fürs Kochen. Und während den Sommerferien habe ich genügend Zeit, um mich auf dieses neue Experiment einzulassen.» Ganz alleine ist er dabei nicht: Seine Partner Fabian Rütsche und Leonie Hinterberger, ebenfalls eine gelernte Köchin, stehen ihm zur Seite und kümmern sich um Service und Bar. Das ist auch der Gemeinde von Lichtensteig sehr wichtig: «Wir achten darauf, dass mindestens eine Person im Team ein Profi ist», erläutert Fricker. Zudem werden weitere Konditionen gestellt: «Auf das Konzept nehmen wir wenig Einfluss, aber es ist uns wichtig, dass es möglichst viele Leute anspricht. Ausserdem legen wir Wert auf normale Öffnungszeiten, idealerweise an mindestens drei Wochentagen sowie einem Wochenend-Tag, und einen generell offenen Zugang.» Aus diesem Grund überprüft der Gemeinderat die Bewerbungen sehr genau und steht den Interessierten beratend zur Seite. «Wir schauen uns an, ob ihr Konzept plausibel ist und ob sie über das Netzwerk verfügen, um ihre Idee in die Tat umzusetzen.» Wichtig sei hier auch eine realistische Personalplanung und ein gezielter Einkauf, wobei es auch bei diesem Punkt Konditionen zu beachten gibt: «Bei den Lebensmitteln bevorzugen wir es, wenn diese von regionalen Produzenten stammen», erklärt Fricker: «Und beim Bier hat die Krone einen Lieferantenvertrag mit der Brauerei Sonnenbräu.» Nicht zuletzt sei auch die Pacht der Krone nicht ganz kostenlos: «Die Nebenkosten müssen bezahlt werden, unter anderem die Endreinigung. Wir streben dafür eine Abgabe von rund 12 Prozent des Umsatzes an.» Für Severin Schönenberger sind diese Rahmenbedingungen mehr als in Ordnung: «Um mein Konzept einmal ausprobieren zu können, finde ich diese Konditionen sehr interessant.» Er sei gespannt auf die Herausforderung und freue sich, erste selbständige Erfahrungen zu sammeln und sein Konzept bei den Gästen zu testen.

Severin SchoenenbergerSeverin Schönenberger, Küchen-Chef und Burger-Kreator «Die Konditionen für die Pacht sind sehr interessant» Wie es mit der Krone nach dem «Toggen-Burger» weitergeht? Im Juli folgt eine «Tavola calda» mit einem fixen Menü pro Tag und im August ein noch nicht definiertes Konzept des Vereins Filmfabrik. Weitere potenzielle Pächter möchte die Gemeinde Lichtensteig demnächst anfragen, sie freut sich aber auch über Initiativbewerbungen. Ende Jahr wird sie die Krone ausserdem wieder zur Pacht ausschreiben: «Vielleicht bewirbt sich ja einer der Monats-Pächter für eine langfristigere Zusammenarbeit», meint Martin Fricker augenzwinkernd. www.krone-lichtensteig.ch