«Eine erfolgreiche Nachwuchsförderung beginnt bei uns»

Fabrice Müller – 16. Mai 2024
Bei der Nachwuchsförderung geht GastroBern neue Wege und lancierte vor eineinhalb Jahren das Projekt «Klassengastro». Schulklassen erleben die ­Gastroberufe zwischen Küche und Service hautnah. Bis jetzt haben rund 40 Klassen teilgenommen. Ein Erfolg!

«Ich helfe viel zu Hause und interessiere mich für den Gastrobereich. Ich mache gerne andere Menschen glücklich und serviere ihnen ein leckeres Menü», sagt Fabiana nach Abschluss ihres Projekts «Klassengastro» im Restaurant Löwen in Fraubrunnen BE. Auf die Frage, ob sie es sich vorstellen könnte, eine Lehre im Gastgewerbe zu absolvieren, meinte die Oberstufenschülerin: «Auf jeden Fall. Ich finde den Beruf sehr interessant.»

Auch ihr Mitschüler Lukas zeigte sich begeistert: «Ich erhielt einen tollen Einblick in den Beruf und lernte, mit meiner Nervosität umzugehen.» Als Massnahme gegen den Fachkräftemangel lancierte Gastro­Bern 2022/2023 das Projekt «Klassengastro». Bis heute wurden 40 solche Projekte mit Schülerinnen und Schülern im Berufswahljahr durchgeführt, wie Kevin Bracher, Gastgeber des Restaurants «Löie» in Fraubrunnen und Vizepräsident von Gastro Oberaargau-Emmental, informiert.

Ein bleibender und positiver Eindruck

Das Projekt ist eine Reaktion auf den aktuellen Personalmangel in der Gastronomie. «Wir wollen Jugendliche sowie Lehrpersonen und Eltern für unsere Berufe im Gastgewerbe sensibilisieren», sagt Bracher. Gleichzeitig gehe es darum, das Image der Berufe im Gastgewerbe aufzubessern und Vorurteile abzubauen. Durch das Projekt erhalten die Schülerinnen und Schüler einen konkreten, praxisnahen Einblick in die Arbeit eines Restaurants.

«Selber in der Küche zu stehen und gemeinsam zu kochen oder die Gäste zu bewirten, hinterlässt bei den Jugendlichen einen bleibenden und positiven Eindruck», ist der Gastgeber und Koch überzeugt. So war es denn auch beim Einsatz der Klasse von Fabiana, Lukas und ihren Klassenkolleginnen und -kollegen. Sie bekochten ihre Eltern sowie weitere Gäste, die für diesen Abend einen Tisch im «Löie» reserviert hatten. Das Restaurant war ausgebucht.

Schülerinnen planen, dekorieren, kochen und bewirten

Auf dem Programm steht jeweils ein Viergangmenü – zum Beispiel unter anderem mit einer Sauerrahmsuppe serviert sowie einem Pilzflammkuchen, einem Rindsragout mit Kartoffelstock sowie einer gebrannten Crème zum Dessert. ­Gemeinsam planen, dekorieren, kochen und bewirten die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrpersonen mit Unterstützung durch das Restaurantteam.

Während die Küchenbrigade die Gerichte anrichtet, begrüsst und bedient das Serviceteam die Gäste. Bacher ist mit den Leistungen der Schulklasse zufrieden: «Sie haben gute Arbeit geleistet und zeigten sich hochmotiviert.» Die Gerichte kamen bei den Gästen offenbar gut an. An einem Abend befanden sich französischsprachige Gäste im Restaurant, was für die Jugendlichen eine besondere Herausforderung darstellte.

Menü mit vier Gängen und passenden Getränken

Alle Gastrobetriebe im Kanton Bern können sich am Projekt beteiligen, vorzugsweise Ausbildungsbetriebe, wie Bracher betont. Das Restaurant stellt seine Räumlichkeiten sowie eine leitende Person in Küche und Service zur Verfügung.

Der Ablauf sieht wie folgt aus: Zwischen sieben bis zehn Schülerinnen und Schüler treffen um 13.30 Uhr im Restaurant ein. Bei einem Begrüssungsgetränk erfolgt die gegenseitige Vorstellung sowie eine Führung durch den Betrieb. Zudem werden die angebotenen Lehrberufe vorgestellt. Um 15 Uhr wird das Team in zwei Gruppen für Küche und Service aufgeteilt. Von der Produktion der Gerichte bis zur Tischdekoration wird an diesem Nachmittag alles von der Klasse – unter Anleitung und Mithilfe der Kadermitarbeitenden des Restaurants – hergestellt.

Gegen 18.30 Uhr treffen die Gäste ein. Mindestens 32 Plätze sollten durch die Klasse organisiert werden, die restlichen Plätze durch das Restaurant. Nach dem Apéro wird ein Menü mit vier Gängen und den dazu passenden Getränken serviert. Das Menü wird zu einem Fixpreis zwischen 50 und 80 Franken pro Person angeboten. Der gesamte Erlös geht an das Restaurant. GastroBern unterstützt sowohl den Betrieb als auch die Klasse mit einem Betrag von je 300 Franken.

Klassengastro 2

Die Küchenbrigade mit Gastgeber und Lehrmeister Kevin Bracher (3.v.r.). (Bild: Kevin Bracher)

«Erfolgreiche Nachwuchsförderung beginnt bei uns»

Laut Kevin Bracher ist die Nachfrage von Seiten der Schulen sehr gross. Schwieriger sei es dagegen, Gastrobetriebe für das Projekt zu gewinnen. «Natürlich bringt Klassengastro für die Betriebe einen gewissen Mehraufwand mit sich», sagt Kevin Bracher, «doch die Arbeit lohnt sich». Der Gastgeber aus Fraubrunnen konnte dank Klassengastro allein aus einem Anlass vier Schnupperlernende rekrutieren.

Inzwischen haben zwei Jugendliche nach fünf Klassengastro-Anlässen im «Löie» einen Lehrvertrag unterschrieben. «Es ist bekanntlich schwierig, Lernende zu finden. Die beiden Schüler hätten sich ohne den Kontakt durch Klassengastro vermutlich nicht für eine Ausbildung bei uns entschieden», ist der Lehrmeister überzeugt. Auch andere Betriebe, die sich am Projekt beteiligten, konnten auf diesem Weg Lernende gewinnen. «Eine erfolgreiche Nachwuchsförderung beginnt bei uns selber», betont Bracher. «Wir müssen den Jungen ein positives Bild als Chef vermitteln und Freude an unserem Beruf haben. Wenn wir Präsenz zeigen und alte Muster ablegen, stehen die Chancen gut, neue Lernende zu rekrutieren.»

Weitere Kantonalverbände sollen folgen

Nach der erfolgreichen Lancierung von Klassengastro soll das Projekt auch in anderen Kantonen Fuss fassen. Wie Kevin Bracher informiert, habe GastroAargau sein Interesse an der Teilnahme am Projekt bestätigt. Und auch GastroSolothurn werde das Projekt unterstützen. Aktuell laufen Gespräche mit weiteren Kantonalverbänden.