Gastronomie
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Romain Wanner – 06. Mai 2016
Am Montag hat Filipe Fonseca Pinheiro ­seinen letzten Probelauf für den Bocuse d’Or Europe in Budapest bestritten.

Es wird einiges geschimpft, das zeugt vom Druck. Hinter dem Tranchierbrett, ausgerüstet mit seinem Messer, kämpft Filipe Fonseca Pinheiro buchstäblich mit einem ungarischen Stör. Dieser hat das Auftauen schlecht vertragen. Und auch wenn sich ein solcher Vorfall nächste Woche beim Finale des Bocuse d’Or Europe nicht ereignen kann, da den Kandidaten frische Fische zur Verfügung gestellt werden, ärgert sich Filipe ein bisschen darüber. Die Organisatoren relativieren solche Vorkommnisse aber: Probleme beim letzten Training gehören dazu. Dennoch hat der Ärger mit dem Fisch seine Wirkung gezeigt: Filipe und sein Commis Nikola sind etwas im Stress. Im Restaurant Hôtel de Ville in Crissier, wo sich der letzte Probelauf abspielt, zeigt man sich zuver­sichtlich. Coach Jean-Michel Martin überwacht die Zeit und Präzision der Kochvorgänge. Und wenn er an diesem Montag noch Pfannen vom Herd nehmen oder Saucen umrühren kann, wird dies nächste Woche nicht mehr möglich sein. Dann wird er nur noch mündlich mit den beiden Köchen kommunizieren können. Er bleibt also Beobachter und insbesondere Zeitüberwacher. Vor ihm liegt ein Blätterstapel, auf dem alle Abläufe und verschiedenen Timings aufgeführt sind. Wenn sich Filipe beispielsweise an das Pochieren des Fisches macht, ermahnt ihn sein Coach: «Der Ofen muss auf 78 Grad statt 75 eingestellt sein.» Ein Fehler, der sogleich behoben wird. Franck Giovannini, Chef des Hôtel de Ville, erscheint kurz vor dem Servieren. Mehrere Mitglieder der Küchenmannschaft sind ebenfalls da, um die Kandidaten zu unterstützen. Giovannini, der an seinen Schützling glaubt und von den geleisteten Vorbereitungen überzeugt ist, vermag alle Zweifel vom Tisch zu fegen. Er erinnert Filipe und Nikola beim Briefing noch an eine letzte Sache: alle Gerichte vor dem Servieren einmal mehr zu probieren. Denn bei diesem letzten Probelauf fehlte es der Fischsauce an Schärfe. Filipe und Nikola sind etwas weniger optimistisch als bei der Schweizer Vorausscheidung. «Das hier ist ein anderes Niveau», sagen sie. Mit der Hirschkuh, die es zu fasso­nieren gilt, und dem Stör, der bei uns wegen seines schlammigen Geschmacks wenig serviert wird, ist der Wettbewerb auf technischer Ebene eine Herausforderung. Doch die beiden jungen Köche zeigen sich zuversichtlich. Am Mittwoch in Budapest wollen sie vor allem auch Spass an der Sache haben. Und es zumindest in die Qualifikation schaffen. Filipe hofft auf einen Platz in den Top 5 und will «wenigstens einen Preis». Wir glauben daran!